Dr. Thilo Schülke, Prof. Dr. Heribert Anzinger
Tz. 669
Anschaffungsnebenkosten sind gem. § 255 Abs. 1 Satz 2 HGB Teil der Anschaffungskosten. Diesem Gedanken folgend können Anschaffungsnebenkosten nur solche Ausgaben sein, die die Voraussetzungen für Anschaffungskosten erfüllen; die Abgrenzung von Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten ist deshalb fließend und letztlich unerheblich. Ihre zwingende Einbeziehung in die Anschaffungskosten trägt dem Gedanken Rechnung, dass bestimmte Kosten – etwa Transportkosten – statt beim Erwerber ebenso beim Veräußerer anfallen und von diesem bei der Berechnung des Kaufpreises einbezogen werden könnten. Unberücksichtigt bleiben müssen deshalb solche Kosten, die auch dann angefallen wären, wenn der Kaufgegenstand nicht erworben worden wäre.
Keine Anschaffungsnebenkosten sind daher Vertragsanbahnungskosten, etwa Reise- oder Wertgutachtenkosten vor der Kaufentscheidung. Zu berücksichtigen sind hingegen z. B. Makler- und Notariatskosten, Rollgelder und öffentliche Abgaben.
BEISPIEL
Weitere Beispiele aus der Rechtsprechung für Anschaffungsnebenkosten:
- Grunderwerbsteuer, allerdings dann nicht, wenn sie durch Anteilsvereinigung von Gesellschaftsanteilen in der Hand eines Gesellschafters anfallen
- Kosten für Gutachten oder Due Diligence im Vorfeld des Erwerbs eines Gesellschaftsanteils, wenn die Erwerbsentscheidung bereits getroffen ist
- Provision für Vermittlung eines Lizenzspielers im Profifußball
Tz. 670
Kosten der Inbetriebnahme gehören zu den Anschaffungskosten, weil der Anschaffungsbegriff auch die Inbetriebnahme umfasst (vgl. Tz. 665). Ihre Berücksichtigung birgt die Gefahr der Überbewertung: zwar werden Kosten der Inbetriebnahme seitens des Käufers bei der Bestimmung seines subjektiven Grenzpreises einkalkuliert und waren damit "die Anschaffung wert", doch können unvorhergesehene Entwicklungen die Inbetriebnahmekosten höher treiben als kalkuliert. Auch besteht hier Spielraum für Gestaltungen oder sogar Manipulation.
Die h. M. stellt zur Bestimmung der Inbetriebnahmekosten gleichwohl auf die Zweckbestimmung des aufwendenden Unternehmens ab: Das Unternehmen entscheidet, wann ein angeschaffter Vermögensgegenstand betriebsbereit ist. Eine Inbetriebnahme soll – soweit der Punkt literarisch problematisiert wird – auch für Vermögensgegenstände des Umlaufvermögens möglich sein, sodass die Reparatur beschädigter Ware oder die Etikettierung Inbetriebnahmekosten verursacht.
BEISPIEL
- Aufwendungen für Fundamente
- Aufwendungen für Aufstellung und Montage einer Maschine
- Kosten eines Probelaufs
Nach überzeugender Ansicht sind Inbetriebnahmekosten unter folgenden Gesichtspunkten zu begrenzen: Die Abgrenzung von Herstellungsvorgängen mit eigenem Gewinnpotenzial erfordert es, den Zustand der Betriebsbereitschaft objektiv zu bestimmen. Denn die Höhe der Anschaffungskosten wird im Grundsatz objektiv durch den Austauschvorgang bestimmt; dieser "Markttest" fehlt hinsichtlich des Zustands der Betriebsbereitschaft. Für Umlaufvermögen scheidet ein Zustand der Betriebsbereitschaft generell aus, da es nicht dem Betrieb des Unternehmens selbst zu dienen bestimmt ist. Wird Umlaufvermögen repariert oder verbessert, liegt darin ein Herstellungsvorgang, kein Anschaffungsvorgang.
Tz. 671
Finanzierungskosten sind grds. keine Anschaffungskosten, denn sie werden für die Beschaffung des Kapitals, nicht des Vermögensgegenstandes aufgewendet. Umstritten ist, ob eine Ausnahme für Fremdkapitalkosten zuzulassen ist, die der Finanzierung von Anzahlungen an Lieferanten im Falle langfristiger Bauprojekte dienen. Das ist zu bejahen, denn andernfalls hätte der Lieferant den später erfolgten Zahlungseingang durch eine Erhöhung des Kaufpreises finanziert.