Dr. Thilo Schülke, Prof. Dr. Heribert Anzinger
Tz. 569
Nach aktuellem Recht sieht IAS 19 für die Bilanzierung von leistungsorientierten Verpflichtungen eine Passivierung des vollen Verpflichtungsbetrags ohne eine Glättungsmöglichkeit für versicherungsmathematische Gewinne und Verluste vor. Bilanzielle Berücksichtigung findet nur der nicht durch plan assets gedeckte Teil der Pensionsverpflichtung. Die Saldierung der Pensionsrückstellung mit (Plan-)Vermögenswerten setzt jedoch deren Qualifikation als plan assets (IAS 19.8) voraus.
Tz. 570
Die Verpflichtung aus der Pensionszusage ermittelt sich nach IFRS gemäß Anwartschaftsbarwertverfahren (projected unit credit method) (IAS 19.67 ff.). Der Wert, der sich aus der Pensionszusage ergebenden Verpflichtung (DBO – Defined Benefit Obligation) wird nach den spezifischen Vorgaben des IAS 19 auf Basis der erwarteten zukünftigen Zahlungen ermittelt, die nötig sind, um die durch die Arbeitnehmer erdienten Verpflichtungen zu begleichen. Dies ist der Barwert der zum Bilanzierungszeitpunkt durch die Arbeitnehmer erdienten Teilansprüche auf Pensionsleistungen (IAS 19.8).
BEISPIEL
Ein Arbeitnehmer ohne Familie erhält nach Renteneintritt (mit 67 im Jahr 2034) laufende Zahlungen in Abhängigkeit vom letzten Gehalt (50.000 EUR). Der prozentuale Anteil der jährlichen (nachschüssig gezahlten) Rentenzahlungen ab dem Jahr 2034 (ri; i= 0, 1…n) am letzten Gehalt beträgt 10 % (5.000 EUR). Bei Renteneintritt ergibt sich exemplarisch ein Barwert der Rentenverpflichtung unter Berücksichtigung eines prognostizierten Auszahlungszeitraums von (n=) 15 Jahren und eines Zinssatzes von 6 % von 48.561 EUR.
Jahr |
r0 |
r1 |
r2 |
ri |
Betrag EUR |
5.000 |
5.000 |
5.000 |
5.000 |
BW EUR |
4.716 |
4.450 |
4.198 |
… |
Summe EUR |
48.561 |
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Barwert der Verpflichtung bei Renteneintritt
Der erdiente Teilanspruch hängt vom erstmaligen Zeitpunkt eines Pensionsanspruchs bzw. vom Zeitraum bis zum Renteneintritt ab. Beträgt der Erdienungszeitraum 20 Jahre und erhält der Arbeitnehmer ab dem Zeitpunkt r0 = t20 erstmalig Pensionszahlungen, begründen diese nach Ablauf des ersten Jahres des Erdienungszeitraums bei zeitratierlicher Zuführung zum Zeitpunkt t1 eine DBO in Höhe von 802,50 EUR (= 1/20 * 48.561 EUR / 1,0619). Die DBO entwickelt sich in den folgenden Perioden (ti; i= 1, 2, 3, 4, . . ., 20), aufgrund der Aufzinsung und neu erdienten Pensionsansprüchen, wie nachfolgend fort:
Jahrin EUR |
t1 |
t2 |
t3 |
t4 |
… |
Erdienter Teilanspruch Jahr 1 |
802,51 |
850,66 |
901,70 |
955,80 |
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Erdienter Teilanspruch Jahr 2 |
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850,66 |
901,70 |
955,80 |
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Erdienter Teilanspruch Jahr 3 |
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901,70 |
955,80 |
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Erdienter Teilanspruch Jahr 4 |
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955,80 |
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… |
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Summe |
802,51 |
1.701,32 |
2.705,10 |
3.823,20 |
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Entwicklung der DBO
Tz. 571
Die Zurechnung der Pensionsansprüche auf die Dienstjahre folgt der Planformel (IAS 19.70). Weist die Formel späteren Jahren wesentlich höhere Teilansprüche zu (backloading), hat die Zuteilung grundsätzlich, nicht aber bei alleiniger Bezügedynamik (IAS 19.BC 117 ff.), linear auf die Leistungsperioden zu erfolgen, auf deren Basis eine Zuordnung der Leistungen auf die Perioden erfolgt, in denen die Arbeitsleistungen erbracht werden, die die Versorgungsverpflichtungen nach sich ziehen (degressive m/n-tel Methode). Der Bilanzierung von Pensionsansprüchen steht deren Verfallbarkeit grundsätzlich nicht entgegen. Gleichwohl ist der Verfallbarkeit von Pensionsansprüchen bei der Bemessung des Dienstzeitaufwands bzw. der Verpflichtung entsprechend Rechnung zu tragen (IAS 19.72). Dabei ist neben den vertraglichen auch den gesetzlichen Gegebenheiten (wie etwa dem Deutschen BetrAVG) Rechnung zu tragen. Auch im Falle der Unverfallbarkeit ist die Passivierung der Verpflichtungen nur insoweit vorzunehmen, als die Ansprüche bereits erdient sind.