Dr. Thilo Schülke, Prof. Dr. Heribert Anzinger
Tz. 585
Kurzfristige Verpflichtungen werden zum Erfüllungsbetrag bewertet. Als kurzfristige Verpflichtung ist die Verbindlichkeit zum Bilanzstichtag entgegen der Bilanzierung langfristiger Verbindlichkeiten i. d. R. nicht abzuzinsen (IAS 19.11). Es bedarf keiner aktuarischen Bewertung. Leistungen des Arbeitgebers, die nicht monetärer Art sind, werden wie monetäre Leistungen behandelt. Zur Bewertung werden die Kosten des Arbeitgebers zur Erbringung der geldwerten Leistung herangezogen. Die Erfassung der Verbindlichkeit erfolgt über den Zeitraum der Leistungserbringung der Arbeitnehmer entweder GuV-wirksam oder als Teil von Anschaffungs-/Herstellungskosten (IAS 19.11(b)).
Tz. 586
Bei kurzfristig vergüteten Abwesenheitszeiten entscheidet die Verfallbarkeit der Ansprüche über deren bilanzielle Bewertung. Ansammelbare Ansprüche können in die Folgejahre vorgetragen werden, wenn diese nicht vollständig in der Berichtsperiode aufgebraucht werden (IAS 19.15). Aufwand aus ansammelbaren Ansprüchen wird zum Zeitpunkt der Erbringung von Leistungen, durch den Arbeitnehmer erfasst, die zu einem Anstieg des Vergütungsanspruchs für zukünftige Abwesenheitszeiten führen (IAS 19.13(a)), dagegen bei nicht ansammelbaren Ansprüchen zum Zeitpunkt der Abwesenheit des Arbeitnehmers (IAS 19.13(b)).
Tz. 587
Sofern Ansprüche des Arbeitnehmers noch nicht unverfallbar sind, ist dies in die Bestimmung der Höhe der Verpflichtung einzubeziehen, d. h. bei zu erdienenden Ansprüchen über einen bestimmten Zeitraum erdient, sind am Bilanzstichtag Schwankungen im Mengengerüst (Mitarbeiterfluktuation) zu antizipieren (zu Gewinnbeteiligungen IAS 19.20) und die Rückstellung ratierlich bis zum Ende der Erdienungsperiode aufzubauen. Die Auslegung der diesbezüglichen Regelungen ist uneinheitlich. Die kommentierende Literatur zieht sowohl eine vollständige Erdienung zum Bilanzstichtag als auch bis zum frühestmöglichen Auszahlungszeitpunkt in Betracht. Insofern besteht eine Analogie zu IFSR 2:
BEISPIEL
Arbeitgeber X hat 100 Arbeitnehmern eine Erfolgsbeteiligung für t1 zugesagt. Der Anspruch wurde periodengleich erarbeitet, ist jedoch erst bei Verbleib bis Juni t2 auszahlungsfähig. Ein Arbeitnehmer erhält eine Erfolgsbeteiligung i. H. v. 1.000 EUR. Bei vollständiger Erdienung zum Bilanzstichtag wäre trotzdem ein möglicher Verfall der Ansprüche durch Kündigung der Arbeitnehmer zu beachten. Aus eigener Erfahrung hält der Arbeitgeber einen Arbeitnehmerschwund von 20 % für wahrscheinlich.
Vollständige Erdienung zum Bilanzstichtag: Die Verpflichtungshöhe am Bilanzstichtag beträgt 80.000 EUR, da erfahrungsbedingt nur 80 % der Arbeitnehmer gewinnbeteiligungsberechtigt sein werden.