Dr. Thilo Schülke, Prof. Dr. Heribert Anzinger
Tz. 487
Die Bestimmung des Wertminderungsbedarfs steht unter dem Vorbehalt der Ermittlung sowohl des erzielbaren Betrags als auch des Buchwerts der zu betrachtenden CGU, ohne den sich die Frage der Werthaltigkeit nicht beantworten lässt. Die Bestimmung des Buchwerts hängt nicht von der Methodik zur Bestimmung des erzielbaren Betrags ab, d. h. es gibt nur einen richtig ermittelten Buchwert, weshalb eine abweichende Bestimmung der Vermögenswerte und Schulden einer CGU ausscheidet.
Tz. 488
Der Buchwert enthält nur Vermögenswerte, die zur Erzielung zukünftiger Cashflows benötigt werden und auch nur solche Vermögenswerte, die verlässlich zur CGU zugeordnet werden können (IAS 36.76). Ohne akkurate Zurechnung der Vermögenswerte ist eine zweifelsfreie Bestimmung der Werthaltigkeit nicht möglich. Zwei Grundkonstellationen sind in diesem Zusammenhang zu unterscheiden:
Buchwert |
|
Erzielbarer Betrag |
Ergebnis |
Mögliche Ursache |
100 (zu niedrig) |
< |
120 |
Werthaltig aufgrund fehlerhaftem Buchwert |
Nichteinbezug von gemeinsam genutzten Vermögenswerten |
100 (zu hoch) |
> |
90 |
Nicht Werthaltig aufgrund fehlerhaftem Buchwert |
Einbezug von nicht betriebsnotwendigem Vermögen |
Auswirkungen einer inkorrekten Buchwertermittlung
Tz. 489
Nicht in den Buchwert werden Vermögenswerte außerhalb des Anwendungsbereichs von IAS 36 einbezogen. Finanzinstrumente unterliegen z. B. den spezifischen Wertminderungsvorschriften (IAS 39.58 ff.). Sollten diese dennoch einbezogen werden, wäre konsistenterweise auch der erzielbare Betrag um die daraus resultierenden Cashflows anzupassen.
Tz. 490
Zur akkuraten Berechnung des Wertminderungsbedarfs müssen den erzielten Cashflows die sie verursachenden Vermögenswerte der CGU gegenübergestellt werden (IAS 36.77). Hinsichtlich der Konsistenzanforderungen ergeben sich folgende spezielle Problembereiche:
- Behandlung von Verbindlichkeiten
- Behandlung des working capital
- Behandlung von Steuern
Tz. 491
Die Berücksichtigung von Verbindlichkeiten im Buchwert der CGU scheidet normalerweise dann nicht aus, wenn die Erzielung von Cashflows diese bedingt (IAS 36.76), d. h. ein potenzieller Dritter die Übernahme der Verbindlichkeit bei Erwerb der CGU in Kauf nehmen würde. Sofern allerdings praktische Gründe zum Einbezug von Verbindlichkeiten (Pensionsverbindlichkeiten oder andere Rückstellungen) führen, müssen daraus resultierende Cashflows bei der Ermittlung des erzielbaren Betrags (bzw. in der Planung) konsistent behandelt werden (IAS 36.79).
Tz. 492
Verschiedene Verbindlichkeiten unterliegen im Kontext der Buchwertbildung unterschiedlichen Einbezugsnotwendigkeiten/-verboten:
Berücksichtigung finanzieller Verbindlichkeiten
Verbindlichkeiten die aus einer Finanzierung einzelner Vermögenswerte entstehen (z. B. beim Leasing), bleiben bei der Bestimmung unberücksichtigt, da derartige Cashflows auch in den erzielbaren Betrag nicht einfließen (IAS 36.50a). Die gleiche Behandlung erfahren die liquiden Mittel.
Pensionsverpflichtungen
Verbindlichkeiten die aus Pensionsverpflichtungen gegenüber Mitarbeitern entstehen und einer CGU zugeordnet werden können, können in den Buchwert aufgenommen werden (IAS 36.79).
Rückbauverpflichtungen
Verbindlichkeiten aus Rückbauverpflichtungen sind in die Berechnung des Buchwerts einzubeziehen (IAS 36.78). Der geschätzte zur Erfüllung der Verpflichtung dienende Betrag ist vom erzielbaren Betrag in Abzug zu bringen. Der Einbezug hat zum Barwert der Verpflichtung zu erfolgen. Die barwertige Betrachtung führt aufgrund der Verwendung unterschiedlicher Zinssätze allerdings zu Bewertungsungleichheiten.
BEISPIEL
Die X-AG ist ein Energieversorger, welcher verschiedene Offshore-Windkraftanlagen in der Nordsee betreibt. Für die Windkraftanlagen besteht bei der X-AG eine Rückbauverpflichtung in 20 Jahren. Die Kosten des Rückbaus werden auf 10 Mio. EUR geschätzt. Der Diskontierungszinssatz der CGU beträgt 11 %. Die nicht finanzielle Verpflichtung wird mit einem Diskontierungszinssatz von 5 % abgezinst. Aufgrund des Zinsunterschiedes beträgt der Bewertungspuffer gemäß Barwertunterschied ca. 2,5 Mio. EUR.
In Abhängigkeit des Diskontierungssatzes für den erzielbaren Betrag und der Barwertbestimmung des Vermögenswerts bzw. der Schuld ergibt sich eine Pufferwirkung oder gegebenenfalls eine zusätzliche Belastung. Eine sachliche (Zähler vs. Nenner) und zeitliche (Gegenwart vs. Zukunft) Konsistenz zwischen erzielbarem Betrag und ermittelten Buchwert ist nur mit Abstrichen möglich.
Tz. 493
Das working capital ist, da nicht im Anwendungsbereich des Standards, nicht im Buchwert zu berücksichtigen. Ein dessen ungeachteter Einbezug in die Ermittlung des Buchwerts kann nur, wenn schon nicht konzeptionell, aus praktischen Gründen geduldet werden (de facto Wahlrecht). Der Einbezug erfordert allerdings eine stetige Fortführung.
Aus Konsistenzgründen erfordert diese Praxislösung eine spiegelbildliche Berücksichtigung der Cashflows im erzielbaren Betrag. Hierbei sind explizit nur Cashflows zu erfassen, die nicht auf Finanzanlag...