Dr. Thilo Schülke, Prof. Dr. Heribert Anzinger
Tz. 516
Der impairment only approach beim goodwill accounting wird in der Rechnungslegungstheorie stets kritisch diskutiert, insbesondere da der goodwill-Wertminderungstest der Rechnungslegungspraxis eine Reihe von Möglichkeiten lässt, den "alten Freund"goodwill als Gast in ihren Bilanzen zu behalten. Mit einer durchgeführten Unternehmensakquisition und dem dadurch generierten goodwill sind auch "Wohl und Wehe" des (Alt-)Managements verbunden. Somit verwundert es nicht, dass Wertminderungen auf den goodwill eher selten vorkommen. Laut einer Studie von Freese/Schilling zum goodwill-Wertminderungstest bei Banken wurden z. T. hypothetische Nutzungsdauern des goodwill von über 40 Jahren ermittelt. Die im Vergleich zu anderen Branchen relativ hohen Wertminderungen überraschen hingegen nicht, da der goodwill in den Bankbilanzen eher von untergeordneter Bedeutung ist. Betrachtet man andere Branchen, entsteht vielmehr eine gegenläufige Tendenz. Ein Wertminderungsaufwand beim goodwill ergab sich in der jüngeren Vergangenheit eher in moderater Höhe (Unternehmen in großen Indices). Ein ähnliches Bild ergibt sich unter Detailbetrachtung ausgewählter Energieversorger.
Tz. 517
Ohne Zweifel birgt der Standard eine Komplexität in sich, welche zu einer Vielzahl an Problemstellungen führt. Auch die relativ hohe Anzahl an Regelungen innerhalb von IAS 36 führt nicht zur Konkretisierung bis ins letzte Detail. Mithin muss der Bilanzersteller großes Ermessen walten lassen, das allerdings auch in einem Informationsmehrwert resultieren kann, sofern der Bilanzierende seinen Informationsvorteil i. S. privater Information an den Markt kommuniziert. Andererseits eröffnet der Ermessenspielraum bei Fehlausübung ebenso Zweifel an der Entscheidungsnützlichkeit der im Zuge des Wertminderungstests bereitgestellten Informationen. Nachfolgend sollen einige kritische Punkte im Rahmen der praktischen Durchführung eines Wertminderungstests angesprochen werden.
Tz. 518
Zunächst gilt es vorgelagert zur Anwendung von IAS 36 den goodwill zu identifizieren. Ein goodwill kann dabei nur qua Unternehmenszusammenschluss entstehen. Ohne business-Eigenschaft des Konsolidierungsobjekts gibt es keinen aufzudeckenden goodwill. Insbesondere der Erwerb von Vermögenswerten in einem rechtlichen Mantel ohne Personal bedarf besonderer Prüfung. Sollte der goodwill der Höhe nach richtig bemessen sein – hierzu wäre ebenfalls auf die Thematik der nachträglichen Anschaffungskosten im Unternehmenszusammenschluss zu verweisen – müsste dieser sachgerecht auf die CGUs allokiert werden.
Tz. 519
Bei der Allokation können keine CGUs vom goodwill profitieren, die nicht gleichzeitig Synergien daraus ziehen können. Eine irrationale Zuteilung zwecks Bildung von Bewertungspuffern ist nicht erlaubt. Es wäre auch nicht rational erklärbar, den goodwill keinem Segment zuzuordnen, sondern dem Konzern als Einheit. Aufgrund der Kriterien zur goodwill-Zuteilung auf CGUs wird die Gesamtunternehmensperspektive zwingend ausscheiden. Nur in seltenen Fällen kann ein Unternehmen ausschließlich ein einziges operatives Segment (als Zuteilungsebene) besitzen.
Tz. 520
Ebenfalls problematisch wäre die Verteilung des goodwill anhand von Produkten, wenngleich die Steuerungsebene geographisch ausgerichtet ist. Problematisch ist ebenfalls die Neuverteilung des goodwill ohne Änderung des internen Berichtswesens. Die goodwill-Zuteilung erfolgt nicht unabhängig von der internen Steuerungsperspektive, eine andere Zuteilung beim Wertminderungstest würde zu verfälschten Resultaten führen. Vor allen Dingen die ergebnisgetriebene Vorgehensweise beim Wertminderungstest lässt sich nicht rechtfertigen.
Tz. 521
Im Vorfeld des Wertminderungstests stellt sich automatisch die Anlassfrage. Hierfür ist auf die bereitgestellten Indikatoren zurückzugreifen. Dabei verwundert es, dass Unternehmen das Bestehen eines triggering events z. T. kategorisch verneinen, obwohl deren Marktkapitalisierung unter ihrem Buchwert rangiert. Hier wäre für die Plausibilisierung des Wertminderungsbedarfs eine intensive Befassung mit der Sensitivitätsanalyse wichtig. Die Durchführung der Sensitivitätsanalyse owie die Erläuterung und Hinterlegung der Annahmen finden im Anhang vielfach keine Beachtung, zumal auch die Berücksichtigung der Indikatoren nicht mit Ablauf des Bilanzstichtags abgeschlossen ist, vielmehr auch der rückwirkende Einfluss werterhellender Ereignisse festgestellt werden muss.
Tz. 522
Die Beschäftigung mit Praxisproblemen beim Wertminderungstest rückt oftmals die Aufstellung des Zahlenwerks der Detailplanungs- sowie der Rentenphase in den Blickpunkt. Im Mittelpunkt steht daher die Planungsplausibilisierung des Unternehmens und damit vor allen Dingen die "Konsistenz und Verlässlichkeit der Cash-Flow-Prognosen". Die Verlässlichkeit der Prognose wird insbesondere durch Hinterlegung der Planung mit nachvollziehbaren, extern objektivierten Annahmen geschaffen. Hierzu könnte die Planung zu W...