Dipl.-Kfm. Ingo Harre, Dipl.-Ök. Kevin Lukat
Tz. 16
Wird der wohl herrschenden Auffassung gefolgt, sind (ausgewählte) passive Latenzen über die Passivierung einer Rückstellung im Anwendungsbereich des § 249 HGB abzubilden. Korrespondierend zu den Ansatzvorschriften des § 249 HGB finden sich besondere Bewertungsvorgaben in § 253 HGB. Für die Bewertung der als Rückstellung erfassten passiven Latenzen wäre dann konsequenterweise eine Abzinsung geboten, wenn die Restlaufzeit sich auf mehr als ein Jahr beläuft (§ 253 Abs. 2 Satz 1 HGB). Für die eigentlich von der Steuerlatenzrechnung befreiten Unternehmen ergäben sich Anforderungen an die Bewertung, die für unmittelbar von § 274 HGB angesprochene Unternehmen explizit ausgeschlossen sind, da ein Abzinsungsverbot besteht (DRS 18.49).
Tz. 17
Die als Konsequenz auftretenden Fragen der Bewertung können nur vermieden werden, wenn eine Erfassung von passiven latenten Steuern als Rückstellung ausgeschlossen wird (vgl. Tz. 14). Die Inkaufnahme einer Latenzierung durch die Hintertür mündet entweder in einer besonderen Komplexität der Bewertung für von § 274 HGB "befreite" Unternehmen oder in einer in sich widersprüchlichen Gesetzesauslegung.
Nach der Auffassung des Berufsstands sei es für die Bewertung "nicht zu beanstanden, wenn i. S. des Rechtsgedankens des § 274 Abs. 2 Satz 1 HGB eine Abzinsung der Rückstellungen unterbleibt". Der bilanzielle Ausweis soll unter der Rubrik Steuerrückstellungen erfolgen, ein gesonderter Ausweis als "Passive latente Steuer" nach § 266 Abs. 3 E. HGB soll ausscheiden. Diese Lösung führt zu nicht auflösbaren, nur kasuistisch erklärbaren Widersprüchen.
Die seitens der Bundessteuerberaterkammer vorgeschlagenen Bewertungsvorgaben vermeiden hingegen eine widersprüchliche Behandlung zu Lasten einer erhöhten Komplexität. Die allgemeinen Bewertungsvorgaben sind zu beachten und damit auch eine Abzinsung in Betracht zu ziehen.