Dipl.-Kfm. Ingo Harre, Dipl.-Ök. Kevin Lukat
Tz. 21
Für den Ansatz aktiver latenter Steuern ist das Vorsichtsprinzip zu berücksichtigen. Hintergrund ist, dass die zukünftige Umkehr abzugsfähiger, temporärer Differenzen grundsätzlich nur dann zu einer Verminderung tatsächlicher Steuerzahlungen führt, wenn das Unternehmen in der entsprechenden Periode in ausreichendem Umfang über ein steuerpflichtiges Ergebnis/Einkommen verfügt. Um dem Vorsichtsprinzip Genüge zu tun, muss ein Unternehmen den Ansatz durch eine aus der Unternehmensplanung abgeleitete substantiierte steuerliche Planungsrechnung unterlegen (DRS 18.A4), pauschale Risikoabschläge sind nicht sachgerecht. Aufgrund der Nähe zu den IFRS-Regelungen wird im Schrifttum die Auffassung vertreten, in diesem Zusammenhang auf die Regelungen zu den Ansatzkriterien latenter Steuern des IAS 12 zurück zu greifen (vgl. Tz. 73 ff.). Nach IAS 12.28 ff. sind aktive latente Steuern dann anzusetzen, wenn diese gedeckt sind durch
- zukünftige überwiegend wahrscheinliche Gewinne im Zeitpunkt der Umkehrung der temporären Differenzen,
- ausreichend passive latente Steuern im Zeitpunkt der Umkehrung oder
- realistische Steuerplanungsrechnungen.
Ein Verweis auf eine bestehende Steuerplanung, die ggf. auch unter Einbezug von Steuergestaltungsmöglichkeiten zu einem positiven Planungsergebnis kommt, ist jedoch kritisch zu hinterfragen, wobei die Güte der Planung einem fortlaufenden Vergleich mit der Realität standhalten muss.
Gemäß DRS 18.17 ist die Steuerplanung für das zu betrachtende Steuersubjekt (bzw. den zu betrachtenden steuerlichen Organkreis) zu erstellen und muss auf der Unternehmensplanung basieren; realisierbare und beabsichtigte Steuerstrategien sind hierbei zu berücksichtigen. Für die Praxis bedeutet dies, dass der Ansatz aktiver latenter Steuern mit Verweis auf eingeleitete oder wahrscheinliche zukünftige steuerliche Gewinne u. U. erfolgen kann, jedoch durch eine entsprechende substantiierte Dokumentation des Unternehmens belegt sein muss (DRS 18.23 b)). Diese Dokumentation ist auf Basis objektiver, am Bilanzstichtag vorliegender und spätestens bei Aufstellung der Bilanz zu treffender Einschätzungen unter Berücksichtigung des Vorsichtsprinzips zu beurteilen (DRS 18.24).
Ein Verweis lediglich auf Steuergestaltungsmöglichkeiten ist jedoch nicht hinreichend, da neben der Möglichkeit zur Steuergestaltung auch der Wille des Unternehmens zur Nutzung dieser Möglichkeit ersichtlich sein muss. So kann der Wille des Unternehmens bspw. durch evtl. entstehende Kosten oder Risiken beeinflusst werden, die im Zweifel den Nutzen einer Steuergestaltungsmöglichkeit überwiegen.
Tz. 22
Nachfolgendes Beispiel zeigt die Entstehung und Verbuchung temporärer Differenzen aus Buchwertunterschieden mit wechselnden Bilanzseiten des latenten Steuerpostens.
BEISPIEL
Unternehmen A schreibt einen bestimmten Maschinentyp handelsrechtlich leistungsabhängig ab, d. h. auf Basis der hergestellten jährlichen Produktionseinheiten. In der Steuerbilanz erfolgt die Abschreibung linear unter Zugrundelegung der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer anhand der amtlichen AfA-Tabelle.
Die sich im Rahmen der Folgebewertung ergebenden unterschiedlichen Wertansätze korrespondieren mit den temporären Differenzen, welche bei einem Steuersatz von 30 % zu folgenden Steuerlatenzen führen:
Stichtag |
Buchwert HB |
Buchwert StB |
Differenz |
Aktive latente Steuer |
Passive latente Steuer |
31.12.2014 |
1.500 GE |
1.400 GE |
100 GE |
|
30 GE |
31.12.2015 |
1.150 GE |
1.200 GE |
-50 GE |
15 GE |
|
31.12.2016 |
1.020 GE |
1.000 GE |
20 GE |
|
6 GE |
Wertansätze und Steuerlatenzen |
Die Differenzen führen zu folgenden Buchungen der latenten Steuern:
31.12.2014 |
per |
Latenter Steueraufwand |
30 GE |
an |
Passive latente Steuer |
30 GE |
31.12.2015 |
per |
Passive latente Steuer |
30 GE |
|
|
|
|
per |
Aktive latente Steuer |
15 GE |
an |
Latenter Steuerertrag |
45 GE |
31.12.2016 |
per |
Latenter Steueraufwand |
21 GE |
an |
Aktive latente Steuer |
15 GE |
|
|
|
|
an |
Passive latente Steuer |
6 GE |
Latente Steuerbuchungen |