Dipl.-Kfm. Ingo Harre, Dipl.-Ök. Kevin Lukat
Tz. 33
§ 285 Nr. 29 HGB fordert eine Angabe der den latenten Steuern zugrunde liegenden temporären Differenzen oder steuerlichen Verlustvorträgen und mit welchen Steuersätzen diese bewertet wurden. Kleine und mittelgroße Kapital- und KapCo-Gesellschaften sind von der Angabepflicht befreit (§ 288 Abs. 1 bzw. Abs. 2 Satz 2 HGB).
Weder dem Gesetzeswortlaut noch der Gesetzesbegründung zum BilMoG kann (eindeutig) entnommen werden, dass die Angaben "quantitativ", d. h. in Form einer zahlenmäßigen Aufgliederung des Gesamtbetrags der latenten Steuern, zu erfolgen haben. Sowohl IDW als auch DRSC vertreten die Auffassung, dass in der Regel "qualitative" Anhangangaben ausreichen, um die Erläuterungspflicht zu erfüllen.
Gemäß DRS 18.64 sind die Angaben auch für den Teil der latenten Steuern vorzunehmen, der aufgrund der Wahlrechtsausübung (vgl. Tz. 31) nicht angesetzt worden ist. Der HFA hingegen vertritt die Auffassung, dass es im Anhang keiner Erläuterung der Differenzen und Verlustvorträge bedarf, für die ein Aktivposten latenter Steuern nicht angesetzt worden ist, soweit diese über den Saldierungsbereich (der aktiven über die passiven latenten Steuern) hinausgehen. Folgt man der Auffassung des HFA, so können die Angaben nach § 285 Nr. 29 HGB in den (seltenen) Fällen sogar vollständig entfallen, in denen kein sog. Saldierungsbereich vorhanden ist. Ein Saldierungsbereich ist dann nicht vorhanden, wenn zum Bilanzstichtag keine steuerpflichtigen temporären Differenzen existieren.
BEISPIEL
Anhangangaben zum Saldierungsbereich
Saldierungsbereich ≠ null
Bei der T-GmbH (Steuersatz: 28,5 %) ergeben sich zum 31.12.X die im Folgenden aufgeführten temporären Differenzen zwischen den handelsrechtlichen und steuerlichen Wertansätzen:
Die T-GmbH übt das "Nichtansatz"-Wahlrecht aus (§ 274 Abs. 1 Satz 2 HGB) und bilanziert auf die sich ergebende abzugsfähige Gesamtdifferenz i. H. v. 150 GE keine latenten Steuern.
"Minimalistischer" Formulierungsvorschlag (qualitativ)
"Zum Bilanzstichtag ergeben sich steuerpflichtige temporäre Differenzen aus der Fremdwährungsumrechnung, die vollständig durch sich im Zusammenhang mit drohenden Verlusten (bzw. gem. DRS 18.64 "… mit drohenden Verlusten und Pensionsrückstellungen") ergebenden abzugsfähigen temporären Differenzen kompensiert werden. Der für die Bewertung relevante, aus Körperschaftsteuer (inkl. Solidaritätszuschlag) und Gewerbesteuer kombinierte Ertragsteuersatz beträgt 28,5 %."
Saldierungsbereich = null
Sachverhalt identisch mit a), allerdings existieren zum Bilanzstichtag ausschließlich abzugsfähige temporäre Differenzen im Zusammenhang mit drohenden Verlusten und Pensionsrückstellungen (200 GE).
"Minimalistischer" Formulierungsvorschlag (qualitativ)
Gem. DRS 18.61: "Zum Bilanzstichtag ergeben sich abzugsfähige temporäre Differenzen im Zusammenhang mit drohenden Verlusten und Pensionsrückstellungen. Der für die Bewertung relevante, aus Körperschaftsteuer (inkl. Solidaritätszuschlag) und Gewerbesteuer kombinierte Ertragsteuersatz beträgt 28,5 %."
Laut HFA sind aufgrund der Ausübung des "Nichtansatz-"Wahlrechts sowie des nicht vorhandenen Saldierungsbereichs keine Angaben erforderlich.
Tz. 34
Durch das am 24. Juli 2015 in Kraft getretene BilRUG ergibt sich nach § 285 Nr. 30 HGB die Pflicht zur Angabe der latenten Steuerschuld und deren Änderung im Laufe des Geschäftsjahres. Wenngleich diese Werte bereits durch den separaten Bilanzausweis nach § 285 Nr. 30 HGB ersichtlich sind, ist eine separate Angabe im Anhang angezeigt, um dem Gesetzeswortlaut zu entsprechen.
Obwohl eine Steuerüberleitungsrechnung vom erwarteten auf den tatsächlichen Steueraufwand auf Basis der HGB-Regelungen nicht explizit gefordert wird, sieht DRS 18.67 eine solche Überleitungsrechnung für Konzernabschlüsse vor und empfiehlt diese für den Einzelabschluss. Für eine mögliche Darstellung siehe Tz. 91.