Prof. Dr. Nadine Antonakopoulos
Tz. 53
Die Bewertung der Umsatzerlöse bildet die 3. Stufe: Bestimmung des Transaktionspreises des 5-Stufen-Konzepts (IFRS 15.46). Der Transaktionspreis und damit die Höhe der erwarteten Umsatzerlöse bemisst sich nach der erwarteten Gegenleistung für die Erfüllung der vertraglichen Leistungsverpflichtung, dabei sind die Vertragsbedingungen und die Geschäftspraktiken des bilanzierenden Unternehmens zu berücksichtigen. Entgelte, die für Dritte eingezogen werden, wie die Umsatzsteuer, zählen auch nach IFRS 15 nicht zu den Umsatzerlösen (IFRS 15.47).
Tz. 54
Der Transaktionspreis kann fixe und variable Vergütungen umfassen (IFRS 15.47). Unter variable Vergütungen fallen Erlösschmälerungen sowie an eine Bedingung geknüpfte Vergütungen, wie Rückgaberechte des Kunden und Boni für das bilanzierende Unternehmen bei Erreichen eines vorgegebenen Performanceziels (IFRS 15.51). Im Regelfall sind die variablen Vergütungen vertraglich fixiert, es sind aber auch nicht vertraglich fixierte Vergütungen zu berücksichtigen, wenn der Kunde eine berechtigte Erwartung auf den Erhalt von Preisnachlässen aufgrund der gewöhnlichen Geschäftspraktiken des Unternehmens hat oder sonstige Umstände auf die Absicht des Unternehmens zur Gewährung von Preisnachlässen vorliegen (IFRS 15.52). Hierzu folgendes Beispiel in Anlehnung an IFRS 15.IE7 ff.:
BEISPIEL
Ein Unternehmen verkauft 1.000 Einheiten eines Arzneimittels für 1 Mio. EUR an einen neuen Kunden in einer neuen Region, die signifikante wirtschaftliche Probleme hat. Das Unternehmen geht davon aus, dass es nur 400.000 EUR als Vergütung erhalten wird, erwartet aber, dass sich die Region von ihren wirtschaftlichen Schwierigkeiten in den nächsten Jahren erholen wird und sich dann lukrative Geschäftsmöglichkeiten ergeben. Die Differenz zwischen dem vertraglich fixierten Preis und der erwarteten Vergütung stellt einen nicht vertraglich fixierten Preisnachlass dar. Nach IFRS 15 ist in dieser Situation die gesamte Vergütung variabel und wurde mit Hilfe des wahrscheinlichsten Werts (vgl. Tz. 56) ermittelt.
Tz. 55
Auch Schadenersatzzahlungen an den Kunden fallen unter variable Vergütungen. Hierzu folgendes Beispiel in Anlehnung an IFRS 15.IE102 ff.:
BEISPIEL
Ein Unternehmen schließt mit einem Kunden einen Vertrag über den Bau eines Gebäudes für 1 Mio. EUR ab, sollte das Gebäude nicht zu einem vertraglich fixierten Termin fertig gestellt sein, muss das Unternehmen eine Strafe von 100.000 EUR an den Kunden zahlen. Der Vertrag umfasst insofern eine fixe Vergütung von 900.000 EUR und eine variable Vergütung von 100.000 EUR.
Tz. 56
Sind in dem Transaktionspreis variable Vergütungen enthalten, ist deren Höhe durch das bilanzierende Unternehmen zu schätzen (IFRS 15.50). Die Schätzung soll entweder auf dem Erwartungswert oder dem wahrscheinlichsten Wert beruhen, je nachdem, welcher Wert geeigneter für die Prognose der variablen Vergütungen ist. Dabei ist der Erwartungswert grundsätzlich geeigneter bei einer großen Anzahl ähnlicher Verträge, der wahrscheinlichste Wert hingegen bei einem individuellen Vertrag, bei dem es beispielsweise nur zwei mögliche Resultate gibt, wie das Erreichen oder Verfehlen eines Performanceziels (IFRS 15.53 f.). Hierzu folgendes Beispiel an Anlehnung an IFRS 15.IE105:
BEISPIEL
Ein Unternehmen schließt mit einem Kunden einen Vertrag über die Erstellung einer Spezialmaschine ab. Der vereinbarte Verkaufspreis beträgt 2,5 Mio. EUR. Dieser Betrag wird jedoch in Abhängigkeit von der Abweichung des tatsächlichen Fertigstellungszeitpunkts und dem vereinbarten Fertigstellungstermin erhöht oder vermindert. Jeder Tag, der von dem vereinbarten Termin abweicht, wird mit 10.000 EUR vergütet, bei früherer Fertigstellung zugunsten des Unternehmens, bei späterer zugunsten des Kunden. Ferner wird die Spezialmaschine von einer dritten Partei bei Fertigstellung hinsichtlich vertraglich vereinbarter Eigenschaften begutachtet. Wenn die Spezialmaschine eine sehr gute Bewertung erhält, steht dem Unternehmen ein Performancebonus von 150.000 EUR zu.
Das Unternehmen entscheidet sich für die Verwendung des Erwartungswerts zur Bewertung der variablen Vergütung bezogen auf den Fertigstellungstermin. Den Performancebonus bewertet das Unternehmen hingegen mit dem wahrscheinlichsten Wert, da es nur zwei mögliche Resultate gibt.
Tz. 57
Variable Vergütungen sind nur in dem Transaktionspreis zu berücksichtigen, wenn es sehr unwahrscheinlich ist, dass es bei Wegfall der mit ihnen verbundenen Unsicherheit zu einer wesentlichen Rückerstattung der bereits erfassten Umsatzerlöse kommt, d. h. der Anspruch auf die variable Vergütung muss höchstwahrscheinlich sein. Damit ist die Berücksichtigung variabler Vergütungen nach IFRS 15 restriktiver als nach den gegenwärtigen Vorschriften zur Erlöserfassung, bei denen ein wahrscheinlicher Anspruch auf variable Vergütungen regelmäßig ausreicht.Beispiele die gegen eine Berücksichtigung variabler Vergütungen sprechen sind (IFRS 15.56 f.):
- Die Höhe der Vergütung hängt von Faktoren außerh...