Prof. Dr. Nadine Antonakopoulos
Tz. 44
Mit der Veröffentlichung von IFRS 15 und Topic 606 war das von IASB und FASB gemeinsam durchgeführte Projekt zur Erarbeitung von Erlöserfassungsregeln vorläufig abgeschlossen. Das Projekt begann bereits 2002, seit diesem Zeitpunkt wurden diverse Papiere veröffentlicht und der endgültige Standard mehrfach angekündigt. Während die Vorschriften zur Erlöserfassung nach IFRS Lücken aufwiesen – insbesondere bezogen auf die Bilanzierung von Mehrkomponentenverträgen –, bestanden nach US-GAAP zahlreiche brachen- und transaktionsabhängige Spezialvorschriften zur Erlöserfassung, die teilweise zu einer unterschiedlichen Bilanzierung von wirtschaftlich vergleichbaren Geschäftsvorfällen führten (IFRS 15.IN4). Ziele des gemeinsam erarbeiteten Standards waren daher insbesondere:
- die Beseitigung von Widersprüchen und Schwächen bei der Erlöserfassung,
- die Verbesserung der Vergleichbarkeit bei der Erlöserfassung bezogen auf Branchen und Rechnungslegungssysteme,
- die Verbesserung der Anhangangaben sowie
- die Vereinfachung der Abschlusserstellung durch Reduzierung der einschlägigen Vorschriften (IFRS 15.IN6).
Ursprünglich war die verpflichtende Erstanwendung von IFRS 15 für den 01.01.2017 vorgesehen, wurde aber im September 2015 durch einen Änderungsstandard auf den 01.01.2018 verschoben, wobei die vorzeitige Anwendung weiterhin zulässig ist (IFRS 15.C1). Hintergründe für die verschobene Erstanwendung sind zum einen die Verschiebung der verpflichtenden Erstanwendung von Topic 606. Zum anderen wurde IFRS 15 insgesamt später veröffentlicht als bei Festlegung des Erstanwendungszeitpunkts geplant, wodurch der Zeitraum für die Umsetzung verkürzt wurde. Schließlich liegt die Verschiebung an Erweiterungen des IFRS 15 um klarstellende Ausführungen zu einzelnen Aspekten des IFRS 15, die im April 2016 in einem Änderungsstandard zu IFRS 15 veröffentlicht wurden (IFRS 15.BC453A ff.). Hierbei handelt es sich um Klarstellungen bezüglich der Identifizierung abgrenzbarer Leistungsverpflichtungen (vgl. Tz. 100 ff.), der Einordnung als Prinzipal oder Agent (vgl. Tz. 83), der Umsatzerfassung aus Lizenzübertragungen (vgl. Tz. 111 ff.) sowie um Erleichterungen bei dem Übergang auf IFRS 15 (vgl. Tz. 41 ff.). Die klarstellenden Erweiterungen sind Ausfluss der gemeinsam mit dem FASB ins Leben gerufenen Transition Resource Group (TRG) zur Einführung der neuen Umsatzstandards. Allerdings hat das FASB aus der Arbeit der TRG umfassendere Änderungserfordernisse identifiziert als das IASB, die bis zur Veröffentlichung des Änderungsstandards von IFRS 15 im April 2016 noch nicht abgeschlossen waren. Dies wird jedoch zu Abweichung bei den endgültigen Standards führen (IFRS 14.BC27A ff.). Die vom IASB veröffentlichen Änderungen haben dabei vornehmlich klarstellenden Charakter, inhaltlich führen sie zu keinen wesentlichen Änderungen gegenüber der ursprünglichen Fassung von IFRS 15. Die Änderungen sind retrospektiv im Einklang mit IAS 8 anzuwenden, dabei sind die Änderungen so anzuwenden, als ob sie bei erstmaliger Anwendung von IFRS 15 schon Teil dieses gewesen wären (IFRS 15.C8A). Der verpflichtende Erstanwendungszeitpunkt besteht konsequenterweise ebenfalls für Geschäftsjahre, die ab dem 01.01.2008 beginnen, eine vorzeitige Anwendung ist zulässig (IFRS 15.C1B).