Gesetzestext
(1) Das Gericht kann über Grund und Höhe der Anrechte Auskünfte einholen bei den Personen und Versorgungsträgern, die nach § 219 zu beteiligen sind, sowie bei sonstigen Stellen, die Auskünfte geben können.
(2) 1Übersendet das Gericht ein Formular, ist dieses bei der Auskunft zu verwenden. 2Satz 1 gilt nicht für eine automatisiert erstellte Auskunft eines Versorgungsträgers.
(3) Das Gericht kann anordnen, dass die Ehegatten oder ihre Hinterbliebenen oder Erben gegenüber dem Versorgungsträger Mitwirkungshandlungen zu erbringen haben, die für die Feststellung der in den Versorgungsausgleich einzubeziehenden Anrechte erforderlich sind.
(4) 1Der Versorgungsträger ist verpflichtet, die nach § 5 des Versorgungsausgleichsgesetzes benötigten Werte einschließlich einer übersichtlichen und nachvollziehbaren Berechnung sowie der für die Teilung maßgeblichen Regelungen mitzuteilen. 2Das Gericht kann den Versorgungsträger von Amts wegen oder auf Antrag eines Beteiligten auffordern, die Einzelheiten der Wertermittlung zu erläutern.
(5) Die in dieser Vorschrift genannten Personen und Stellen sind verpflichtet, gerichtliche Ersuchen und Anordnungen zu befolgen.
A. Überblick.
Rn 1
Die Vorschrift regelt die verfahrensrechtliche Pflicht zur Auskunfterteilung über Bestand und Höhe der auszugleichenden Anrechte iSd § 2 VersAusglG. Diese Auskunftspflicht besteht gegenüber dem Gericht und tritt neben die materiell-rechtlichen Auskunftsansprüche der Ehegatten, Hinterbliebenen, Erben und Versorgungsträger nach § 4 VersAusglG (Bumiller/Harders/Schwamb § 220 Rz 16).
B. Auskunftspflicht (Abs 1).
Rn 2
Zur Auskunft verpflichtet sind neben zu beteiligenden Personen und Versorgungsträgern (s § 219 Rn 2–5) auch sonstige Stellen, wie zB frühere Arbeitgeber oder die Arbeitsverwaltung, wenn es um die Klärung von Rentenanwartschaften geht, oder die Verbindungsstellen der GRV, wenn ausländische Anrechte aufzuklären sind (BTDrs 16/10144, 93). Hierdurch erlangen sie aber nicht die Stellung eines Beteiligten (§ 7 VI).
Rn 3
Die Auskunftspflicht ist grds nur an die Einleitung des VA-Verfahrens geknüpft (vgl BGH FamRZ 21, 100 f Rz 7 ff). Sie besteht bis zum förmlichen Verfahrensabschluss (zB bei Eintritt der Rechtskraft der Endentscheidung), und zwar unabhängig davon, ob die Ehegatten bspw durch eine Vereinbarung nach § 6 I 2 Nr 2 VersAusglG den VA ganz oder teilw ausgeschlossen haben. Denn das Gericht ist vAw gehalten, eine solche Vereinbarung einer Wirksamkeitskontrolle zu unterziehen (§ 8 I VersAusglG), wobei es in einfach gelagerten Fällen auch von einer Auskunftseinholung absehen kann (Zö/Lorenz § 220 Rz 4).
C. Formularzwang (Abs 2).
Rn 4
Durch den grundsätzlichen Formularzwang soll eine vollständige Erteilung der Auskünfte sichergestellt und etwaigen Verfahrensverzögerungen entgegengewirkt werden (BTDrs 16/6308, 253).
D. Mitwirkungshandlungen der Ehegatten (Abs 3).
Rn 5
Welche Mitwirkungshandlungen von den Ehegatten, ihren Hinterbliebenen oder Erben zu erbringen sind, hat das Gericht (ggf nach Mitteilung durch die Versorgungsträger) anzuordnen. Zur Durchsetzung vgl Rn 7.
E. Pflichten der Versorgungsträger (Abs 4).
Rn 6
Jeder Versorgungsträger ist nach § 5 I und III VersAusglG verpflichtet, den Ehezeitanteil des bei ihm bestehenden Anrechts zu berechnen und dem Gericht einen Vorschlag für die Bestimmung des Ausgleichswerts (und ggf für einen korrespondierenden Kapitalwert) zu unterbreiten. Damit das Gericht die mitgeteilten Werte prüfen und den Ausgleichswert abschließend bestimmen kann (BTDrs 16/10144, 49), sieht Abs 4 vor, dass jeder Versorgungsträger eine übersichtliche und nachvollziehbare Berechnung zu übermitteln und ggf zu erläutern hat (vgl BGH NJW-RR 12, 1218, 1219 [BGH 27.06.2012 - XII ZB 275/11] Rz 22). Dazu gehört ua die Benennung des angewandten versicherungsmathematischen Berechnungsverfahrens sowie der grundlegenden Annahmen der Berechnung, insb Zinssatz und zugrunde gelegte Sterbetafeln. Zur Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen (etwa von spezifischen geschäftsinternen Kalkulationen) ist der Versorgungsträger dagegen nicht verpflichtet (BTDrs 16/10144, 94). Ferner sind vertragliche Bestimmungen oder einschlägiges Satzungsrecht sowie etwaige bei einer internen Teilung entstehende Kosten mitzuteilen, die das Gericht nach § 13 VersAusglG auf ihre Angemessenheit zu überprüfen hat (BTDrs 16/10144, 126).
F. Zwangsweise Durchsetzung (Abs 5).
Rn 7
Kommt eine Person oder Stelle einer konkreten gerichtlichen Auskunftsanordnung – trotz Hinweises auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gem § 35 II – nicht (hinreichend) nach, hat das Gericht zur Durchsetzung der Auskunftspflicht Zwangsmittel (Zwangsgeld und/oder Zwangshaft) nach § 35 I anzuordnen. Sobald der Verpflichtete die gerichtliche Auskunftsanordnung erfüllt hat, ist wegen der Funktion des Zwangsgeldes als Beugemittel jedenfalls von der Vollstreckung des Festsetzungsbeschlusses abzusehen. War das Zwangsgeld jedoch zum Zeitpunkt der Auskunftserteilung bereits beigetrieben worden, ist weder der Festsetzungsbeschluss aufzuheben noch besteht ein Rückzahlungsanspruch des Verpflichteten (BGH NJW 17, 3592, 3594 f [BGH 06.09.2017 - XII ZB 42/17] Rz 20 ff).