Rn 4
Die Säumnis der Partei ist unverschuldet, wenn diese auf Grund kurzfristiger und nicht vorhersehbarer Umstände den Verhandlungstermin nicht oder jedenfalls nicht zur anberaumten Zeit wahrnehmen kann. Derartige Hinderungsgründe können sich aus Verkehrsproblemen – Verkehrsstaus, Zugverspätungen (BGH NJW 99, 724 [BGH 19.11.1998 - IX ZR 152/98]; Celle NJW 04, 2534, 2535 [OLG Celle 24.06.2004 - 11 U 57/04]; OLGR Naumbg 02, 450 LS) –, Erkrankungen oder Unfällen (BGH NJW 06, 448; KG MDR 99, 185) ergeben. Die betroffene Partei muss jedoch das ihr Zumutbare und Mögliche tun, um ihre Verhinderung dem Gericht rechtzeitig mitzuteilen; andernfalls ist die Säumnis verschuldet (BGH NJW 06, 448, 449; 09, 687, 688; ZIP 15, 2192). Eine unverschuldete Säumnis ist nicht gegeben, wenn die ordnungsgemäß geladene Partei wegen der vermeintlich fehlerhaften Behandlung eines Befangenheitsgesuchs der mündlichen Verhandlung fernbleibt. Das Gericht ist nicht verpflichtet, das Verfahren bis zu einer Entscheidung des BVerfG auszusetzen, wenn eine Partei gegen den Beschluss, durch den ein Befangenheitsgesuch rechtskräftig abgewiesen wurde, Verfassungsbeschwerde eingelegt hat (BGH NJW 18, 3252 [BGH 05.07.2018 - IX ZR 264/17] Rz 10 ff).
Rn 5
Die rechtzeitig angezeigte, unvorhergesehene persönliche Verhinderung des sachbearbeiteten Anwalts ist idR unverschuldet, da dies ein erheblicher Grund für eine Terminsänderung (s.o. § 227 Rn 3). ist. Dieser muss (entgegen KG MDR 08, 998, 999 [KG Berlin 18.03.2008 - 12 U 27/08]) weder kurzfristig für einen Terminsvertreter sorgen noch sich zu diesem Zweck bereits bei Mandatsübernahme eine Untervollmacht erteilen lassen. Die Säumnis infolge Anwaltswechsels ist aber nur dann unverschuldet, wenn der Wechsel ohne ein Verschulden der Partei geschah (BGH NJW-RR 08, 876, 878 [BGH 03.03.2008 - II ZR 251/06]).
Rn 6
Eine geringfügige Verspätung von bis zu 15 Minuten ist – wenn die Partei dem Gericht den Willen zur Rechtsverfolgung oder Verteidigung schriftsätzlich mitgeteilt hat – als unverschuldet anzusehen. Eine kurze Wartepflicht des Gerichts ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus dem Gesetz; die Grundsätze zu fairer Verfahrensgestaltung und zur Wahrung des rechtlichen Gehörs (Art 20 III, 103 I GG) gebieten jedoch eine solche prozessuale Fürsorge des Gerichts ggü einer Partei, die ihre Mitwirkung im Verfahren angekündigt hat (vgl BGH NJW 99, 724 [BGH 19.11.1998 - IX ZR 152/98]; Stuttg MDR 85, 871, 872; Rostock MDR 99, 626, 627). Anders ist es, wenn die säumige Partei sich bisher in dem Rechtsstreit überhaupt nicht eingelassen hat (vgl OLGR München 07, 186, 187, das allerdings – zu Unrecht – eine Wartepflicht grds verneint).