Dr. iur. Christian Saueressig
Rz. 6
Ist es nicht möglich, ohne Beweiserhebung zu einem obsiegenden Urteil zu gelangen, ist es Sache des Anwaltes, dem Gericht durch Beweisanträge den Weg zu einer seiner Partei ungünstigen, aber gleichwohl begründbaren, Entscheidung zu versperren. Selbstverständlich nur mit legitimen Mitteln, vgl. § 2 Rdn 19 ff.
Der Anwalt hat dem Gericht unter Beachtung der Wahrheitspflicht und – wie es ein Anwalt einmal zutreffend gesagt hat – ohne sich lächerlich zu machen, mit seinen Beweisantritten "eine Slalomstrecke" aufzubauen, die es dem Gericht erschwert, von einem dem Mandanten ungünstigen Sachverhalt auszugehen.
BGH NJW 1990, 3151:
Zitat
Dass im Zivilprozess die Wahrheitspflicht wesentliche Bedeutung hat, erlaubt nicht den Schluss, die Parteien seien generell zu dem Verhalten verpflichtet, das am besten der Wahrheitsfindung dient. Weder die Aufgabe der Wahrheitsfindung noch das Rechtsstaatsprinzip hindern den Gesetzgeber daran, den Zivilprozess der Verhandlungsmaxime zu unterstellen und es in erster Linie den Parteien zu überlassen, die notwendigen Tatsachenbehauptungen aufzustellen und die Beweismittel zu benennen.
Rz. 7
Die Kunst des Richters liegt demgegenüber darin, in angemessener Zeit unter penibler Beachtung der Regeln des Prozessrechts die Hindernisstrecke zu meistern und gleichwohl zu einer gerechten Entscheidung zu finden.
Gericht und Anwalt verfolgen verschiedene Ziele; es ist nicht ihre Aufgabe kooperierend die gerechte Entscheidung zu finden. Ebenso wenig wie eine Partei dem Gegner Unterstützung bei dessen Rechtsverfolgung schuldet, vgl. § 2 Rdn 27 ff., schuldet der Anwalt sie dem Gericht bei dessen Bemühen um eine richtige Entscheidung. Wenn Kooperation mehr sein soll als höflicher Umgang miteinander, verwischt sie nur die vorgegebene, sinnvolle Rollenverteilung...
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