Die Klägerin, eine ehemalige Mandantin, verlangt von der beklagten Rechtsanwaltsgemeinschaft die (Rück-)Zahlung von 23.800,00 EUR zuzüglich Zinsen. Die Beklagte hatte aufgrund eines Anwaltsvertrages für die Klägerin außergerichtlich Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche aus einem Unfallereignis zum Nachteil der Klägerin geltend gemacht. Bei Mandatserteilung im Februar 2022 hatten die Parteien eine weitere schriftliche Vereinbarung geschlossen, die mit "Zusatzvereinbarung zur anwaltlichen Vergütung" überschrieben war. Darin hieß es u.a.: "Die Parteien sind sich einig, dass im Falle des Erfolgs, die Frage einer zusätzlichen, über die gesetzliche Regelung hinausgehenden Vergütung noch einmal besprochen wird." Über diese Vorgehensweise, insbesondere die Freiwilligkeit einer solchen Zahlung und auch deren übliche Höhe, war die Klägerin bereits mit E-Mail der Beklagten vom 12.1.2022 informiert worden.
In der Folge setzte die Beklagte zugunsten der Klägerin im Zuge außergerichtlich geführter Verhandlungen, die im Frühjahr 2023 zu einem erfolgreichen Abschluss kamen, einen Vergleichsbetrag i.H.v. 150.000,00 EUR durch. Nach Abschluss der Tätigkeit kam es zu einem vorher vereinbarten Telefonat zwischen den Parteien, in dem ausschließlich über die Zahlung einer freiwilligen zusätzlichen Vergütung gesprochen wurde. Der genaue Inhalt des Gesprächs war zwischen den Parteien streitig.
Mit Kostenrechnung vom 31.3.2023 stellte die Beklagte der Klägerin sodann eine "Erfolgsunabhängige Vergütung, Vergütungsvereinbarung § 3a RVG, §§ 4, 3a RVG" über einen Betrag i.H.v. 20.000,00 EUR zzgl. 19 % Mehrwertsteuer, insgesamt somit 23.800,00 EUR in Rechnung. In einer Textnachricht an die Klägerin vom gleichen Tag bedankte sich die Beklagte für die "entgegenkommende und anerkennende Zahlung der zwischen uns besprochenen Zusatzvergütung von 20.000,00 EUR netto" und erteilte Abrechnung. Dabei zog sie von einem "geleisteten Abfindungsbetrag HUK Haftpflicht" i.H.v. 150.000,00 EUR Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 23.800,00 EUR "gemäß anliegender Kostenrechnung" ab. Den danach verbleibenden Zahlbetrag i.H.v. 126.200,00 EUR kehrte die Beklagte sodann an die Klägerin aus.
Im April 2023 haben die Klägerin und im April 2024 der Klägervertreter mit Schreiben die 23.800,00 EUR zurückgefordert. Eine Zahlung durch die Beklagte erfolgte nicht.
Im Klageverfahren hat die Klägerin u.a. vorgetragen, dass es bei einer reinen Absichtserklärung geblieben sei. Ein Erfolgshonorar gem. § 49b Abs. 2 S. 1 BRAO hätte zudem nicht wirksam vereinbart werden können. Die Voraussetzungen für die Ausnahmeregelung des § 4a Abs. 1 Nr. 3 RVG hätten nicht vorgelegen.
Die Beklagte hat vorgetragen, in dem vor der Verrechnung erfolgten Telefongespräch hätten die Parteien eine keinerlei Formvorschriften unterliegende Bonusvereinbarung getroffen. Die Klägerin habe dabei in Kenntnis aller Umstände, insbesondere dass der Beklagten ein Rechtsanspruch auf diese Zahlung nicht zustand, gehandelt. Die Erfordernisse einer Vergütungsvereinbarung nach RVG – insbesondere das Textformerfordernis – seien hier ohne Bedeutung, weil weder eine Gebührenvereinbarung noch eine Vergütungsvereinbarung i.S.d. § 3a RVG Gegenstand der Verhandlungen gewesen sei. Schutzvorschriften, insbesondere bei Vergütungsvereinbarungen, die vom Gesetzgeber als zwingend notwendig angesehen worden sind, verlören nach Beendigung des Mandates jegliche Bedeutung, da es dann nur noch um freiwillige Bonuszahlungen gehe, der Mandant also entscheide, ob er eine angedachte Bonuszahlung nun akzeptiere oder nicht.
Das LG hat die Klage als begründet angesehen. Der weitergehende Auszahlungsanspruch der Klägerin i.H.v. 23.800,00 EUR sei nicht erloschen. Der von Beklagtenseite geltend gemachte – und mit dem Auszahlungsanspruch der Klägerin verrechnete – Honoraranspruch i.H.v. 23.800,00 EUR sei nicht wirksam entstanden.