Die EU-Baustellenrichtlinie hatte schon beim Inkrafttreten 1992 die Adressatenfrage im Blick. Anders als bei der im Arbeitsschutzrecht üblichen Zuweisung von Pflichten an die Arbeitgeber wurde durch die Baustellenrichtlinie dem Bauherrn als Veranlasser des Bauvorhabens Verantwortung zugewiesen. Damit sollte den Gegebenheiten auf Baustellen entsprochen werden, wonach es nicht genügt, dass die einzelnen Firmen zwar den sie betreffenden rechtlichen Pflichten nachkommen, die gegenseitige Beeinflussung und das abgestimmte Miteinander beim Zusammenarbeiten mehrerer Firmen aber dem Zufall überlassen bleibt. Diese Aufgabe soll also nicht zur hohen Herausforderung während der aktiven Bauausführung erwachsen, sondern schon in der Planungsphase ernsthaft thematisiert werden.
Die Baustellenrichtlinie setzt, vom Zeitstrahl einer Baumaßnahme aus betrachtet, bei der Planung, Ausschreibung und Vergabe an. Sie endet nicht mit der Fertigstellung und Übergabe, sondern bezieht auch die Betriebsphase mit ein.
Die Baustellenverordnung (BaustellV) bildet dieses Prinzip gut ab, indem sie die Aufgaben und Pflichten von der Planung der Ausführung bis hin zur Erstellung einer Unterlage für spätere Arbeiten an der baulichen Anlage regelt.
Verantwortlich für die Umsetzung der BaustellV ist der Bauherr oder ein von ihm beauftragter Dritter. Aber nicht nur der Bauherr, auch die Arbeitgeber der ausführenden Firmen und selbst die auf der Baustelle tätigen Unternehmer ohne Beschäftigte müssen Pflichten nach der BaustellV erfüllen.
Die Bandbreite möglicher Bauwerke, die erstellt werden, der Arbeitsverfahren, die angewendet werden, der auftretenden Gefährdungsfaktoren, denen die verschiedenen Akteure, die auf der Baustelle tätig werden (Bauausführende, Bauherr, Architekten, Fachplaner, Bauüberwachung, Vermesser, Prüflabore, Logistiker, Lieferanten, Versorgungsunternehmen, Dienstleister, Aufsichtskräfte, Security u. v. m), ausgesetzt sind, verdeutlichen, dass es DEN Arbeitsschutz auf Baustellen eigentlich nicht gibt.