1 Leitsatz
Bei einem nicht heilbaren Verstoß gegen § 5 Abs. 7 Satz 1 HeizkostenV entspricht es in der Regel am ehesten dem Zweck der HeizkostenV, wenn man von den für eine Nutzergruppe gemessenen Verbrauchsmengen ausgeht und die übrigen Mengen im Rahmen einer Differenzberechnung ermittelt.
2 Normenkette
§ 28 Abs. 2 WEG; § 5 Abs. 7 HeizkostenV
3 Das Problem
In einer Wohnungseigentumsanlage wird der Verbrauch in den Jahren 2021 und 2022 nicht mit gleichen Ausstattungen erfasst. Entgegen § 5 Abs. 7 HeizkostenV gibt es keine Vorerfassung. Der Messdienstleister macht daher einer Differenzberechnung. Diese ist rechnerisch richtig. Fraglich ist, ob die Jahresabrechnung und damit der Beschluss nach § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG in diesem Fall ordnungsmäßig ist.
4 Die Entscheidung
Das AG bejaht die Frage! Eine Jahresabrechnung entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn, wie im Fall, der Verbrauch im Wege einer rechnerisch zutreffenden Differenzberechnung unter Berücksichtigung der ermittelten Verbrauchsdaten ermittelt werde (Hinweis auf BGH, Urteil v. 16.9.2022, V ZR 214/21, Rn. 14). Denn die HeizkostenV habe das Ziel, das Verbrauchsverhalten der Nutzer nachhaltig zu beeinflussen und damit Energieeinspareffekte zu erzielen. Dem jeweiligen Nutzer solle durch die verbrauchsabhängige Abrechnung der Zusammenhang zwischen dem individuellen Verbrauch und den daraus resultierenden Kosten bewusst gemacht werden. Bei der Verteilung der Heizkosten habe die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer im Rahmen ihrer Pflicht zur ordnungsmäßigen Verwaltung (§ 18 Abs. 2 WEG) diesen Zweck auch dann zu beachten, wenn ein nicht heilbarer Verstoß gegen die Ordnung vorliege. Dann entspreche es in der Regel am ehesten dem Zweck der HeizkostenV, wenn man von den für eine Nutzergruppe gemessenen Verbrauchsmengen ausgehe und die übrigen Kosten im Rahmen einer Differenzberechnung ermittele. Weder eine rein wohnflächenbezogene Kostenverteilung (vgl. § 9a Abs. 2 HeizkostenV) noch eine Verteilung nach Miteigentumsanteilen (MEA) gem. § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG seien geeignet, die beabsichtigten Anreize zur sparsamen Energieverwendung zu setzen. Bei dieser Vorgehensweise sei zwar nicht auszuschließen, dass sich wegen nicht erfasster Wärmeverluste etwaige Verteilungsfehler vergrößern und einseitig zu Lasten einer Nutzergruppe auswirken könnten. Das sei aber regelmäßig hinzunehmen, da auch die rechnerische Ermittlung auf dem tatsächlichen Nutzerverhalten beruhe und einer Abrechnung nach dem Flächenmaßstab grundsätzlich vorzuziehen sei. Die Wohnungseigentümer könnten zudem die Auswirkungen möglicher Verteilungsfehler dadurch begrenzen, dass sie gem. § 6 Abs. 2 Satz 2 HeizkostenV die Kosten nicht vollständig nach dem Verhältnis der erfassten Anteile am Gesamtverbrauch aufteilen.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall geht es um eine Wohnungseigentumsanlage, bei der die durch § 5 Abs. 7 HeizkostenV vorgeschriebene Vorerfassung (noch) nicht stattfindet. Dann könnte man nach § 9a HeizkostenV vorgehen. Das AG findet den Weg über eine Differenzberechnung näher am tatsächlichen Verbrauchsverhalten. Und das ist auch so. BGH, Urteil v. 16.9.2022, V ZR 214/21, hat insoweit wie folgt entschieden:
"Ist bei einer Wohnungseigentumsanlage mit verschiedenen Ausstattungen zur Verbrauchserfassung der anteilige Verbrauch einer oder mehrerer Nutzergruppe(n) entgegen § 5 Abs. 7 Satz 1 HeizkostenV nicht mit einem separaten Wärmemengenzähler vorerfasst worden, entspricht die Abrechnung der Heizkosten in der Regel dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Ermittlung des Verbrauchs im Wege einer rechnerisch zutreffenden Differenzberechnung unter Berücksichtigung der ermittelten Verbrauchsdaten erfolgt."
Mietrecht
Im Mietrecht ist auch eine Differenzberechnung anzustellen. Dort hat der Mieter als Nutzer aber nach § 12 Abs. 1 Satz 1 HeizkostenV die Möglichkeit, den auf diese Weise "errechneten" Betrag um 15 vom Hundert zu kürzen. Ein Wohnungseigentümer hat dieses Recht nicht.
Was ist für die Verwaltungen besonders wichtig?
Jeder Wohnungseigentümer hat einen Anspruch gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, dass diese sich an die Vorgaben der HeizkostenV hält. Jeder Wohnungseigentümer kann daher, liegt kein Fall des § 11 HeizkostenV vor, von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine Ausstattung verlangen, die eine Vorerfassung ermöglicht.
6 Entscheidung
AG Hamburg-Wandsbek, Urteil v. 14.5.2024, 751 C 14/23