Zusammenfassung
Projekte zur Einführung betriebswirtschaftlicher Standardsoftware in der öffentlichen Verwaltung sind durch die Unübersichtlichkeit der systemtechnischen Funktionalitäten, die kalkulatorischen Schwierigkeiten und die kommunikativen Einflussfaktoren komplexe und riskante organisatorische Vorhaben. Es stellt sich die Frage, ob nicht mithilfe einer Project Scorecard ein Instrument zur Unterstützung des Projektmanagements geschaffen werden kann. Ziel ist, bereits zum Startzeitpunkt des Projekts ein strukturiertes und transparentes Projektcontrolling durchzuführen, welches Abweichungen oder Missstände schnell erkennen lässt und sofortige Maßnahmen ermöglicht.
1 Ausgangssituation in der öffentlichen Verwaltung
1.1 E-Government und das Neue Steuerungsmodell
Die öffentliche Verwaltung von Bund, Ländern und Gemeinden steht im Dienst der Bürgerinnen und Bürger eines Landes. Bürgerorientierung, Qualität und Wirtschaftlichkeit sind Leitmotive des öffentlichen Dienstes bei der Wahrnehmung seiner vielfältigen Aufgaben.” Diese vielfältigen Aufgaben mit ihren damit verbundenen Anforderungen beinhalten eine sehr hohe Komplexität, da das Leistungsspektrum sehr viel größer ist als bei den meisten Unternehmen der Privatwirtschaft. Die Aufgaben umfassen
- die Eingriffsverwaltung (z. B. Gewerbeuntersagung),
- die Abgabenverwaltung (z. B. Finanzämter),
- die Leistungsverwaltung (z. B. Gewährung von Sozialhilfe) und
- die Planungsverwaltung (z. B. Aufstellung eines Flächennutzungsplanes).
In den letzten Jahren war in der öffentlichen Verwaltung viel Bewegung in Bezug auf Reformen, deren Ziel es ist, einen moderneren Staat zu schaffen. Schlagworte wie E-Government oder BundOnline 2005 stehen für Initiativen, die eine Optimierung der Prozesse, den Abbau der Bürokratie, Kostenersparnisse und für den Bürger vereinfachte Dienstleistungen des Staates vorantreiben sollen. Im Jahr 2003 wurde die E-Government-Strategie Deutschland-Online beschlossen, an der heute alle 16 Bundesländer, die kommunalen Spitzenverbände sowie mehr als 40 Kommunen beteiligt sind.
Diese Strategie hat das Ziel, eine integrierte E-Government-Landschaft in Deutschland zu schaffen, indem Lösungen, die von einigen entwickelt wurden, allen zugutekommen und Entwicklungskosten sparen sollen. Um diese notwendige Interoperabilität zu erreichen, ist es zwingend notwendig, sich auf definierte Standards, Prozessmodelle und Verfahrensweisen zu einigen. Diese Modernisierungsbemühungen sind extern orientiert, also von der öffentlichen Verwaltung zum Bürger oder Unternehmen und umgekehrt. Zur Umsetzung sind meist eigene Softwareentwicklungen erforderlich, da hier Standardsoftware aufgrund der besonderen Aufgabenstellungen schlecht einsetzbar ist.
Es gibt auch interne Bemühungen zur Modernisierung innerhalb der Verwaltungen selbst. Dabei geht es um Schlagworte wie Verschlankung, Effizienzsteigerung oder Kostenminderung. Diese Ziele sollen durch den Einsatz moderner Informationstechnologien und Managementtechniken erreicht werden. Dahinter verbirgt sich das NSM (Neues Steuerungsmodell), dessen Ausgangspunkt die Orientierung an der privatwirtschaftlichen Betriebs- und Unternehmensorganisation ist, mit Bestandteilen wie
- Produktbildung,
- Budgetierung,
- Leistungsvereinbarungen,
- Controlling und damit verbunden
- die Kosten- und Leistungsrechnung.
In diesem Zusammenhang wurde Mitte der 90er Jahre damit begonnen, betriebswirtschaftliche Instrumente zusätzlich zum bestehenden Haushaltssystem einzusetzen und zur Ressourcensteuerung zu nutzen. Inzwischen gibt es sowohl auf Bundes- wie auch auf kommunaler Ebene Behörden, die bereits eine Kosten- und Leistungsrechnung eingeführt haben. Für die Einführung einer KLR in Behörden gibt es mittlerweile einen Standard (Handbuch zur Standard-KLR, VSF H 90 01, letzte Überarbeitung 2006). Manche Behörden arbeiten sowohl mit der Kameralistik als auch auf Basis der Doppik. Für die Umsetzung dieser Ziele ist betriebswirtschaftliche Standardsoftware auf dem Markt vorhanden.
1.2 Unterstützung durch ERP-Systeme
Diese betriebswirtschaftlich ausgerichteten Softwareprogramme nennen sich üblicherweise ERP-Systeme. Marktführer ist hier die Firma SAP AG mit Sitz in Walldorf. Die Firma SAP wird hier beispielhaft aufgeführt, weil in Deutschland SAP-Projekte weiterhin hohe Zuwachsraten haben. SAP bietet branchenspezifische Lösungen u. a. für die öffentliche Verwaltung an. In Deutschland arbeiten bereits...