Im qualitativen Modul muss die Bank 12 Fragen zum Unternehmen beantworten. Dabei werden diese in einem ersten Schritt vom Mitarbeiter in der Kundenbetreuung (Markt) beantwortet. Im zweiten Schritt werden diese Antworten von Mitarbeitern in der Marktfolge auf der Grundlage der in der Bank zum Kunden vorliegenden Informationen und Unterlagen plausibilisiert und abschließend entschieden. Dabei sind folgende Besonderheiten zu beachten:
- Alle Fragen müssen beantwortet werden – Rating kann sonst nicht berechnet werden.
- Ein Teil der Fragen bezieht sich auf das Finanzmodul; diese müssen auch beantwortet werden, wenn das Finanzmodul nicht genutzt wird.
- Nicht alle Fragen gehen in die Berechnung des Ratingergebnisses ein (werden für Weiterentwicklung des Ratingmodells genutzt).
Die vorgegebenen Antwortmöglichkeiten geben den Bankmitarbeiten in Markt und Marktfolge einen gewissen Ermessensspielraum bei der Bewertung der Situation des kreditnehmenden Unternehmens. Beispielfälle in den Unterlagen zum Rating sollen die Einordnung erleichtern.
Im Folgenden werden die Fragen mit den jeweiligen Antwortmöglichkeiten und ergänzenden Hinweisen wiedergegeben.
Bei diesen Fragen werden sich viele Unternehmen wiederum selber eine Frage stellen: Auf welcher Informationsbasis beantworten die Banken diese Fragen zu unserem Unternehmen eigentlich? Dazu liegen diesen doch gar keine Informationen vor. Und sowas haben die uns auch noch nie gefragt. Die Konsequenz lautet: Darüber sprechen!
Für Unternehmen, die diese Fragen nicht sofort auf den ersten Blick beantworten können, ist eine weitere wichtige Erkenntnis beim Blick auf diese Ratingfragen aus der Beratersicht wichtig: Diese Fragen sind in erster Linie für das Unternehmen selber relevant, um es erfolgreich in die Zukunft steuern zu können! Die Fragen sollten wir daher im Unternehmen vor allem erst einmal für uns selber beantworten und Schlussfolgerungen aus unseren Antworten ziehen. Dass wir dann damit auch die Informationen für die Kreditgeber erarbeitet haben, ist ein positiver Zweitrundeneffekt.
Frage: "Wie hat sich das Unternehmen seit dem letzten Jahresabschluss entwickelt?"
Diese Frage wird gestellt, wenn aktuellere Zahlen nach dem letzten vorliegenden Jahresabschluss vorhanden sind; dies können z. B. sein: Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA), vorläufiger Jahresabschluss oder Planzahlen wie etwa Planbilanz, Plan-GuV, Liquiditätsplanung, Investitionsplan und Afa-Plan. Wenn solche aktuellen Zahlen vorliegen, dann können die Bankmitarbeiter zwischen den folgenden Antwortmöglichkeiten wählen:
- Die vorgelegten Zahlen zeigen eine deutliche Verbesserung der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens.
- [...] erkennbare Verbesserung [...].
- [...] nur leichte Änderungen [...].
- [...] erkennbare Verschlechterung [...].
- [...] deutliche Verschlechterung [...].
Als mögliche Kriterien für die Einordnung der Situation des Unternehmens werden exemplarisch aufgeführt: Rentabilität, Kapitaldienstfähigkeit, Liquidität, Eigenkapital, Umsatz, Kundenbestand, Bestände Forderungen und Lieferantenverbindlichkeiten, Kostenentwicklung.
Damit zeigt diese erste Frage bereits exemplarisch, welche Bewertungsspielräume die Bankmitarbeiter haben. Hinzu kommt, dass die Bewertungen durch Markt (optimistisch-unternehmerischer Blick) und durch Marktfolge (pessimistisch-risikoorientierter Blick) deutlich voneinander abweichen können.
Konsequenz für Unternehmen: Kreditgebern möglichst aktuelle und endgültige Zahlen (hier zählt vor allem der Jahresabschluss) übergeben. Alle hier genannten "Zahlenwerke" auch mit eigenen Anmerkungen versehen zu den positiven Entwicklungen; negative Entwicklungen auch benennen und darlegen, wie diese beantwortet werden.
Frage: "Wie beurteilen Sie die Qualität des Rechnungswesens/Controllings?"
Die Antwortmöglichkeiten lauten:
- Sehr gut: hohe Qualität in allen Teilbereichen.
- Gut: gute Qualität mit Stärken in Teilbereichen.
- Befriedigend: insgesamt befriedigende Qualität.
- Verbesserungsbedürftig: verbesserungsbedürftige Qualität mit Schwächen in Teilbereichen.
- Erhebliche Schwächen: insgesamt eine Qualität mit erheblichen Schwächen.
- Nicht bekannt: Kann wegen fehlender Informationen nicht beurteilt werden (Bewertung wie "erhebliche Schwächen").
Bei der letzten Antwortmöglichkeit wird deutlich, wie Ratingsysteme mit nicht vorliegenden Informationen umgehen: Es erfolgt die schlechteste Bewertung.
Als Kriterien für die Einordnung der jeweiligen Unternehmenssituation werden folgende Fragen an das Unternehmen aufgeführt:
- Besteht ein ordnungsgemäßes Rechnungswesen/Controlling? (Werden beispielsweise Rechnungen – unter Berücksichtigung der Branche – zeitnah erstellt?)
- Weist die Bilanz einen auffällig hohen Bestand an kurzfristigen Forderungen gegenüber Kunden oder kurzfristigen Verbindlichkeiten gegenüber Lieferanten auf?
- Wie wird die Qualität des Jahresabschlusses beurteilt? (Klarheit der Gliederung und der Erläuterungen, Umfang der Angaben gemessen an der Betriebsgröße etc.)
- Entspricht die Organisation des Rec...