Alexander C. Blankenstein
Eine unverschuldete Fristversäumnis liegt vor, wenn der Anfechtende die Frist trotz Anwendung größter Sorgfalt nicht einhalten konnte. Dies ist insbesondere bei schwerer Erkrankung oder aber wider Erwarten verzögerter Postzustellung der Fall. Eine verschuldete Fristversäumnis liegt vor, wenn diese auf Rechtsirrtum oder Rechtsunkenntnis beruht. Hier kann nur ausnahmsweise dann Wiedereinsetzung gewährt werden, wenn der Betroffene nicht die den Umständen nach gebotene und nach seinen persönlichen Verhältnissen zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen hat. Hat der Rechtsanwalt im Rahmen eines Beschlussanfechtungsverfahrens auf Grundlage einer fehlerhaften Rechtsmittelbelehrung des Amtsgerichts bei einem unzuständigen Landgericht Berufung eingelegt, ist ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren. Dies gilt auch, wenn es sich bei dem Rechtsanwalt um einen Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht handelt.
Wiedereinsetzung wird aber dann nicht gewährt, wenn der Rechtsmittelführer über die richtige Form des einzulegenden Rechtsmittels im Irrtum war.
Einem Rechtsanwalt ist auch dann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn ein Wohnungseigentümer, der ehemals als Verwalter fungierte, auch nach Ablauf seiner Amtszeit wiederholt Wohnungseigentümerversammlungen einberufen und durchgeführt hatte und nunmehr die Klage an ihn als Zustellungsvertreter der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nicht zugestellt werden konnte. Auch hier hatte sich der Anwalt in einem entschuldbaren Rechtsirrtum befunden.
Allerdings kann dann keine Wiedereinsetzung gewährt werden, wenn der Anwalt bereits durch gegnerischen Schriftsatz darauf hingewiesen wurde, dass seine Klage oder Klagebegründung erst nach Fristablauf bei Gericht eingegangen war und der Anwalt nicht sogleich entsprechende Erkundigungen einholt.
Dem Wiedereinsetzungsantrag eines Rechtsanwalts, auch eines Fachanwalts für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, ist dann stattzugeben, wenn das Amtsgericht eine fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung erteilte. Der durch den Fehler des Gerichts hervorgerufene Vertrauensschutz besteht regelmäßig so lange fort, bis das aufgrund der Rechtsmittelbelehrung angerufene Gericht auf seine Unzuständigkeit hinweist; erst dann beginnt die Wiedereinsetzungsfrist nach § 234 Abs. 2 ZPO zu laufen. Dies gilt auch für den Fall, wenn der gegnerische Anwalt die Zuständigkeit des angerufenen Berufungsgerichts bereits in Zweifel gezogen hatte.
Unterlassene Einsichtnahme in die Beschluss-Sammlung
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden, wenn der anfechtende Wohnungseigentümer die Anfechtungsfrist deshalb versäumt, weil ihm die Versammlungsniederschrift noch nicht zugegangen ist und er nicht innerhalb der Klagefrist Einsicht in die Beschluss-Sammlung genommen hat. Dann ist das Fristversäumnis verschuldet. Ein Wohnungseigentümer, der ordnungsgemäß geladen war, muss bei etwa nachteiligen Beschlüssen alles ihm zumutbare unternehmen, um die Klagefrist zu wahren.
Verschulden des Vertreters wird Antragsteller zugerechnet
Dem Antragsteller wird das Verschulden eines Vertreters, insbesondere seines Verfahrensbevollmächtigten, zugerechnet. Versäumt also der beauftragte Rechtsanwalt schuldhaft eine Frist, so treffen die negativen Folgen den oder die vertretenen Wohnungseigentümer.