Mit dem Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Entwicklung und Erprobung eines Online-Verfahrens in der Zivilgerichtsbarkeit (vgl. BT-Drucks 20/13082) soll in Reallaboren ein zivilgerichtliches Online-Verfahren ermöglicht werden (vgl. zum Referentenentwurf Herberger, ZRP 2024, 166). Der Gesetzentwurf sieht als Alternative zur traditionellen Klageerhebung die Klageerhebung mittels eines digitalen Eingabesystems vor. Die Übermittlung erfolgt dabei entweder über bestimmte sichere Übermittlungswege oder über eine neu einzurichtende Kommunikationsplattform. Elektronische Dokumente, die mithilfe digitaler Eingabesysteme erzeugt wurden, können als strukturierter Datensatz übermittelt werden, sofern dafür im Online-Verfahren eine automatisierte Bearbeitung durch das Gericht eröffnet ist. So soll eine durchgängige Verwendung strukturierter Daten ermöglicht werden, wie sie bei klagenden Legal-Tech-Unternehmen bereits vorliegen. Auf der Grundlage der digitalen Eingabesysteme kann das Gericht prozessleitend Maßnahmen der Strukturierung des Streitstoffs ergreifen. Bezogen auf Ansprüche nach der EU-Fluggastrechteverordnung und auf Ansprüche, die in einer Vielzahl gleichgelagerter und standardisierbarer Verfahren auftreten, besteht – allerdings nicht für natürliche Personen ohne anwaltliche Vertretung – insofern eine Nutzungspflicht. Die Kommunikationsplattform ist nicht nur für die Übermittlung elektronischer Dokumente vorgesehen. Vielmehr soll sie auch genutzt werden, um digitale Kommunikations-, Austausch- und Übermittlungsformen zwischen den Verfahrensbeteiligten und mit dem Gericht zu erproben. Die Kommunikationsplattform soll darüber hinaus zur Bereitstellung oder gemeinschaftlichen Bearbeitung elektronischer Dokumente durch die Verfahrensbeteiligten und das Gericht genutzt werden können. Auch insofern besteht, bezogen auf Ansprüche nach der EU-Fluggastrechteverordnung und auf Ansprüche, die in einer Vielzahl gleichgelagerter und standardisierbarer Verfahren auftreten, – mit Ausnahme für natürliche Personen ohne anwaltliche Vertretung – eine Nutzungspflicht. Der Gesetzentwurf verfolgt nicht den Ansatz „digital only”. Vielmehr wird in der Begründung mehrfach betont, dass auf nicht digitalaffine Rechtsuchende Rücksicht zu nehmen sei. Für diese Personengruppe wird beispielsweise ausdrücklich die Möglichkeit einer analogen Klageerhebung vorgesehen. Das Online-Verfahren soll sich auf solche Klageverfahren vor den Amtsgerichten in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten beschränken, in denen die Zahlung einer Geldsumme geltend gemacht wird, die den Betrag nach § 23 Nr. 1 GVG nicht übersteigt. Es soll nicht auf Verfahren in der Zuständigkeit der Amtsgerichte nach § 23a GVG anwendbar sein.
Der Gedanke, Reallabore einzurichten, wurde auch unter TOP 3 „Einrichtung von KI-Reallaboren für Justiz und Rechtsdienstleister” bei dem Fünften Bund-Länder-Digitalgipfel am 28.11.2024 aufgegriffen (abrufbar unter: https://www.justiz.nrw.de/sites/default/files/2024-12/JumikoTOP-3-Bund-Laender-Digitalgipfel---Einrichtung-von-KI-Reallaboren-fuer-Justiz.pdf ). Die Justizministerinnen und Justizminister der Länder betonten, dass
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„durch die Einrichtung von KI-Reallaboren Unternehmen dabei unterstützt werden, innovative KI-Systeme im Einklang mit der KI-Verordnung, anderem einschlägigen Unionsrecht und dem deutschen Recht zu entwickeln und auf dem Markt einzuführen, insbesondere wenn es sich um KMU und Start-Up-Unternehmen handelt.”
In diesem Sinne baten sie den
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„E-Justice-Rat, möglichst bis zur Herbstsitzung 2025 unter Einbindung weiterer betroffener Stellen (wie etwa der BNotK und der BRAK) und soweit erforderlich unter Heranziehung von Expertinnen und Experten zu prüfen, wie Reallabore für Justiz und Rechtsdienstleister eingerichtet werden können und welche Anforderungen an diese zu stellen sind.”
Dieser Ansatz ist zu begrüßen, weil auf diese Weise theoretische Überlegungen zu einem potenziellen KI-Einsatz durch praktische Erfahrungen ergänzt werden können. Dies ist bei schnelllebiger Technik ein zukunftsweisender Ansatz.