Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Förderungsgesetze
Leitsatz (amtlich)
Der Senat hält an seiner Auffassung fest, daß eine Haftung gemäß § 61 Abs. 1 Satz 2 LAG nur dann begründet wird, wenn mindestens der Veräußerer sich der Ungleichwertigkeit der beiderseitigen Leistungen bewußt ist und diese wegen der persönlichen Beziehungen zum Erwerber in Kauf nimmt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs III 107/61 U vom 24. Januar 1964, BStBl 1964 III S. 224, Slg. Bd. 78 S. 591). Bei der Prüfung dieser Frage sind auch aufschiebend bedingte Gegenleistungen zu berücksichtigen, wenn mit dem Wegfall dieser Leistungen infolge Nichteintritts der Bedingung nicht oder doch nur sehr entfernt gerechnet wurde.
Normenkette
LAG § 61 Abs. 1 S. 2
Tatbestand
Die Mutter der Bfin. wurde als Alleinerbin ihres 1948 verstorbenen Ehemannes durch Bescheid vom 20. Oktober 1955 zur Vermögensabgabe veranlagt. Das der Vermögensabgabe unterliegende Vermögen betrug 28.100 DM und setzte sich aus land- und forstwirtschaftlichem Vermögen in Höhe von 800 DM und Betriebsvermögen in Höhe von 27.300 DM zusammen. Nach Abzug eines Freibetrags von 3.500 DM ergab sich ein abgabepflichtiges Vermögen von 12.300 DM und ein ursprünglicher Vierteljahresbetrag von 207,90 DM.
Durch Schreiben vom 17. November und 8. Dezember 1955 beantragte die Mutter der Bfin. lebenslängliche Stundung für das bis zum 10. August 1955 einschließlich entstandene Vermögensabgabe-Soll. Bei der Bearbeitung dieses Stundungsantrags wurde dem Finanzamt bekannt, daß die Mutter der Bfin. durch einen notariellen Vertrag vom 25. August 1949 ihr Vermögen an ihre drei Kinder übertragen hatte, und zwar an die Bfin. und die beiden Geschwister der Bfin. zu je 1/3. Im einzelnen hatte sie übertragen:
Ein gemischtgenutztes Grundstück an die Bfin zu 1/5 und an die beiden Geschwister zu je 2/5;
ihren 1/3 - Anteil an einem Geschäftsgrundstück (Sägewerk) und den dazugehörigen, dem Sägewerksbetrieb dienenden Maschinen einschließlich Kraftanlage an die Bfin. allein;
landwirtschaftliche Grundstücke in Größe von 19,63 a an die Bfin. allein.
Der Wert der den einzelnen Erwerbern übertragenen Grundstücke bzw. Anteile war für alle drei Kinder im Vertrag mit je 8.000 DM angegeben. Die Mutter der Bfin. hatte sich an dem gesamten übertragenen Grundbesitz einschließlich des Inventars den lebenslänglichen unentgeltlichen Nießbrauch vorbehalten. Der Wert dieses Nießbrauchs war im Vertrag mit 1.200 DM jährlich angegeben. Für den Fall, daß die Mutter der Bfin. auf die Ausübung des Nießbrauchsrechts verzichtete, hatten sich die Kinder verpflichtet, ein unentgeltliches Wohnrecht an dem von der Mutter bisher bewohnten Zimmer eintragen zu lassen und außerdem die übertragenen Anteile ihrem Taxwert entsprechend mit 5 v. H. jährlich zu verzinsen. Der Vertrag enthielt sodann noch folgende Bestimmung:
"Frau Witwe E. ist berechtigt, die übertragungswerte der einzelnen Kinder ganz oder auch teilweise je nach Bedarf mit halbjähriger Kündigung zum 1. Juli oder 1. Januar jedes Jahres aufzukündigen. Hierbei ist sie jedoch im Interesse der gleichmäßigen Behandlung ihrer Kinder gehalten, diese in gleicher Höhe aufzukündigen. Bei Nichtausübung des Nießbrauchsrechts entfällt die Verzinsung für den bereits ausgezahlten Betrag."
Die Kinder hatten die Eintragung einer Hypothek von je 8.000 DM nebst 5 v. H. Jahreszinsen im Grundbuch bewilligt und beantragt.
Auf einen mündlichen Antrag des Bevollmächtigten der Mutter der Bfin. teilte das Finanzamt durch Bescheid vom 9. November 1956 den Vierteljahresbetrag von 207,90 DM auf die drei Kinder zu je 1/3 69,30 DM auf. Gegen diesen Aufteilungsbescheid legte die Bfin. mit der Begründung Einspruch ein, der Vertrag vom 25. August 1949 sei nicht ausgeführt worden. Sie habe den Anteil am Sägewerk bzw. den beim Verkauf dieses Anteils erzielten Erlös an ihre Mutter zurückgegeben.
Das Finanzamt berichtete daraufhin den Aufteilungsbescheid nach § 94 AO am 9. Oktober 1957 in der Weise, daß es den Vierteljahresbetrag zu je 1/3 auf die Mutter der Bfin. und auf die beiden Geschwister der Bfin. aufteilte. Gleichzeitig erließ das Finanzamt einen Haftungsbescheid nach § 61 LAG gegen die Bfin., indem es die Bfin. für den 1/3 - Anteil ihrer Mutter in Höhe von 69,30 DM in Anspruch nahm. Gegen diesen Haftungsbescheid legte die Bfin. wiederum Einspruch ein und wiederholte ihr bisheriges Vorbringen. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.
Auch die Berufung hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht führte im wesentlichen aus: Der Einwand der Bfin., sie sei durch den notariellen Vertrag vom 25. August 1949 noch nicht Eigentümerin von Grundbesitz geworden, weil es nicht zur Auflassung und Eintragung der Eigentumsänderung im Grundbuch gekommen sei, greife nicht durch. Der Vertrag enthalte Auflassungserklärungen. Es sei in ihm weiter bestimmt, daß Besitz, Nutzungen, Lasten und Gefahr mit den durch das Nießbrauchsrecht der Mutter der Bfin. bewirkten Einschränkungen "sofort mit Vollziehung dieses Aktes" übergehen sollten. Nach § 20 der Vierzehnten Durchführungsverordnung über Lastenausgleichsabgaben nach dem Lastenausgleichsgesetz vom 28. Juni 1954 (14. AbgabenDV-LA) habe deshalb die Bfin. schon am 25. August 1949 die ihr zugedachten Grundstücksanteile im Sinne des § 61 LAG erworben. Das gehe auch daraus hervor, daß ihr miterwerbender Bruder durch notariellen Vertrag vom 17. Mai 1955 seinen durch den Vertrag vom 25. August 1949 erworbenen Grundstücksanteil an die Mutter der Bfin. zurückübertragen habe. Die Bfin. habe dagegen ihren Anteil nicht zurückübertragen. Um den Erwerb ihres Anteils rückgängig zu machen, hätte sie auf ihre Rechte aus dem Vertrag vom 28. Mai 1949 ausdrücklich verzichten müssen. Daß sie das getan habe, behaupte sie selbst nicht. Auch ihre Mutter habe erklärt, von einem Verzicht könne keine Rede sein. Für die Berechnung der Haftsumme im Sinne des § 61 LAG sei der 1/5 - Anteil der Bfin. an dem gemischtgenutzten Grundstück mit 4.000 DM anzusetzen, der 1/3 - Anteil an dem Sägewerk mit 8.000 DM. Der Einwand der Bfin., sie habe im Jahre 1950 diesen Anteil am Sägewerk veräußert und den ihr verbleibenden Nettoerlös ihrer Mutter zurückgegeben, könne keinen Erfolg haben. Denn das spätere Schicksal der geschenkt erhaltenen Gegenstände vermöge grundsätzlich an der Haftung nichts zu ändern. Es könne deshalb auch dahingestellt bleiben, ob die Behauptung der Bfin., sie habe diesen Nettoerlös ihrer Mutter ohne jede Gegenleistung überlassen, zutreffe oder ob die entgegengesetzte Behauptung ihrer Mutter richtig sei, die Bfin. habe ihr den Erlös nur unter der Bedingung überlassen, daß sie ein weiteres Fünftel an dem gemischtgenutzten Grundstück erhalte. Die auf die Bfin. entfallende anteilige Nießbrauchslast sei mit 7.200 DM anzusetzen. Es ergebe sich danach eine Haftsumme von 4.800 DM. Die vom Finanzamt errechnete Haftsumme von 3.600 DM sei deshalb nicht zu beanstanden, da sie niedriger sei. Eine Inanspruchnahme des Haftenden auf Grund des § 61 LAG setze nicht voraus, daß der Abgabeschuldner zahlungsunfähig sei. Die Inanspruchnahme sei allerdings in das pflichtgemäße Ermessen des Finanzamts gestellt. Demzufolge sei das Finanzamt gehalten, den Haftenden in der Regel erst dann in Anspruch zu nehmen, wenn der Abgabeschuldner zahlungsunfähig sei oder wenn die Zwangsvollstreckung gegen ihn auf besondere Schwierigkeiten stoße. Nach der Aktenlage habe die Mutter der Bfin. seit 1950 wiederholt Stundungsanträge wegen schlechter wirtschaftlicher Verhältnisse gestellt, denen das Finanzamt zum Teil auch stattgegeben habe. Auch hinsichtlich der Einkommensteuer sein von der Mutter der Bfin. häufig Stundungs- und Erlaßanträge gestellt worden. Das Finanzamt habe deshalb die Ermessensgrenzen nicht überschritten, wenn es in Anbetracht dieser Umstände es für notwendig gehalten habe, den Haftungsbescheid gegen die Bfin. zu erlassen.
Mit der Rb. rügt die Bfin. Verletzung der amtlichen Ermittlungspflicht, unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts und Verstoß wider den klaren Inhalt der Akten. Unstreitig sei eine grundbuchmäßige änderung in den Eigentumsverhältnissen nicht vollzogen worden. Deshalb sei es bürgerlich-rechtlich unmöglich, daß die Bfin. über den 1/3 - Anteil an dem Sägewerk habe verfügen können. Das Finanzgericht habe seine Ermittlungspflicht verletzt, wenn es die widersprechenden Erklärungen der Mutter der Bfin. vom 10. November 1957 und 18. März 1958 nicht ergänzend ausgelegt habe. Das Finanzgericht habe auch zu Unrecht die Bfin. als Eigenbesitzerin im Sinne des § 11 Ziff. 4 StAnpG angesehen. Das ergebe sich insbesondere daraus, daß nicht die Bfin., sondern allein ihre Mutter juristisch in der Lage gewesen sei, die Veräußerung des 1/3 - Anteils an dem Sägewerk nebst den dazugehörigen Grundstücken zu vollziehen. Das folge aber auch aus der Handhabung der Mutter der Bfin., die selbst den Anteil an dem Sägewerk veräußert und nach dem Inhalt der Akten geschaltet und gewaltet habe, wie es ihr beliebte. Gerade auch der Umstand, daß der notarielle Vertrag nicht vollzogen worden sei, beweise, daß die Bfin. noch keinesfalls als Eigenbesitzerin anzusehen sei. Das habe auch das Finanzgericht erkennen müssen. Es hätte sich unter Beachtung seiner amtlichen Ermittlungspflicht den Kaufvertrag über den 1/3 - Anteil am Sägewerk vorlegen lassen und das Grundbuch bei dem zuständigen Amtsgericht einsehen müssen. Es wäre dann ohne weiteres ersichtlich gewesen, daß nicht die Bfin., sondern ihre Mutter die entsprechenden Erklärungen abgegeben habe. Daraus wäre zu schließen gewesen, daß die Mutter weiterhin die tatsächliche Verfügungsgewalt und auch die juristische Eigentumsgewalt über diesen 1/3 - Anteil gehabt habe. Durch die eigenmächtige Veräußerung sei insoweit eine Entreicherung der Bfin. eingetreten. Im übrigen ergebe sich aus dem notariellen Vertrag vom 25. August 1949, daß der Besitz, die Nutzungen und Lasten sowie die Gefahr erst mit den durch das Nießbrauchsrecht bewirkten Einschränkungen auf die Erwerber übergehen sollten. Die tatsächliche Besitzverschaffung sei daher von einer aufschiebenden Bedingung abhängig gemacht worden, so daß sie nach § 4 BewG erst vom Eintritt der Bedingung ab berücksichtigt werden könnte. § 20 der 14. AbgabenDV-LA stelle auf die Ausführung der Zuwendung ab. Davon könne aber, soweit es sich um Grundvermögen handle, nur gesprochen werden, wenn eine dingliche Umschreibung im Grundbuch erfolgt sei. Die Bfin. greift sodann auch die Berechnung der Haftsumme durch das Finanzgericht an. Nach ihrer Auffassung könnten die gesamten Aktivwerte nur mit dem im Vertrag vom 25. August 1949 genannten Betrag von 8.000 DM angesetzt werden, so daß sich, wenn man die Richtigkeit der errechneten Nießbrauchslast unterstelle, nur eine Bereicherung von 800 DM ergebe. Im übrigen sei aber auch der Wert der Nießbrauchslast vom Finanzgericht zu niedrig berechnet worden. Schließlich rügt die Bfin. auch eine Ermessensverletzung. Wenn schon die Mutter der Bfin. im Besitz der angeblich übertragenen Gegenstände geblieben sei und die Bfin. gar keine Nutzungen aus diesen Gegenständen habe ziehen können, so entspreche es dem Gebot der Billigkeit, daß sie auch nicht in Haftung genommen werde, zumal der 1/3 - Anteil an dem Sägewerk niemals mehr in ihren Besitzbereich gelangen könne.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist begründet.
Wer von dem Abgabeschuldner nach dem 20. Juni 1948 Vermögen unentgeltlich erworben hat oder erwirbt, haftet neben dem Abgabeschuldner für dessen Abgabeschuld in Höhe des gemeinen Wertes der Bereicherung zur Zeit des Erwerbs - Haftsumme - (ß 61 Abs. 1 Satz 1 LAG). Einem unentgeltlichen Erwerb steht ein Erwerb gleich, bei dem die Gegenleistung mehr nach den persönlichen Beziehungen als unter dem Gesichtspunkt ihrer wirtschaftlichen Gleichwertigkeit bemessen wird, z. B. bei einem Altenteilsvertrag (ß 61 Abs. 1 Satz 2 LAG).
Die Vorentscheidungen haben den notariellen Vertrag vom 25. August 1949 als einen Vertrag im Sinne des § 61 Abs. 1 Satz 2 LAG behandelt. Dabei ist das Finanzgericht mit Recht davon ausgegangen, daß die Bfin. die ihr zugewendeten Vermögensgegenstände bereits mit dem Abschluß dieses Vertrages erworben hat. Ein Erwerb von Vermögensgegenständen im Sinne des § 61 Abs. 1 LAG liegt nach § 20 der 14. AbgabenDV-LA vor, wenn die Zuwendung ausgeführt ist. Nach der Rechtsprechung (vgl. Urteile des Reichsfinanzhofs V e A 780/27 vom 31. Januar 1928, RStBl 1928 S. 138, Slg. Bd. 22 S. 346, und III e 10/40 vom 11. Juli 1940, RStBl 1940 S. 676) ist die Zuwendung schon dann ausgeführt, wenn der Eigenbesitz im Sinne des § 11 Ziff. 4 StAnpG übertragen ist. Das ist nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs II 276/59 U vom 14. Februar 1962 (BStBl 1962 III S. 204, Slg. Bd. 74 S. 551) beim Grundbesitz dann der Fall, wenn das Grundstück sowohl aufgelassen als auch übergeben ist. Das Finanzgericht hat zutreffend festgestellt, daß beide Voraussetzungen hier erfüllt sind. In dem notariellen Vertrag vom 25. August 1949 ist die Auflassung erklärt und die Eintragung des Eigentumswechsels in das Grundbuch bewilligt und beantragt worden. Der Besitz, die Nutzungen, die Lasten und die Gefahr sind "sofort mit Vollziehung dieses Aktes mit den durch das Nießbrauchsrecht der Witwe E. bewirkten Einschränkungen" übergegangen. Der Hinweis auf die Einschränkungen durch das Nießbrauchsrecht bedeutet entgegen der Auffassung der Bfin. nicht, daß der Eigenbesitz an die Kinder erst mit dem Wegfall des Nießbrauchsrechts übergehen sollte, also aufschiebend bedingt war, sondern macht nur deutlich, daß der bisherige Eigenbesitz der Mutter sich in Fremdbesitz verwandelt hatte. Der Eigenbesitz ist dagegen sofort an die Kinder übergegangen. Dieser Rechtslage entspricht es auch, daß das Finanzamt die betreffenden Einheitswerte den Kindern auf den 1. Januar 1950 zugerechnet hat. Wenn die Bfin. in diesem Zusammenhang behauptet, sie habe von diesen Zurechnungsfortschreibungen keine Kenntnis gehabt, so ist dem entgegenzuhalten, daß ausweislich der Akten der Bescheid über die Zurechnungsfortschreibung der landwirtschaftlichen Grundstücke zum 1. Januar 1950 an sie am 15. Januar 1952 zur Post gegeben wurde. Die Bfin. hat also mit dem Abschluß des notariellen Vertrages Eigenbesitz an allen ihr darin übertragenen Vermögensgegenständen erworben. Das gilt auch für den 1/3 - Anteil am Sägewerk. Entgegen der Behauptung hat sie diesen Anteil nicht an ihre Mutter zurückgegeben, sondern ihr Ehemann hat ihn - wohl als ihr Bevollmächtigter - in dem bei den Akten befindlichen Vergleich vor dem Amtsgericht K. vom 26. Juli 1950 veräußert.
Den Vorentscheidungen kann jedoch nicht darin gefolgt werden, daß sie den notariellen Vertrag vom 25. August 1949 als einen Vertrag angesehen haben, bei dem die Gegenleistung mehr nach den persönlichen Beziehungen als unter dem Gesichtspunkt ihrer wirtschaftlichen Gleichwertigkeit bemessen ist. Nach dem Urteil des erkennenden Senats III 107/61 U vom 24. Januar 1964 (BStBl 1964 III S. 224, Slg. Bd. 78 S. 591) ist für die Inanspruchnahme zur Haftung nach § 61 Abs. 1 Satz 2 LAG neben der objektiven Bereicherung das Bewußtsein des Veräußerers erforderlich, daß Leistung und Gegenleistung sich wirtschaftlich nicht ausgleichen. Allerdings ist nach diesem Urteil die objektive Bereicherung des Erwerbers, vor allem wenn sie ein geringfügiges Ausmaß überschreitet, ein wesentlicher Anhaltspunkt dafür, daß der Veräußerer die Ungleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung kannte und sie wegen der persönlichen Beziehungen zum Erwerber in Kauf nahm.
Das Finanzgericht geht von einer objektiven Bereicherung der Bfin. zur Zeit des Erwerbs in Höhe von 4.800 DM aus. Es bestehen erhebliche Bedenken, ob bei dieser Berechnung die Schätzung des gemeinen Wertes für den 1/3 - Anteil am Sägewerk mit 8.000 DM richtig ist. Das Finanzgericht hat diesen Betrag zugrunde gelegt, weil dieser Anteil bei der Vermögensabgabeveranlagung der Abgabeschuldnerin mit einem anteiligen Einheitswert am Betriebsvermögen von 6.200 DM angesetzt und der Anteil im Jahre 1950 für einen Preis von 8.251,31 DM veräußert worden sei. Es hat dabei jedoch nicht berücksichtigt, daß die Bfin. nur den Anteil der Mutter an den Betriebsgrundstücken und den Maschinen des Betriebes übertragen erhalten hat. Es hat ferner nicht berücksichtigt, daß mit diesem Kaufpreis alle Ansprüche zwischen den Beteiligten ausgeglichen sein sollten, daß insbesondere ein Pachtzins für die Vergangenheit an die Veräußerer, also auch an die Bfin., nicht mehr bezahlt werden sollte. Schließlich wurde nicht berücksichtigt, daß die Bfin. nach dem Vergleich vom 26. Juli 1950 die ihr erwachsenen Kosten des Rechtsstreits selbst zu tragen hatte, so daß ihr aus dem Erlös, wie sie unwidersprochen vorträgt, nur 5.000 DM verblieben. Andererseits hat das Finanzgericht den gemeinen Wert der von der Bfin. erworbenen landwirtschaftlichen Grundstücke, die einen Einheitswert von 560 DM hatten, nicht angesetzt. Die Frage, ob tatsächlich objektiv eine Bereicherung der Bfin. zur Zeit des Erwerbs vorgelegen hat, kann aber nach Auffassung des Senats im Streitfall aus anderen Gründen dahingestellt bleiben.
Nach dem notariellen Vertrag vom 25. August 1949 war die Mutter der Bfin. berechtigt, die übertragungswerte der einzelnen Kinder ganz oder auch teilweise je nach Bedarf mit halbjähriger Kündigung zum 1. Juli oder 1. Januar jedes Jahres aufzukündigen. Die Kinder hatten deswegen die Eintragung einer Hypothek von je 8.000 DM auf den erworbenen Grundbesitz bewilligt und beantragt. Wenn es sich dabei auch um eine aufschiebend bedingte Verpflichtung der Kinder handelt, so kann diese doch bei der Frage, ob sich die Mutter der Bfin. als Veräußerin der Ungleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung bewußt gewesen ist, nicht außer Betracht bleiben. Der Reichsfinanzhof hat in dem Urteil I e A 887/29 vom 21. Oktober 1930 (Steuer und Wirtschaft 1931 Nr. 29) die Auffassung vertreten, daß bei der Prüfung der Frage, ob der Geber den Empfänger bereichern wollte, auch aufschiebend bedingte Gegenleistungen zu berücksichtigen seien, namentlich dann, wenn mit dem Wegfall der Leistungen infolge Nichteintritts der Bedingung nicht oder doch nur sehr entfernt gerechnet wurde. Der Senat schließt sich dieser Auffassung, die auch im Schrifttum vertreten wird (vgl. Troll, Kommentar zum Erbschaftsteuergesetz, Anm. 27 zu § 3 Abs. 1 Nr. 2), auch für die hier zu prüfende Frage an. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß im Zeitpunkt des Abschlusses des Vertrages mit der Geltendmachung des Zahlungsanspruchs durch die Mutter der Bfin. nicht oder nur sehr entfernt zu rechnen war. Dagegen spricht vor allem die Tatsache, daß dieser Anspruch durch Hypotheken dinglich abgesichert werden sollte. Berücksichtigt man aber auch diese von den Kindern zu erbringende Gegenleistung, so kann nicht davon gesprochen werden, daß sich die Mutter der Bfin. der Ungleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung bewußt war. Es liegt demnach kein Erwerb der Bfin. im Sinne des § 61 Abs. 1 Satz 2 LAG vor, so daß eine Haftung der Bfin. entfällt.
Fundstellen
Haufe-Index 411390 |
BStBl III 1964, 665 |
BFHE 1965, 532 |
BFHE 80, 532 |