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BGH Urteil vom 27.06.2002 - VII ZR 272/01

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Generalübernehmervertrag über schlüsselfertige Errichtung eines Hauses. Unwirksame Zusatzklausel nach § 3 AGBG über Vergabevollmacht

 

Leitsatz (amtlich)

Eine vom Generalübernehmer in einem Vertrag über die Errichtung eines schlüsselfertigen Hauses verwendete Klausel, nach der er bevollmächtigt ist, die Bauleistungen im Namen des Auftraggebers zu vergeben, ist für den Auftraggeber überraschend. Sie wird gemäß § 3 AGBG nicht Bestandteil des Vertrages.

 

Normenkette

AGBG § 3

 

Verfahrensgang

OLG Rostock (Urteil vom 26.07.2001)

OLG Rostock (Urteil vom 01.02.2001)

LG Neubrandenburg (Urteil vom 21.12.1999)

 

Tenor

Auf die Revision der Beklagten werden das Urteil des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Rostock vom 26. Juli 2001 und dessen Versäumnisurteil vom 1. Februar 2001 aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Neubrandenburg vom 21. Dezember 1999 abgeändert.

Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin mit Ausnahme der durch die Versäumnis der Beklagten in der Berufungsinstanz entstandenen Kosten. Diese tragen die Beklagten.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt Werklohn für Arbeiten am Bauvorhaben der Beklagten.

Die Beklagten schlossen 1997 mit der T. GmbH einen „Werkvertrag über die Herstellung, Lieferung und Errichtung eines ÖKOTON-Massivhauses” zum Gesamtpreis von 365.000 DM. Gegenstand der Bau- und Leistungsbeschreibung über die schlüsselfertige Erstellung des Hauses waren u.a. auch Fliesenbeläge. Der Vertrag enthielt unter der Rubrik „Zusatzvereinbarung” die vorgedruckte Klausel:

„Der Bauherr beauftragt und bevollmächtigt die Fa. T., in seinem Namen alle Handwerker zu beauftragen, die zur Fertigstellung des Bauwerkes gemäß dieses Vertrages erforderlich sind.”

Die T. GmbH beauftragte die Klägerin im Namen der Beklagten mit der Lieferung und Verlegung von Fliesen. Für diese und andere Arbeiten hat die Klägerin nach erfolgloser Inanspruchnahme der T. GmbH Werklohn von 31.302,68 DM von den Beklagten verlangt. Das Landgericht hat die Beklagten zur Zahlung von 27.000 DM für die Fliesenverlegearbeiten verurteilt und im übrigen die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten durch Versäumnisurteil zurückgewiesen. Die Beklagten haben nach Einspruch Widerklage auf Zahlung von 33.001 DM für den Fall erhoben, daß die Berufung zurückgewiesen werde. Zur Begründung haben sie ausgeführt, für den Fall, daß die Klägerin Ansprüche gegen die Beklagten aus dem Vertrag über die Fliesenverlegearbeiten habe, bestünde wegen weiterer Leistungen und Zahlungen ein Abrechnungsverhältnis, aus dem ein Teilbetrag von 33.001 DM zurückverlangt werde. Das Berufungsgericht hat das Versäumnisurteil aufrechterhalten und die Widerklage abgewiesen. Dagegen wendet sich die Revision der Beklagten.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur vollständigen Abweisung der Klage.

Das maßgebliche Recht richtet sich nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Gesetzen (Art. 229 § 5 Satz 1 EGBGB, § 26 Nr. 7 EGZPO).

I.

Das Berufungsgericht vertritt die Auffassung, die im Vertrag zwischen den Beklagten und der T. GmbH erteilte Vollmacht sei wirksam. Bei diesem Vertrag handele es sich um einen Baubetreuungsvertrag im engeren Sinne. Dieser sei gerichtet auf die schlüsselfertige Herstellung, Lieferung und Errichtung eines Hauses. Nach der Bau- und Leistungsbeschreibung zum Vertrag sei die T. GmbH verpflichtet, die Architekturleistungen und die Statik zu erbringen, den Bauantrag zu stellen, die Bauleitung durchzuführen sowie die Bodenplatte zu erstellen. Zudem ergebe sich aus dem Vertrag selbst die Verpflichtung zur Herstellung, Lieferung und Errichtung des Hauses, wobei die Leistungsbestandteile wiederum in der Bau- und Leistungsbeschreibung nach einzelnen Gewerken aufgeschlüsselt worden seien.

Bei einem Baubetreuungsvertrag sei die Wirksamkeit einer Vollmachtsklausel, wie sie hier erteilt worden sei, anerkannt. Der Werklohn sei fällig. Die Klägerin habe prüffähig abgerechnet.

Die Widerklage sei unzulässig. Die Klägerin habe nicht eingewilligt. Sachdienlich sei die Widerklage nicht, weil sie nicht entscheidungsreif sei und deshalb der gesamte Rechtsstreit verzögert würde. Ein Teilurteil sei nicht möglich. Im übrigen sei die Widerklage unbegründet. Es sei nicht ersichtlich, daß zwischen den Parteien noch etwas abzurechnen wäre. Daß noch weitere Aufträge erteilt worden wären, die noch abzurechnen seien, hätten die Beklagten nicht dargetan.

II.

Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

A. Zur Klage

Die Klage ist auch insoweit unbegründet, als die Klägerin noch Werklohn in Höhe von 27.000 DM nebst Zinsen verlangt.

1. Die Klägerin hat keinen vertraglichen Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung des Werklohns. Ein Vertrag zwischen der Klägerin und den Beklagten ist nicht zustande gekommen. Die Beauftragung der Klägerin durch die T. GmbH war unwirksam. Die T. GmbH hatte keine Vollmacht, die Beklagten zu vertreten. Die Zusatzvereinbarung in dem Vertrag mit der T. GmbH, nach der eine Vollmacht für die Beauftragung der Handwerker im Namen der Beklagten erteilt wird, ist unwirksam.

a) Zu Unrecht hält das Berufungsgericht die Klausel über die Zusatzvereinbarung für wirksam, weil die Beklagten und die T. GmbH einen Baubetreuungsvertrag geschlossen hätten und in einem Baubetreuungsvertrag gegen eine derartige Bevollmächtigung keine Bedenken bestünden.

Die T. GmbH und die Beklagten haben keinen Baubetreuungsvertrag, sondern einen Generalübernehmervertrag über die Errichtung eines Hauses geschlossen.

Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen und den in Bezug genommenen Unterlagen haben die Parteien einen Werkvertrag über die schlüsselfertige Errichtung eines Hauses vereinbart. Die T. GmbH hat ein Angebot über das schlüsselfertige Erstellen des Objektes der Beklagten „Eisdiele und Kleinwohnung” zum Festpreis von 365.638 DM abgegeben. Dieses Angebot lag dem Werkvertrag über die Herstellung, Lieferung und Errichtung eines ÖKOTON-Massivhauses zu einem Gesamtpreis von 365.000 DM zugrunde. In ihrer Bau- und Leistungsbeschreibung sichert die T. GmbH zu, das Haus bauen zu können. Die Bau- und Leistungsbeschreibung weist die geschuldeten Leistungen für die schlüsselfertige Herstellung im einzelnen aus. Die T. GmbH übernahm nicht nur die Architekturleistung, die Statik, den Bauantrag, die Bauleitung und die Erstellung der Bodenplatte, sondern auch den Roh- und Ausbau nach Maßgabe der Punkte I. bis III. der Leistungsbeschreibung. Die T. GmbH verpflichtete sich danach nicht nur zu Betreuungsleistungen, sondern als Generalübernehmerin zu allen Leistungen, die für die schlüsselfertige Herstellung des Hauses erforderlich waren.

b) Die in der Zusatzvereinbarung enthaltene Klausel ist gemäß § 3 AGBG unwirksam.

aa) Diese Klausel ist ihrem ersten Anschein nach eine von der T. GmbH gestellte Allgemeine Geschäftsbedingung (vgl. BGH, Urteil vom 14. Mai 1992 – VII ZR 204/90, BGHZ 118, 229, 238). Die Klägerin hat sich dagegen nicht gewandt.

bb) Nach § 3 AGBG werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, daß der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Bestandteil des Vertrages. Die Ungewöhnlichkeit einer Klausel bestimmt sich nach den Umständen des Vertragsabschlusses, dem Gesamtbild des Vertrages sowie den Erwartungen, die der redliche Verkehr typischerweise an den Vertragsinhalt knüpft. Eine Klausel wird nicht Vertragsbestandteil, wenn sie von diesen Erwartungen deutlich abweicht und der Vertragspartner mit ihr den Umständen nach vernünftigerweise nicht zu rechnen braucht (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1999 – IX ZR 36/98, NJW 2000, 1179, 1181; Urteil vom 14. Oktober 2000 – XII ZR 44/98, NJW-RR 2001, 439, 440).

bb) Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, die Klausel sei unbedenklich. Hierbei orientiert es sich an den Entscheidungen des Senats (Urteile vom 18.11.1976 – VII ZR 150/75, BGHZ 67, 334 = BauR 1977, 58 = NJW 1977, 294 und vom 17.1.1980 – VII ZR 42/78, BauR 1980, 262 = NJW 1980, 992). Diesen Entscheidungen lagen Sachverhalte zugrunde, nach denen die Parteien ausschließlich Betreuungspflichten und keine Bauerrichtungsverpflichtungen vereinbart hatten. Der Vertragspartner eines Generalübernehmers, mit dem er einen Vertrag über die schlüsselfertige Errichtung eines Hauses zu einem Festpreis geschlossen hat, hat Anspruch auf die Herstellung des Hauses zum vereinbarten, an den Generalübernehmer zu entrichtenden Werklohn. Typischerweise läßt der Generalübernehmer Leistungen durch Nachunternehmer erbringen, die er in eigenem Namen beauftragt. Der Auftraggeber muß vernünftigerweise nicht damit rechnen, daß der Generalübernehmer sich eine Vollmacht erteilen läßt, nach der er die von ihm geschuldete Leistung im Namen seines Auftraggebers vergibt. Eine derartige Vergabe würde eine zusätzliche Verpflichtung des Auftraggebers schaffen, dem beauftragten Handwerker den Werklohn für diejenigen Leistungen zu zahlen, die der Generalübernehmer als eigene Leistungen übernommen hat und für die der Auftraggeber den Werklohn bereits schuldet. Diese zusätzliche Verpflichtung widerspricht eklatant dem Wesen des Generalübernehmervertrages, nach dessen Inhalt der Auftraggeber sich nur einem Vertragspartner gegenübersieht und keinem zusätzlichen Preisrisiko ausgesetzt sein will (vgl. OLG Nürnberg, NJW 1982, 2326).

2. Die Klägerin hat auch keine Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherung. Eine Leistung der Klägerin lag nicht im Interesse der Beklagten und entsprach nicht deren mutmaßlichen Willen. Denn sie hatten ein Vertragsverhältnis mit der T. GmbH, das auch die Fliesenverlegearbeiten zum Gegenstand hatte. Ein Bereicherungsanspruch scheidet schon deshalb aus, weil sich die Leistung der Klägerin nach dem für die Beurteilung maßgeblichen Horizont der Beklagten als vertragliche Leistung der T. GmbH darstellt. Für sie war die Klägerin eine Subunternehmerin der T. GmbH.

B. Zur Widerklage

Die Abweisung der Widerklage hat keinen Bestand, weil diese unter Behauptung eines wirklichen Eventualverhältnisses in zulässiger Weise nur für den Fall erhoben worden ist, daß die Berufung zurückgewiesen wird (vgl. BGH, Urteil vom 30. Mai 1956 – IV ZR 30/56, BGHZ 21, 13, 14). Eine Entscheidung des Senats über die Widerklage ist nach Abweisung der Klage nicht mehr veranlaßt.

III.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91, 344 ZPO.

 

Unterschriften

Ullmann, Hausmann, Kuffer, Kniffka, Bauner

 

Fundstellen

Haufe-Index 772131

DB 2002, 2716

NJW 2002, 3704

BGHR 2002, 974

BGHR

BauR 2002, 1446

BauR 2002, 1544

NJW-RR 2002, 1312

EWiR 2002, 1025

IBR 2002, 462

Nachschlagewerk BGH

WM 2003, 36

ZAP 2002, 975

ZIP 2002, 2090

ZfIR 2003, 20

MDR 2002, 1116

NJ 2002, 652

ZfBR 2002, 782

NZBau 2002, 561

JbBauR 2003, 290

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