Entscheidungsstichwort (Thema)
Erfordernis einer konkretisierenden Regelung zur Einordnung als zuschlagspflichtige besondere Erschwernis für die Observationstätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Der beim Bundesland Berlin beschäftigte Arbeitnehmer hat keinen Anspruch auf die Erschwerniszulage, da er kein Beamter ist und die traifvertraglichen sowie gesetzlichen Grundlagen keinen solchen Anspruch vorsehen. 2. Weder § 19 TV-L noch § 22 EZulV oder der allgemeine arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz begründen einen entsprechenden Anspruch.
Normenkette
TV-L § 19 Abs. 5 S. 1, 2
Verfahrensgang
ArbG Berlin (Entscheidung vom 26.03.2024; Aktenzeichen 22 Ca 8930/23) |
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 26. März2024 - 22 Ca 8930/23 - einschließlich der Klageerweiterung wird kostenpflichtig zurückgewiesen unter Klarstellung des Tenors der Entscheidung wie folgt.
Der Klageantrag zu 2 wird insoweit als unzulässig verworfen, als er die Feststellung einer Verpflichtung zur Zahlung des Erschwerniszuschlags für den Zeitraum von Dezember 2022 bis Oktober 2024 zum Gegenstand hat. Im Übrigen wird die Klage als unbegründet abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Soweit die Klage als unbegründet zurückgewiesen worden ist, wird für die Klägerin die Revision zugelassen. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung einer Erschwerniszulage.
Die Klägerin ist bei dem beklagten Land beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 19. Oktober 2018 ist die Anwendbarkeit des Tarifwerks für den öffentlichen Dienst der Länder (Tarifvertrag der Länder und begleitende Tarifverträge) vereinbart.
Das beklagte Land setzt die Klägerin seit Dezember 2022 in einer Observationsgruppe des Nachrichtendienstes ein. Die Gruppe besteht aus Arbeitnehmern und Beamten, die inhaltsgleiche Tätigkeiten verrichten.
Nach § 22 Erschwerniszulagenverordnung (EZulV) des beklagten Landes in der seit dem 1. Dezember 2022 geltenden Fassung (Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin, 2023, S. 12ff) erhalten Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamte eine Zulage, wenn sie für besondere polizeiliche Einsätze in bestimmten Einheiten verwendet werden. Bei Einsatz in einer Observationsgruppe beim Nachrichtendienst beträgt die Zulage monatlich 388,00 Euro.
In der Begründung zur Erstreckung der Zulage auf Tätigkeiten in einer Observationsgruppe (Drucksache Abgeordnetenhaus Berlin 19/0857 vom 1. Februar 2023, Seite 13) heißt es, es ergäbe sich ein "Anpassungsbedarf aus dem Gebot der Gleichbehandlung für gleichartige Tätigkeiten analog zu den Observationseinheiten bei der Polizei ...; sie sind gleichermaßen durch bedarfsorientierte, kurzfristig wechselnde Dienstzeiten und fehlende Planbarkeit der Dienstantritte belastet. Zudem sind die eingesetzten Dienstkräfte der Observation im Verfassungsschutz einer abstrakten aber stets latenten Gefahr ausgesetzt. Im Fall einer Entdeckung und in der Folge eventueller Angriffe durch gewaltorientierte Extremisten, Terroristen oder Spionage fremder Nachrichtendienste besteht eine Gefährdung der persönlichen körperlichen Unversehrtheit (Gefahr für Leib und Leben)."
Mit Schreiben vom 22. März 2023 forderte die Klägerin das beklagte Land auf, ihr rückwirkend ab dem 1. Dezember 2022 eine Erschwerniszulage in Höhe von 388,00 Euro monatlich zu zahlen.
Mit Klage zum Arbeitsgericht hat die Klägerin zuletzt die Zahlung der Erschwerniszulage für die Monate Dezember 2022 bis Februar 2024 und die Feststellung einer entsprechenden Zahlungspflicht gerichtlich geltend gemacht. Zur Begründung hat sie auf § 22 EZulV iVm. mit Gleichbehandlungsgrundsätzen und dem unionsrechtlichen Verbot der Diskriminierung von befristet Beschäftigten und außerdem auf § 19 Tarifvertrag der Länder (TVL), hilfsweise § 33 Absatz 1c Bundesangestelltentarifvertrag (BAT) abgestellt.
Sie hat vor dem Arbeitsgericht die Auffassung vertreten, das beklagte Land müsse zur Vermeidung einer durch die Befristungsrichtlinie der Europäischen Union verbotenen Ungleichbehandlung im Verhältnis zu den unbefristet beschäftigten Beamten die befristet Beschäftigten in die Gewährung der Zulage einbeziehen. Es könne grundsätzlich nicht auf den Status des Beamten abgestellt werden, vielmehr sei der uniongrundrechtliche Gleichheitssatz zur Anwendung zu bringen. Eine Pflicht zur Gleichbehandlung folge auch aus Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz. Aus der Begründung der Zulage folge, dass das beamtenrechtliche Alimentationsprinzip nicht betroffen sei. Strukturunterschiede zwischen den Beamten und den Tarifbeschäftigten könnten daher die Ungleichbehandlung nicht rechtfertigen. Es könne auch analog wie bei den Feuerwehrleuten verfahren werden, wo das beklagte Land nachträglich den Tarifbeschäftigten eine bereits zuvor an die verbeamteten Mitarbeiter ausgereichte Zulage gewährt habe.
Die Klägerin hat beantragt,
- das beklagte Land zu verurteilen, an sie 5.820,00 Euro brutto nebst ...