Silvana Eva Ott, Geschäftsführerin Eike Becker Architekten

Bilderserie 08.03.2016 Smart City – das sagt die Branche
Silvana Eva Ott, Geschäftsführerin Eike Becker Architekten
  • Bild 2 von 5

Welche Chancen und Risiken verknüpfen Sie mit einer Smart City?

„Smart Cities“– oft wird der Begriff zu technologielastig interpretiert; zu stark wird auf reine Informationsvernetzung gesetzt. Smart City verstehe ich vielmehr als von Zukunftsthemen unter Einbeziehung aller städtischer Bereiche des Lebens. Dazu gehört eine soziale Utopie, die Nachbarschaften neu denkt, die sich nicht damit begnügt, Häuser, Straßen und Plätze zu bauen, sondern die Gesellschaft baut, indem sie Menschen zusammenbringt. Stadt besteht dann nicht mehr aus festgefügten Infrastrukturen, sondern aus vielen vitalen Mikrozellen, die sich selbstständig organisieren. Reale Nachbarschaften spielen eine entscheidende Rolle. Ressourcen wie Energie oder Mobilität werden völlig anders genutzt. Smart Cities dürfen nicht von Inselstrategen gedacht werden, sondern müssen interdisziplinär vorangetrieben werden. Denn Innovationen entstehen leider auch nur außerhalb der eigenen Komfortzone…

 

Wie setzt sich Ihr Unternehmen konkret damit auseinander?

Neben zentralen Themen wie Nachhaltigkeit, Demographie und Mobilität stellt sich für uns im Büro immer häufiger die Aufgabe, wie Menschen zusammenkommen, wie wir Menschen auch in der Stadt zusammenbringen. Derzeit beschäftigen wir uns z.B. mit zwei Konversionsprojekten, ehemaligen Bürohochhäuser, die zu Wohnzwecken umgenutzt werden und die uns faszinieren. In den oberen Etagen sind möblierte Miniapartments vorgesehen, im großen Sockel planen wir einen zeitgenössischen Marktplatz mit eingestellten Räumen wie Bibliothek, Kino, Concierge, Kaminzimmer, Küche für gemeinsames Kochen, ein Restaurant, Arbeitsräume und ein Waschsalon. Gemeinsam bilden sie einen Raum des Übergangs zwischen dem Privaten und dem Öffentlichen – einen Ort, der der ganzen Nachbarschaft gehört und in dem ganz unterschiedliche Menschen zusammenkommen. Die Projekte bieten uns die große Chance, unsere Vorstellungen von gemeinschaftlichem Leben in der Stadt umzusetzen.

 

Die Stadt in 20 Jahren - wie sieht sie aus?

Das Energiethema werden wir vermutlich weit verändert haben. Auch Mobilität wird vollkommen anders aussehen, auf Fußgänger und Fahrradfahrer wird größeres Gewicht gelegt werden. Die Gesellschaft wird differenzierter und integrativer sein. Teilen und Mieten gewinnen weiterhin an Bedeutung. Über zwei Drittel der Europäer leben derzeit in Städten. Zukünftig werden weiterhin weltweit Millionen Menschen in Städte einwandern, Verdichtung und Wachstum bleiben große Themen. Somit wird weiterhin mehr in die Höhe gebaut werden, zugleich werden Freiflächen für Regeneration und Teilhabe an Bedeutung gewinnen. Wohnraum selbst gilt es künftig noch effizienter zu nutzen. Dabei braucht die Nähe zu hochmoderner Technik und Fortschritt auch die Idee des „Dorfes“ in der großen Stadt: Nachbarschaften werden zu Mikroeinheiten, die sich untereinander intensiver verbinden.

 

Dieser Text ist im Fachmagazin "Immobilienwirtschaft", Ausgabe 03/2016, erschienen.