Tenor

1.

Auf die Erinnerung der Gläubigerin vom 9.1.2017 wird Obergerichtsvollzieher … angewiesen, die am 6.1.2017 eingestellte Zwangsvollstreckung aus dem Räumungsauftrag vom 9.11.2016 unter Aktenzeichen DR II-…/16 fortzusetzen.

2.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

 

Gründe

I.

Die gem. § 766 Abs. 2 ZPO zulässige Erinnerung ist begründet.

1.

Die Gläubigerin macht geltend, OGV … habe am 6.1.2017 die Durchführung der Räumungsvollstreckung gegen die Schuldnerin zu Unrecht verweigert.

Mit dem am 14.11.2016 bei der Gerichtsvollzieherstelle des Amtsgerichts Mitte eingegangenen Vollstreckungsauftrag vom 9.11.2016 beantragte die Gläubigerin die Durchführung der Zwangsvollstreckung gegen die Schuldnerin durch Herausgabe der in … bezeichneten Fläche auf der Grundlage des rechtskräftigen Räumungsurteils des Landgerichts Berlin vom 25.10.2016, 29 O 312/16. Hinsichtlich der Einzelheiten des Urteils wird auf Bl. 49–51 d. A. Bezug genommen.

Nachdem wegen Nichteinhaltung der Drei-Wochen-Räumungsfrist der zunächst für den 9.12.2016 angesetzte Räumungstermin nach Eintreffen vor Ort abgebrochen wurde, stellte OGV … die Benachrichtigung für die auf den 6.1.2017, 12.00 Uhr, terminierte Besitzeinweisung der Schuldnerin mit Postzustellurkunde am 12.12.2016 zu. Am 5.1.2017 wurden im Geschäftslokal noch unter Verwendung des Firmenstempels der Schuldnerin und auf deren Namen Quittungen an Käufer ausgestellt. Die Ladenausstattung und -einrichtung war seit Mai 2016 weitgehend identisch. Am 5.1.2017 gegen 19.30 Uhr wurden im Geschäftslokal die großen Werbeschilder mit der Bezeichnung der Schuldnerin entfernt und kurz darauf mit der Bezeichnung … ersetzt.

Am 6.1.2017 stellte Herr OGV … vor Ort die Räumungsvollstreckung mit der Begründung ein, dass sich … als Geschäftsführer der …, unter Vorlage eines auf den 26.8.2016 zwischen der … und der Schuldnerin datierten Untermietvertrages auf Drittgewahrsam berufen habe und sämtliche bei einem ersten abgebrochenen Räumungstermin gegen die Schuldnerin am 6.12.2016 noch auf die Bezeichnung der Schuldnerin ausgestellte Webe- und Sales-Plakate, am 6.1.2017 den Namen der … getragen hätten. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Räumungsprotokoll vom 6.1.2017 Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich die Gläubigerin mit ihrer Erinnerung vom 9.1.2017 und dem Antrag, den Gerichtsvollzieher anzuweisen, die ihm beauftragte Räumungsvollstreckung (DR II …/16) unverzüglich vorzunehmen.

OGV … hat der Erinnerung nicht abgeholfen und in seiner am 13.1.2017 eingegangenen Stellungnahme vom 12.1.2017 ausgeführt, dass der Räumungstermin wegen des durch Herrn … vorgelegten Untermietvertrag vom 26.8.2016 und wegen der augenscheinlichen Beschriftung im Geschäft mit dem Namen der … und des Nichtantreffens von Angestellten der Schuldnerin wegen Drittgewahrsams habe eingestellt werden müssen.

Die Sachakte von OGV … DR II …/16 wurde beigezogen.

2.

Die Erinnerung der Gläubigerin ist begründet, denn OGV … hat die Räumungsvollstreckung zu Unrecht mit der Begründung verweigert, die … habe Gewahrsam an den zu räumenden Geschäftsräumen erlangt.

OGV … ist im Grundsatz darin beizupflichten, dass gem. § 750 Abs. 1 S. 1 ZPO die Zwangsvollstreckung nur dann beginnen darf, wenn die Personen, gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil oder in der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sind. Geht der Titel auf die Räumung einer unbeweglichen Sache, hat der Gerichtsvollzieher nach § 885 Abs. 1 ZPO den Schuldner aus dem Besitz zu setzen und den Gläubiger in den Besitz einzuweisen. Ein Organ der Zwangsvollstreckung kann gegen weitere Personen deshalb nur dann räumenderweise vorgehen, wenn auch gegen sie ein Titel vorliegt. Der Bundesgerichtshof hat ausdrücklich entschieden, dass die Räumungsvollstreckung gegen einen weder im Titel, noch in der Klausel bezeichneten im Besitz der Mietsache befindlichen Dritten auch dann nicht betrieben werden darf, wenn der Verdacht besteht, dass dem Dritten der Besitz nur eingeräumt worden ist, um die Zwangsvollstreckung zu vereiteln. Die Bestimmung des § 750 Abs. 1 S. 1 ZPO sichert nicht nur die Einhaltung einer Formalität, sondern gewährleistet, dass staatlicher Zwang nur zur Durchsetzung eines urkundlich bereits ausgewiesenen Anspruchs gegen die in dem Titel oder der Klausel genannte Person ausgeübt wird. Für Billigkeitserwägungen sei daher kein Raum (vgl. BGH, Beschluss vom 14.8.2008 – I ZB 39/08, BeckRS 2008, 20487; KG GE 1993, 1329; LG Berlin, Beschluss vom 19.1.2012 – 51 T 733/11, BeckRS 2012, 07179).

Das gilt jedoch nur dann, wenn der Dritte auch tatsächlich im Besitz der Mietsache ist. Deshalb hat der Gerichtsvollzieher bei der Durchführung der Zwangsvollstreckung nicht auf das behauptete Recht zum Besitz, sondern allein auf die tatsächlichen Besitzverhältnisse abzustellen. Besitz bedeutet die tatsächliche Sachherrschaft über die Räume getragen von einem Besitzwillen (LG Berlin, Beschluss vom 19.1.2012 – 51 T 733/11; Palandt-Bassan...

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