Tenor

1. Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Schöneberg vom 1. Juli 2020 zur Geschäftsnummer: 6 C 93/20 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits und der Nebenintervention zu tragen, mit Ausnahme der durch die Säumnis der Beklagten entstandenen Kosten, die die Beklagte zu tragen hat.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beitreibbaren Betrages abwenden, wenn nicht die andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages leistet.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Mieterin der 2 1/2 – Zimmerwohnung im 2. Obergeschoss links des Hauses W. Straße, … B., und begehrt Rückzahlung von unter Vorbehalt gezahlter Miete von ihrer Vermieterin, der Beklagten. Das Wohnzimmer mit Balkon und das Schlafzimmer der Wohnung liegen zum gärtnerisch angelegten Hof. Die Bruttowarmmiete betrug zuletzt 555,17 EUR.

Auf dem Nachbargrundstück O. Damm … befanden sich der Stellplatz eines Autohändlers und ein Gebäude, in dem vor Jahre eine Diskothek betrieben wurde. Im Frühjahr 2019 begann die Nebenintervenientin auf diesem Nachbargrundstück umfangreiche Bauarbeiten zur Errichtung einer Wohnungseigentumsanlage mit einem 4-stöckigen Wohnhaus mit Tiefgarage und Kinderspielplatz durchzuführen. Die Baustelle grenzte unmittelbar an den gärtnerisch angelegten Hof des Grundstücks W. Straße ….

Ende Mai 2019 bat die Klägerin die Beklagte um eine Mietminderung für die Dauer der Baumaßnahmen, weil diese mit massiven Lärmbelästigungen und hohem Staub- und Schmutzaufkommen verbunden seien. Die Beklagte bat um Geduld, da man sich mit der Nebenintervenientin in Verhandlungen über die Höhe von Mietminderungen befinde.

Eine Nachfrage der Klägerin Mitte Oktober blieb ohne Antwort. Darin zeigte die Klägerin an, dass die Lärmbelästigungen unerträglich seien und morgens ab 7.00 Uhr bis zum späten Abend Bauarbeiten stattfänden. Sie bat dringend um Klärung der Mietminderung ab Mai. Im November 2019 erinnerte die Klägerin an die Erledigung ihrer Schreiben. Die Beklagte mahnte einen Rückstand von 38,00 EUR an. Eine weitere Reaktion der Beklagten blieb aus.

Die Klägerin forderte die Beklagte über den Mieterverein mit Schreiben vom 6.12.2019 auf, eine Mietminderung von 25 % ab Mai 2019 bis zum 30.12.2019 anzuerkennen.

Nach erfolglosem Fristablauf forderte die Klägerin die Rückzahlung von monatlich 138,79 EUR für Mai 2019 bis einschließlich Januar 2020 unter Fristsetzung zum 5.2.2020. Eine Minderung bis zur Beseitigung der Bauarbeiten behielt sie sich vor.

Die Klägerin behauptet, täglich komme es zu Geräuschen durch Hämmern, Bohren, Sägen, lauten Zurufen und Unterhaltungen der Bauarbeiter. Von Montag bis Freitag werde von 7:00 Uhr bis 18.00 Uhr, teilweise bis 20.00 Uhr gearbeitet und an Sonnabenden von 7:00 Uhr bis 13:00 Uhr bzw. 14:00 Uhr. Bis April 2020 hätten die Arbeiten angehalten. Baustrahler leuchteten bei Dunkelheit in ihre Wohnung. Die Klägerin beruft sich auf eine stichwortartige Aufstellung für Dezember 2019, die sie angefertigt hat und wegen deren Einzelheiten auf Bl. 26 d.A. verwiesen wird.

Durch Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren vom 1. Juli 2020 ist die Beklagte verurteilt worden, an die Klägerin 1.665,48 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.249,11 EUR seit dem 6. Februar 2020 und aus weiteren 416,37 EUR seit dem 10. Juni 2020 zu zahlen. Gegen das am 6./8. Juli 2020 zugestellte Versäumnisurteil hat die Beklagte eingehend bei Gericht am 14. Juli 2020 Einspruch eingelegt.

Die Klägerin beantragt,

das Versäumnisurteil vom 1.7.2020 aufrechtzuerhalten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage unter Aufhebung des Versäumnisurteils abzuweisen.

Die Nebenintervenientin beantragt,

die Klage unter Aufhebung des Versäumnisurteils abzuweisen

Die Beklagte behauptet, es seien nur typische Lärm- und Schmutzimmissionen gewesen, deren Intensität nicht unüblich gewesen sei und keinen Mangel der Mietsache darstellten. Sie habe keine Ausgleichsansprüche gegen die Nebenintervenientin.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen ergänzend Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Der form- und fristgerecht eingelegte Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil hat in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des Versäumnisurteils. Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin steht gegen die Beklagte wegen der Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück kein Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Mieten aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zu.

Die Miete für die Wohnung der Beklagten war wegen der Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück nicht gemäß § 536 Abs. 1 BGB gemindert. Ein zur Minderung berechtigender Mangel der Mietsache ist gegeben, wenn der tatsächliche Zustand der Mietsache von dem vertraglich vereinbarten Zustand nachteilig abweicht und die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch dadurch...

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