Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnfläche. Abweichung. Hausflur. Verjährung
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Hausflur kann nach den Umständen des Einzelfalls dann zur Wohnfläche zählen, wenn der Mieter den Flur über das gewöhnliche Maß hinaus nutzt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn dort in größerem Umfang Möbel abgestellt werden.
2. Rückforderungsansprüche aufgrund einer relevanten Wohnflächenabweichung unterliegen der Regelverjährung. Für den Beginn der Verjährungsfrist genügt es, dass dem Mieter die konkreten Längen, Breiten und Höhen der von ihm bewohnten Räume in tatsächlicher Hinsicht bekannt sind. Dies wird in der Regel kurz nach Einzug des Mieters der Fall sein.
Normenkette
BGB §§ 536, 812 Abs. 1, §§ 195, 199
Tenor
Klage und Widerklage werden abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger zu 1/10 und der Beklagte zu 9/10.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleitung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Erstattung der Heiz- und Nebenkosten aus der Nebenkostenabrechnung vom 17.06.2008 für den Abrechnungszeitraum 2007 in Anspruch. Der Beklagte verlangt widerklagend (1) Rückzahlung zuviel bezahlter Miete wegen erheblicher Wohnflächenabweichung und (2) Feststellung der Höhe des geschuldeten Mietzinses.
Der Kläger vermietete dem Beklagten mit Mietvertrag vom 26.11.1996 beginnend mit dem 01.12.1996 eine Wohnung im Objekt S ## in ####1 C. Der Mietvertrag weist eine Wohnfläche von 43 m2 auf und eine Miete von monatlich 600,00 DM, davon für Wohnräume 500,00 DM und Betriebskosten von zur Zeit 100,00 DM. Wegen der Einzelheiten wird auf den Mietvertrag, Bl. 31 ff. d. A. verwiesen. Der aktuelle Bruttomietzins beläuft sich auf 306,78 €.
Mit Schreiben vom 17.06.2008 erteilte der Kläger dem Beklagten die Abrechnung der Heiz- und Nebenkosten für das Jahr 2007. Unter Berücksichtigung der von dem Beklagten geleisteten Vorauszahlungen in Höhe von insgesamt 613,56 €, was einer monatlichen Vorauszahlung von 51,13 € entspricht, endete die Abrechnung mit einer Nachforderung zugunsten des Klägers in Höhe von 885,25 €.
Eine vom Beklagten ohne Beteiligung des Klägers in Auftrag gegebene Wohnflächenberechnung vom 10.01.2011 kommt zu dem Ergebnis, dass die Wohnung des Beklagten eine im Vergleich zu der Angabe des Mietvertrages um 19% niedrigere Wohnfläche von 34,84 m2 aufweise (vgl. Bl. 43 d. A.).
Der Kläger behauptet, die Abrechnung sei fristgerecht erstellt worden und dem Beklagten am 17./18.06.2008 beziehungsweise in korrigierter Fassung am 05./06.09.2008 zugegangen.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 885,25 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.10.2008 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen sowie widerklagend,
den Kläger zu verurteilen, an ihn 6.994,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung zu zahlen und
festzustellen, dass er nicht verpflichtet ist, eine höhere Bruttomiete als 248,50 € für die von ihm gemietete Wohnung zu zahlen.
Der Kläger beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, vereinbart sei eine Bruttomiete von 600,00 DM, jedenfalls ergebe sich dies aus konkludenter Abänderung des Mietvertrages, weil der Kläger 12 Jahre lang nicht über die Nebenkosten abgerechnet habe. Hierfür spreche auch die Vermieterbescheinigung des Klägers zu seinem Wohngeldantrag vom 30.01.2003 (vgl. Bl. 42 d. A.).
Darüber hinaus ist er der Ansicht, die Nebenkostenabrechnung werde formellen Wirksamkeitskriterien nicht gerecht, denn die unterschiedlichen Quadratmeterangaben zwischen den Nebenkosten und den Heizkosten seien unverständlich. Personenschlüssel und Wohnflächen seien insgesamt falsch angegeben. Hierzu behauptet der Beklagte, die von ihm innegehaltene Wohnung weise nur eine um 19% zu geringe Wohnfläche von 34,84 m2 auf. Hieraus errechne sich für den Zeitraum 2001 bis 2010 eine Überzahlung von 120 x 58,29 €, insgesamt 6.994,80 €. Von der Wohnflächenabweichung habe er erst nach Vermessung im Januar 2011 Kenntnis erlangt.
Der Kläger behauptet, die Wohnfläche entspreche der vertraglichen Vereinbarung. Dem Beklagten seien die gegebenen Örtlichkeiten bei Vertragsschluss bekannt gewesen. Die von dem Beklagten in Bezug genommene Wohnflächenberechnung sei nicht nachvollziehbar, eine eigene Überprüfung oder Vermessung habe der Beklagte verweigert. Jedenfalls hinsichtlich der Heizkosten sei der Einwand des Beklagten unerheblich, denn diese seien nach einer Fläche von 33m2 abgerechnet worden. Der Kläger erhebt die Einrede der Verjährung.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Wohnfläche sowie durch Zeugenvernehmung bezüglich der Nutzung des Flures. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme sowie der weitere...