rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindertagespflege. Eigentumswohnung
Leitsatz (amtlich)
Bei der gebotenen typisierenden Betrachtung führt eine Kindertagespflege mit lediglich zwei bis drei Tagespflegekindern nicht zu größeren Beeinträchtigungen der Miteigentümer.
Normenkette
WEG § 14 Nr. 1, § 15 Abs. 3; BGB § 1004 Abs. 1
Tenor
Der in der Eigentümerversammlung der WEG F-C-Str. …, …, J-Straße …-…, J1-Straße …, …, … in C vom 14.06.2017 unter TOP 7a) gefasste Beschluss (Widerruf Erlaubnis zur Kindertagespflege und Aufforderung zur Betriebseinstellung) wird für ungültig erklärt.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger und die Beklagten bilden die WEG F-C-Str. …, …, J-Straße …-…, J1-Straße …, …, … in C. Der Kläger ist Eigentümer der Wohnung Nr. 28 mit einem Miteigentumsanteil von 36/1.000 verbunden mit dem Sondereigentum an der im 1. Obergeschoss rechts des Hauses „J-Straße …” gelegenen Wohnung nebst einem Kellerraum (Nr. K 28) und einem Abstellraum im Dachgeschoss (Nr. D 28). Die WEG besteht aus einzelnen Häusern (Untergemeinschaften). In dem Haus, in dem sich die Wohnung des Klägers befindet, sind insgesamt vier Wohnungen vorhanden, je Etage zwei. Die Wohnung der Miteigentümerin Frau T liegt unter der Wohnung des Klägers.
Die Lebensgefährtin des Klägers, Frau N T1, betreibt in der Wohnung des Klägers seit dem 01.09.2013 eine Kindertagespflege.
Die Teilungserklärung der WEG vom 05.12.2003 sieht unter § 5 (Umfang und Art der Nutzung) unter Ziff. 3 folgende Regelung vor:
„Die Wohnung darf zur Ausübung eines Gewerbes oder Berufes nur genutzt werden, wenn mit der Nutzung keine größere Beeinträchtigung der Miteigentümer verbunden sind. Eine solche Nutzung bedarf der Zustimmung des Verwalters.”
In der Eigentümerversammlung vom 25.04.2013 informierte der Kläger die Eigentümer über die Durchführung einer Tagesbetreuung von ca. drei Kindern im Alter zwischen einem und drei Jahren in seiner Wohnung. Den Eigentümern entstünden keine zusätzliche Haftungspflicht und keine Kosten. Bei Bedenken oder berechtigten Einwänden sollten sich die Eigentümer an die Hausverwaltung wenden. Ein Antrag wurde nicht gestellt. Wegen der Einzelheiten wird auf TOP 12 des Versammlungsprotokolls (Anlage K5; Bl. 64 RS d.A.) Bezug genommen.
Nachdem die Stadt C1 mit Schreiben vom 24.04.2013 (Anlage K6, Bl. 65 d.A.) der Lebensgefährtin des Klägers zunächst die Betreuung von zwei bis drei Kindern in einer Tagespflegestelle in der Wohnung des Klägers genehmigt hatte, genehmigte sie mit Schreiben vom 07.12.2015 (Anlage K7, Bl. 66 d.A.) die Betreuung von zwei bis vier Kindern, wobei die Erlaubnis jeweils bis zum 23.04.2018 befristet wurde.
Mit Schreiben vom 22.07.2013 erteilte die damalige Verwalterin der WEG dem Kläger im Namen der WEG auf Grundlage von TOP 12 der Eigentümerversammlung vom 25.04.2013 widerruflich die Erlaubnis zur Kindertagespflege in seiner Wohnung für Frau N T1 auf der Grundlage der Erlaubnis der Stadt C1 vom 24.04.2013. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben (Anlage K8, Bl. 67 d.A.) Bezug genommen.
In dem Protokoll der Eigentümerversammlung vom 30.06.2016 wird unter TOP 21 „Verschiedenes” (Anlage K9, Bl. 68 RS d.A.) festgehalten, die Miteigentümer beklagten sich über enorme von der Kindertagespflege ausgehende Lärmbelästigungen, und die Verwaltung wurde gebeten, eventuell bestehende Genehmigungen zu überprüfen.
Mit Schreiben vom 19.10.2016 widerrief die neue Hausverwaltung gegenüber dem Kläger die Genehmigung der vorherigen Verwaltung vom 22.07.2013 und führte aus, die Miteigentümer, insbesondere Frau T, fühlten sich durch erhöhten Publikumsverkehr und Lärmbelästigung enorm gestört. Daneben wurde erklärt, eine Aufforderung durch Unterlassen mit Schreiben vom 09.09.2016 bleibe bestehen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben (Anlage K 11, Bl. 70 d.A.) Bezug genommen.
Mit Schreiben vom 14.11.2016 hob die neue Hausverwaltung die Aufforderung zur Unterlassung der Kindertagespflege wieder auf unter Hinweis darauf, die Eigentümerversammlung werde auf der nächsten Eigentümerversammlung hierüber beschließen. Auch wurde die Genehmigung der Kindertagespflege wieder erteilt, allerdings nur befristet bis zur ordentlichen Eigentümerversammlung 2017. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Schreiben (Anlage K 12, Bl. 71 d.A.) Bezug genommen.
Auf der ordentlichen Eigentümerversammlung vom 14.06.2017 wurde sodann unter TOP 7a) folgender Beschluss gefasst:
„Die Eigentümergemeinschaft widerruft die durch die Verwaltung E mit Datum vom 22.07.2013 erteilte Erlaubnis zur Kindertagespflege in der Wohnung 28. Die Eigentümergemeinschaft fordert Herrn X, als Eigentümer der WE 28, und Frau T1, als Betreiberin der Kindertagespflege, auf, den Betrieb der Kindertagespflege bis spätestens 31.07.2017 einzustellen.”
Unter Top 7b) wurde der Beschluss abgelehnt...