Tenor

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 75,52 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit dem 27.10.2004 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Von einer Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a ZPO abgesehen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 75,52 EUR gemäß §§ 7, 17 StVG, 3 Pflichtversicherungsgesetz.

Die Beklagte ist verpflichtet, das restliche Anwaltshonorar in Höhe von 75,52 EUR auszugleichen.

Zu Recht hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Rahmen der Abwicklung eines Unfallgeschehens eine 1,3 Geschäftsgebühr gemäß §§ 13, 14 RVG, Nr. 2400 VV RVG seiner Abrechnung zugrunde gelegt. Die von der Beklagten vorgenommene Kürzung ist zu Unrecht erfolgt.

Dies ergibt sich einerseits aus der gerichtsbekannten Auffassung der Rechtsanwaltskammer beim OLG Hamm. In einem anderen gleich gelagerten Verfahren wurde gerichtlicherseits bereits ein Gutachten der Rechtsanwaltskammer eingeholt. In jenem Verfahren hat die Rechtsanwaltskammer beim OLG Hamm eindeutig festgestellt, dass in Fällen der hier gelagerten Art eine 1,3 Geschäftsgebühr, wie vom Kläger in Ansatz gebracht, zu Recht in Ansatz gebracht wurde.

In vorliegendem Fall ist die weitere Einholung eines Gutachtens der Rechtsanwaltskammer nicht erforderlich. Die Vorschrift des § 14 Abs. 2 RVG gilt ausschließlich für Rechtsstreite zwischen dem Rechtsanwalt und dem Auftraggeber, nicht jedoch bei dem Erstattungsprozess gegenüber einem Haftpflichtversicherer (Schneider, ZfS 2004, 396).

Die vom Amtsgericht Herne am 23.12.2004 vertretene Rechtsauffassung teilt das erkennende Gericht nicht. Der neue § 14 RVG zeigt gerade nicht, dass der Gesetzgeber alle alten Gebührentatbestände des § 118 Abs. 1 BRAGO, und sei es aus Vereinfachungsgründen, abdecken wollte. Vielmehr hat der Gesetzgeber eine völlig neue Gebührenordnung für Rechtsanwälte geschaffen. Das RVG beinhaltet eine völlig neue Gebührenstruktur: Gebührenminderungen in einzelnen Teilbereichen (zum Beispiel durch den Wegfall der Besprechungs- und Beweisgebühr) werden durch Gebührenerhöhungen in anderen Bereichen kompensiert. Das RVG ist als Gesamtregelwerk zu verstehen, das nach dem Willen des Gesetzgebers die Rechtsanwaltsgebühren anheben wollte, und zwar nicht durch eine lineare Anpassung. Aus diesem Grunde verbietet sich eine isolierte Betrachtungsweise einer einzelnen Regelung, die den Gesamtcharakter des Regelwerks außer Acht lässt (AG Landstuhl, NJW 2005, Seite 161). Inzwischen entspricht es auch der ganz herrschenden Meinung, dass die Mittelgebühr für Nr. 2400 VV 1,5 beträgt (Madert, die Mittelgebühr nach Nr. 2400 VV, ZfS 2004, 301; Gerold/Schmidt/v. Eicken, Madert/Müller-Rabe/RVG 16. Auflage, Randnr. 95 zu VV 2400; Schneider, ZfS 2400, 396; Hartung, NJW 2400, 1409, 1414; Otto, NJW 2004, 1420; Rietmeier, DAR 2004, 262, Henke, Anwaltsblatt 2004, 363). Die von der Beklagten und dem Amtsgericht Herne vertretene Mindermeinung entspricht nicht dem Willen des Gesetzgebers. Dies ergibt sich bereits aus den Materialien des Gesetzgebungsverfahrens. Der Gesetzgeber wollte mit der einheitlichen Geschäftsgebühr gerade die Förderung der außergerichtlichen Unfallschadenregulierung ohne Rücksicht auf die Kosten eines Telefonats erreichen, daher ergibt sich, dass die Mittelgebühr nach RVG nicht den Wert unterschreiten kann, der nach der BRAGO der Summe von Geschäftsgebühr und Besprechungsgebühr entspricht. Bei der Abwicklung eines üblichen Verkehrsunfalls handelt es sich daher grundsätzlich um eine durchschnittliche Angelegenheit, so hat es auch die Rechtsanwaltskammer des OLG Hamm gesehen, bei der der Mittelwert zugrunde gelegt werden kann. Wenn jedoch Umfang und Schwierigkeit der Sache nur von durchschnittlicher Natur sind, so wie es nach dem Beklagtenvortrag vorliegend der Fall war, so hat es nach dem so formulierten Willen des Gesetzgebers bei der Regelgebühr von 1,3 zu verbleiben, wie es auch von dem Prozessbevollmächtigten des Klägers geltend gemacht worden war. Selbst wenn keine Besprechung mit der Beklagten stattgefunden hat, so wird die Geschäftsgebühr mit der ersten Tätigkeit des Anwalts ausgelöst, in der Regel mit der Entgegennahme der Information. Es entspricht sodann dem Wesen jeder Unfallabwicklung, dass der Rechtsanwalt im Vorfeld der Bezifferung des Schadens vielfältige Tätigkeiten erbringt. In der Regel ist die Haftpflichtversicherung des Schädigers zu ermitteln, es sind mit dem Geschädigten die Vielzahl der möglichen Schadenspositionen mit jeweiligen Besonderheiten zu besprechen und zu klären. Zudem ist der Rechtsanwalt gehalten, Hinweise auf Verpflichtungen der Geschädigten zur Schadensminderung in verschiedenen Bereichen zu erteilen. Danach erst erfolgt die Bezifferung des Schadens der jeweiligen Haftpflichtversicherung gegenüber mit entsprechendem Schriftwechsel bis zur endgültigen Schadensregulierung. Die G...

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