Tenor
Der Beschluß der Wohnungseigentümergemeinschaft vom 17.7.2003 wird zu TOP 4 für ungültig erklärt, soweit damit der Verwalterin Entlastung erteilt wurde. Weiter wird der Beschluß zu TOP 7 für ungültig erklärt.
Im übrigen wird der Anfechtungsantrag zurückgewiesen.
Die Verfahrenskosten werden den Wohnungseigentümern nach ihren Miteigentumsanteilen auferlegt. Im übrigen findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Gründe
Der Antragsteller und die Antragsgegner bilden die WEG M in L, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.
Unter dem 4.4.2000 faßten die Wohnungseigentümer mehrheitlich unter dem Tagesordnungspunkt (TOP) „Sonstiges” folgenden Beschluß (vgl. Bl. 24 GA):
„Die anwesenden Eigentümer beschließen einstimmig, daß ab sofort jede Eigentümerversammlung beschlußfähig ist, wenn die einwöchige Einladungsfrist eingehalten wurde, dies ohne Rücksicht auf anwesende oder durch Vollmacht vertretene Miteigentumsanteile.”
Zu der Eigentümerversammlung vom 17.7.2003 wurde unter dem 4.7.2003 eingeladen (vgl. Bl. 15 GA).
Die Einladung erfolgte dabei unter anderem an Herrn T als Zwangsverwalter für die Wohnung, welche im Eigentum von Herrn S stand. Termin zur Zwangsversteigerung stand dabei am 9.7.2003 an. Durch Einsichtnahme in das Grundbuch wurde festgestellt, daß Herr C am 16.7.2003 durch Zuschlag Eigentümer des zunächst Herrn S zustehenden Miteigentumsanteils (verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung Nr. 20) wurde.
Auf der Eigentümerversammlung waren nach der Zählung der Verwaltung zunächst 2.619, später 3.397/10.000stel Miteigentumsanteile (MEA) anwesend bzw. vertreten.
Der Antragsteller ficht alle auf der Eigentümerversammlung gefaßten Beschlüsse an und trägt dazu im wesentlichen vor, daß die Versammlung nicht beschlußfähig gewesen sei. Weiter meint er, daß die Anfechtung deshalb begründet sei, weil möglicherweise ein Nichtwohnungseigentümer (bzgl. der Wohnung S)eingeladen worden sei.
Er beantragt,
alle auf der Eigentümerversammlung vom 17.7.2003 gefaßten Beschlüsse für unwirksam zu erklären.
Die Antragsgegner beantragen,
den Antrag zurückzuweisen.
Der Antrag ist nur zum Teil begründet.
Die Beschlüsse sind nicht schon deshalb samt und sonders aufzuheben, weil die Eigentümerversammlung beschlußunfähig gewesen wäre.
Gemäß § 25 Abs. 3 WEG kommt es für die Beschlußfähigkeit einer Eigentümerversammlung grundsätzlich darauf an, ob die erschienenen Wohnungseigentümer mehr als die Hälfte der MEA vertreten. Gemessen daran wäre nicht von einer Beschlußfähigkeit auszugehen.
Allerdings ist in der Rechtsprechung und der Literatur unstrittig, daß die Vorschrift des § 25 Abs. 3 WEG nicht zwingend ist. Durch eine Vereinbarung, die insbesondere in der Teilungserklärung (bzw. Gemeinschaftsordnung) enthalten sein kann, kann eine von § 25 Abs. 3 WEG abweichende Regelung getroffen werden. Unstrittig kann die Regelung des § 25 Abs. 3 WEG weiter auch durch einen Beschluß abgeändert werden, wenn eine entsprechende Beschlußkompetenz gegeben ist.
Umstritten ist alleine, ob ein solcher Mehrheitsbeschluß auch dann wirksam gefaßt werden kann, wenn die Teilungserklärung – wie hier – keine Öffnungsklausel enthält. Nach Auffassung des BGH soll ein solcher Beschluß sodann nichtig sein (vgl. Beschluß vom 20.9.2000, ZMR 2000, 771; ebenso Merle, in: Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 25 Rz. 88 m.w. Nachw.).
Diese Auffassung des BGH wird von dem hier zur Entscheidung berufenen Gericht nach wie vor für unzutreffend gehalten (vgl. Beschluß vom 18.7.2002 – 15 II 18/02 = NZM 2002, 989 = NJW-RR 2003, 6 = ZMR 2003, 73). An diesen Ausführungen wird festgehalten. Zur Vermeidung von Wiederholungen und zur Unterrichtung der Beteiligten über die Rechtsauffassung des Gerichts wird diesem Beschluß eine geschwärzte Abschrift des Beschlusses vom 18.7.2002 in Kopie beigefügt.
Alleine aus dem Fehlen einer sog. „Öffnungsklausel” kann daher nicht geschlossen werden, daß der Beschluß vom 4.4.2000 (zur Beschlußfähigkeit der Gemeinschaft) als nichtig anzusehen wäre.
Weiter ist der Beschluß nicht deshalb nichtig, weil er entgegen § 23 Abs. 2 WEG nicht zureichend angekündigt und er sodann unter „Sonstiges” behandelt und gefaßt wurde. Ein solcher Mangel führt nur zur Anfechtbarkeit, nicht aber zur Nichtigkeit eines Beschlusses (vgl. nur Merle, in: Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 23 Rz. 88 m.w. Nachw.).
Auch inhaltlich stellt der Beschluß keinen so gravierenden Verstoß gegen die Rechtsordnung dar, als daß seine Nichtigkeit angenommen werden müßte. Dazu ist bereits darauf hingewiesen worden, daß die Regelung in § 25 Abs. 3 WEG abdingbar ist. Insbesondere können die Wohnungseigentümer vereinbaren, daß jede Eigentümerversammlung als beschlußfähig angesehen werden soll (vgl. Merle, in: Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 25 Rz. 84 m.w. Nachw.).
Als Zwischenergebnis ist somit aber festzuhalten, daß der Beschluß der Gemeinschaft, der am 4.4.2000 unter „Sonstiges” gefaßt wurde, nicht als nichtig anzusehen ist. Da er unstreitig nicht angefochten und nicht für unwirksam erklärt wurde,...