Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an eine Bejahung des Rechtsschutzinteresses eines Neugläubigers bzgl. der Stellung eines Insolvenzantrags bei bereits eröffnetem Insolvenzverfahren. Kriterien für die Abweisung eines Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse im Zweitinsolvenzverfahren
Normenkette
InsO §§ 14, 35 Abs. 2, §§ 129, 295 Abs. 2
Tenor
Der am 12.12.2009 eingegangene Antrag des Gläubigers auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners wird mangels Masse abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Schuldner.
Tatbestand
I.
Mit einem am 19.7.2007 bei Gericht eingegangen Schreiben stellte der Schuldner Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen. Gleichzeitig beantragte er die Erteilung der Restschuldbefreiung. Nachdem das Gericht durch Beschluss vom 12.12.2007 dem Schuldner die Verfahrenskosten gestundet hatte, eröffnete es durch Beschluss vom 23.1.2008 das Insolvenzverfahren über dessen Vermögen. Mit Schreiben vom 26.2.2008 erklärte der Insolvenzverwalter gegenüber dem Schuldner, dass Vermögen aus der von ihm ausgeübten selbständigen Tätigkeit nicht zur Insolvenzmasse gehöre und keine Ansprüche aus dieser Tätigkeit in diesem Insolvenzverfahren geltend gemacht werden könnten.
Mit Schreiben vom 9.12.2009 stellte das Finanzamt Bergheim, dass in dem eröffneten Insolvenzverfahren – 71 IN 360/07 – bereits am 23.8.2007 einen Insolvenzeröffnungsantrag gestellt hatte, erneut Insolvenzantrag gegen den Schuldner wegen Steuerverbindlichkeiten in Höhe von 5.060,00 Euro. Hierbei handelt es sich um Umsatzsteuerforderungen für die Zeit von Februar 2008 bis Mai 2009. Der Antragsteller vertritt die Auffassung, dass ein weiteres Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners zulässig sei,
In seinem Bericht vom 7.4.2010 in dem Verfahren 71 IN 360/07 –, welches das Gericht zu Beweiszwecken beigezogen hat, wies der Insolvenzverwalter darauf hin, dass der Schuldner weiterhin eine Trinkhalle in gemieteten Räumlichkeiten betreibe. Der Schuldner habe ihm, dem Insolvenzverwalter, gegenüber angekündigt, dass er zur Erfüllung seiner Verpflichtung nach § 295 Abs. 2 InsO Zahlungen in Höhe von 50,00 Euro monatlich an die Insolvenzmasse zu leisten beabsichtige. In der Zeit von Mai 2008 bis Januar 2009 habe der Schuldner insgesamt 450,00 Euro in 9 Monatsraten von 50,00 Euro aus seinen Einkünften an die Insolvenzmasse gezahlt. Seit diesem Zeitpunkt habe der Schuldner keine Zahlungen mehr geleistet. Eine kostendeckende Verwertung von Vermögensgegenständen sei nicht möglich.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist zulässig.
1.
Die Voraussetzungen des § 14 InsO liegen vor. Bei dem Insolvenzantrag des Finanzamtes handelt es sich um den Antrag eines Neugläubigers. Denn die geltend gemachten Verbindlichkeiten sind erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit dem Aktenzeichen 71 IN 360/07 begründet worden. Der Antragsteller hat seine Forderung durch Überreichung der Rückstandsaufstellungen und der entsprechenden Steuerbescheide glaubhaft gemacht.
Darüber hinaus hat er auch der Eröffnungsgrund der Zahlungsunfähigkeit durch Überreichung der Niederschrift des Vollziehungsbeamten vom 10.3.2009 glaubhaft gemacht.
Schließlich ist auch das Rechtsschutzinteresse für den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist zu bejahen. Die Frage, ob nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens Gläubiger ein rechtliches Interesse daran haben, bei noch nicht abgeschlossenem Verfahren einen weiteren Insolvenzantrag zu stellen, ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten. Das AG Dresden (ZVI 2009, 289) vertritt die Auffassung, auch erneute Anträge von Neugläubigern seien wegen fehlenden Rechtsschutzinteresses unzulässig. Es stehe von Anfang fest, dass für ein weiteres Verfahren keine Masse vorhanden sein werde. Nichts anderes gelte für den Fall der Freigabe nach § 35 Abs. 2 InsO. Aus einer Fortführung des Geschäftsbetriebs durch den Schuldner könne nicht geschlossen werden, dass der Schuldner nunmehr Gewinne erziele, die für ein weiteres Insolvenzverfahren zur Verfügung stünden. Auch Pape (NZI 2007, 481, 482) hält die Eröffnung eines Zweitinsolvenzverfahrens für unzulässig. Demgegenüber vertreten das AG Trier (BeckRS 2009, 27666), das AG Göttingen (NZI 2008, 313, 314) sowie das AG Hamburg (ZInsO 2008, 680, 681), Holzer ZVI 2007, 289, 292 ff., Zipperer ZVI 2007, 541, 542 und Schmerbach ZInsO 2009, 2078, 2086; ders. Verbraucherinsolvenz aktuell 2010, 27, 28 die Auffassung, nach Freigabe des Betriebs gemäß § 35 Abs. 2 InsO sei der Antrag eines Neugläubigers zulässig. Denn Neugläubiger hätten Zugriff auf ein freigegebenes und deshalb insolvenzfreies Vermögen. Der Antrag des Neugläubigers setze nicht voraus, dass dieser freies Vermögen etwa in Folge der Freigabe des Geschäftsbetriebs darlege.
Das erkennende Gericht schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Die Eröffnung des Zweitinsolvenzverfahrens ist eine der Konsequenzen, die sich aus der in § 35 Abs. 2...