Entscheidungsstichwort (Thema)
Amtsgericht ist für die Eröffnung eines grenzüberschreitenden Nachlassinsolvenzverfahrens unzuständig und hat das Verfahren an das zuständige Gericht zu verweisen. Zuständiges Gericht für die Eröffnung eines grenzüberschreitenden Nachlassinsolvenzverfahrens. International zuständiges Gericht des Mitgliedsstaats für die Eröffmung des Hauptinsolvenzverfahrens
Normenkette
EuInsVO
Tenor
Das Amtsgericht Köln erklärt sich für örtlch unzuständig und verweist das Verfaren auf Antrag der Nachlasspflegerin
an das örtlich zuständige Amtsgericht Traunstein (§§ 2, 3, 4 InsO, § 281 ZPO), weil sich der Mittelpunkt der selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit des Erblassers in Obing befunden hat.
Tatbestand
I.
Mit Beschluss des AG Leverkusen vom 15.7.2010 – 9 VI 114/10 – wurde die Antragstellerin zur Nachlasspflegerin über den Nachlass des am 28.1.2010 in Bozen/Italien verstorbenen G.-E. C. bestellt. Mit Schriftsatz vom 23.9.2010 beantragte die Nachlasspflegerin die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über den Nachlass des Verstorbenen, weil dieser zahlungsunfähig und „aller Voraussicht nach ” überschuldet sei. Auf die Beanstandung des Gerichts gemäß Schreiben vom 29.9.2010 trug sie mit Schriftsatz vom 4.10.2010 vor, der Schwerpunkt der Vermietungstätigkeit des Schuldners habe in Leverkusen gelegen. Diesen Sachvortrag ergänzte bzw. änderte sie mit weiterem Schriftsatz vom 29.102.2010 dahin, dass der Schuldner Vermögen in L. und P. besessen habe. Seine Wohnung in Bozen sei zwischenzeitlich geräumt. Neben seiner Wohnung in Bozen habe der Verstorbene eine Wohnung in P. besessen. Dort habe er sich ebenso wie in Bozen regelmäßig aufgehalten. Über das Konto des Erblassers bei der Hypovereinsbank in Wasserburg seien verschiedene Zahlungen, unter anderem an das Finanzamt Traunstein, getätigt worden. Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 29.10.2010 „angeregt”, das Verfahren an das örtlich zuständige Amtsgericht Traunstein abzugeben.
Entscheidungsgründe
II.
Das Amtsgericht Köln ist örtlich unzuständig. Das Verfahren war antragsgemäß an das örtlich zuständige Amtsgericht Traunstein zu verweisen, weil der Erblasser den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen i.S.d. Art. 3 Abs. 1 EuInsVO in P. hatte.
Auf den vorliegenden Fall findet die vorgenannte Bestimmung Anwendung. Es handelt sich um eine grenzüberschreitende Insolvenz, weil der Schuldner seinen Wohnsitz u.a. in Bozen/Italien hatte und über Vermögenswerte in Deutschland verfügte. Art. 3 EuInsVO findet auch auf Nachlassinsolvenzverfahren Anwendung (vgl. HK/Marotzke, 5. Aufl., § 315 Rdn. 8 mw.N.; offengelassen von BGH ZInsO 2010, 348). Zwar erwähnt die EuInsVO das Nachlassinsolvenzverfahren nicht. Berücksichtigt man indes, dass die Verordnung, vorbehaltlich der in Art. 1 Abs. 2 EuInsVO normierten Ausnahmen, Geltung für „Gesamtverfahren, welche die Insolvenz des Schuldners voraussetzen und den teilweisen oder vollständigen Vermögenbeschlag gegen den Schuldner sowie die Bestellung eines Verwalters zur Folge haben”, beansprucht, bestehen keine Bedenken, auch Nachlassinsolvenzverfahren unter den Anwendungsbereich der EuInsVO zu fassen.
Nach Art. 3 Abs. 1 EuInsVO ist für die Eröffmung des Hauptinsolvenzverfahren international das Gericht des Mitgliedsstaats zuständig, in dem der Schuldner den Mittelpunkt seiner hauptsächlichen Interessen hat. Nach zutreffender überwiegender Ansicht ist für die Bestimmung des Mittelpunktes der hauptsächlichen Schuldnerinteressen einer natürlichen Person darauf abzustellen, ob der Schuldner einer selbständigen beruflichen Tätigkeit oder einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgeht. Den Akten 71 IN 347/10 ist zu entnehmen, dass der Erblasser bis zu seinem Tode Alleingesellschafter und Geschäftsführer der C. GmbH & Co. KG war. Gegenstand des Unternehmens dieser Gesellschaft ist die Verwaltung eigenen Vermögens. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs übt der geschäftsführende Mehrheitsgesellschafter einer GmbH auch dann eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Vorschriften über das Verbraucherinsolvenzverfahren aus, wenn die GmbH persönlich haftende Gesellschafterin einer GmbH & Co. KG ist (NZI 2009, 384-386). Auch wenn die vorgenannte Entscheidung zur Abgrenzung des Regel- vom verbraucherinsolvenzverfahrens ergangen ist, erscheint es sachgerecht, die dort angestellten Überlegungen zur selbständigen Tätigkeit einer natürlichen Person auf den hier in Rede stehenden Fall zu übertragen.
Für die Feststellung der internationalen Zuständigkeit i.S.d. Art. 3 Abs. 1 EuInsVO ist bei Selbständigen auf den Ort der beruflichen Tätigkeit abzustellen. Dies ist tatsächlich der Ort, wo sie ihre wirtschaftlichen Interessen verwalten, zu dem sie die engsten Beziehungen unterhalten, wo der Schwerpunkt des Vermögens belegen ist und der für Dritte am besten erkennbar ist (vgl. Carstens, Die internationale Zuständigkeit im europäischen Insolvenzrecht, S. 53). Die Antragstellerin hat hierzu vorgetragen, dass sich der Verstor...