Entscheidungsstichwort (Thema)
Kaufvertragsrecht
Tenor
I. Das Verfahren wird ausgesetzt.
II. Dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften wird folgende Frage zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts gemäß Art. 234 EG zur Vorabentscheidung vorgelegt:
Sind die Bestimmungen des Art. 6 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 2 der Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 zu bestimmten Aspekten des Verbraucherschutzes bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz dahin auszulegen, dass sie einer nationalen gesetzlichen Regelung entgegenstehen, die besagt, dass der Verkäufer im Falle des fristgerechten Widerrufes durch den Verbraucher Wertersatz für die Nutzung des gelieferten Verbrauchsgutes verlangen kann?
Tatbestand
I.
1. Bei der Klägerin handelt es sich um eine Verbraucherin. Die Beklagte ist eine Firma, die Versandhandel im Internet betreibt.
2. Aufgrund eines Internet-Angebotes der Beklagten erwarb die Klägerin am 02.12.2005 ein gebrauchtes Notebook Siemens S 4546. Der Kaufpreis betrug 278,00 Euro.
3. Die Beklagte stellte zum Zeitpunkt dieses Kaufes Allgemeine Geschäftsbedingungen in das Internet ein, in denen es unter anderem heißt: „(…)Sie sind an den geschlossenen Vertrag nicht mehr gebunden, wenn Sie die gelieferte Ware innerhalb einer Frist von 14 Tagen nach Erhalt der Ware auf Ihre Kosten und Gefahr zurücksenden. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Ware an und eine vorab Information an uns, die in schriftlicher Form erfolgen muss. Alle nichtangekündigten Rücksendungen werden von uns nicht angenommen. (…)
Schließlich möchten wir ausdrücklich darauf hinweisen, dass Sie Wertersatz für die durch bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme eingetretene Verschlechterung der bei uns bestellten Ware leisten müssen und wir dürfen Ihnen empfehlen, gewissenhaft Ihre Entscheidung zur Ingebrauchnahme der bei uns bestellten Waren zu treffen, wenn Sie unsicher sind, ob Sie die Ware behalten möchten. Sie haben sicherlich Verständnis dafür, dass eine schon benutzte Ware an andere Kunden nur mit Abschlag veräußert werden kann. In der Regel beträgt der Abzug hierfür 15% des Warenwertes. Eine Verpflichtung zum Wertersatz besteht nicht bei original verpackter Ware, die nicht in Gebrauch genommen wurde. Es bleibt Ihnen dennoch unbenommen, die bei uns erworbene Ware zu prüfen.”
4. Im August 2006 kam es zu einem Defekt des Displays des Computers. Die Klägerin teilte der Beklagten am 04.08.2006 den Defekt an dem Display mit. Diese lehnte eine kostenlose Beseitigung des Defektes ab. Am 07.11.2006 wurde durch die Klägerin der Widerruf des Kaufvertrages erklärt und das Notebook wurde dem Beklagten Zug um Zug gegen Rückzahlung des Kaufpreises angeboten.
5. Die Klägerin verlangt von der Beklagte die Zahlung von 278,00 Euro nebst Zinsen und außergerichtlichen Kosten sowie die Feststellung, dass sich die Beklagte mit der Zahlung in Annahmeverzug befinde.
6. Die Beklagte hat gegen die Klageforderung eingewandt, dass die Klägerin jedenfalls für ihre Nutzung des Notebooks für ca. 8 Monate Wertersatz zu leisten habe. Bei einem vergleichbaren Notebook liege der Mietpreis im Marktdurchschnitt bei 118,80 Euro für 3 Monate, so dass sich für die Nutzungszeit der Klägerin ein Wertersatz von 316,80 Euro ergebe, das dem geltend gemachten Zahlungsanspruch entgegen gehalten werden könne.
Entscheidungsgründe
II.
7. Die Entscheidung über den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung des geleisteten Betrages in Höhe von 278,00 Euro hängt von der Beantwortung der Frage ab, ob die Beklagte berechtigt ist, im Rahmen der Rückgewähr des Kaufpreises diesen um den Wertersatz der durch die Klägerin gezogenen Nutzungen des Verbrauchsgutes zu vermindern.
8. Der Widerruf der Klägerin erfolgte vor Ablauf der Widerrufsfrist, da der Klägerin keine wirksame Widerrufsbelehrung zugegangen ist.
Nach dem nationalen deutschen Recht beginnt die Widerrufsfrist gemäß § 312d Abs. 2 Satz 1 BGB nicht vor Erfüllung der Informationspflichten nach § 312c Abs. 2 BGB.
Gemäß § 312 c Abs. 2 BGB hat der Unternehmer dem Verbraucher die Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen sowie die in der Rechtsverordnung nach Artikel 240 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch bestimmten Informationen in dem dort bestimmten Umfang und der dort bestimmten Art und Weise in Textform mitzuteilen und zwar bei Waren spätestens bis zur Lieferung an den Verbraucher. Nach der Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 und 3 BGB-InfoV hat die Widerrufsbelehrung unter anderem folgende Angaben zu enthalten: „Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. Brief, Fax, E-Mail) oder durch Rücksendung der Sache widerrufen. Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs oder der Sache. (…) Im Falle eines wirksamen Widerrufes sind die beiderseits empfangenen Leistungen zurückzugewähren und ggf. gezogene Nu...