Entscheidungsstichwort (Thema)
Duldung
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluß
Der Streitwert wird auf DM 1.000,00 festgesetzt.
Gem. Anforderung vom 2.4.03
Tatbestand
I.
Die Klägerin verfolgt mit ihrer Klage einen Anspruch auf Gewährung des Zutritts zur Wohnung des Beklagten, um den dort vorhandenen Gaszähler sperren und den dort vorhandenen Stromzähler entfernen zu können. Die Klägerin trägt vor, daß der Beklagte mit Zahlungsverpflichtungen in Höhe von DM 3.477,30 in Rückstand sei; aufgrund ihrer wirksam vereinbarten allgemeinen Geschäftsbedingungen sei sie bei Nichterfüllung einer Zahlungsverpflichtung des Kunden trotz Mahnung berechtigt, die Versorgung zwei Wochen nach Androhung einzustellen. Die Voraussetzungen dafür lägen vor; der Beklagte verweigere jedoch den Zutritt zu seiner Wohnung und die Sperrung bzw. Entfernung der Zähler.
Die Klage ist unzulässig, weil das nach § 15 a EGZPO, Art. 1, 2 BaySchlG erforderliche vorherige außergerichtliche Schlichtungsverfahren nicht durchgeführt wurde. Nach § 15 a I Nr. 1 EGZPO, Art. 1 Nr. 1 BaySchlG kann im Verfahren vor den Amtsgerichten in vermögensrechtlichen Streitigkeiten über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von DM 1.500,00 nicht übersteigt, die Klage erst erhoben werden, wenn die Parteien einen Versuch unternommen haben, die Streitigkeit vor einer Schlichtungs- oder Güterstelle gütlich beizulegen.
Bei dem Anspruch, den die Klägerin mit ihrer Klage verfolgt, handelt es sich um eine vermögensrechtliche Streitigkeit. Vermögensrechtlich sind Streitigkeiten, bei denen der prozessuale Anspruch auf Geld oder geldwerte Gegenstände geht (Thomas-Putzo, ZPO, 20. Auflage, Einleitung IV, Rn 1) bzw. die in wesentlicher Weise der Wahrung wirtschaftlicher Belange dienen (Zöller, Gummer, ZPO, 22. Auflage, § 546, Rn 5). Wie sich aus der Gegenüberstellung „Geld oder Geldeswert” zeigt, erfassen § 15 a I Nr. 1 EGZPO, Art. 1 Nr. 1 BaySchlG nicht nur Klagen, die auf Zahlung eines bestimmten Geldbetrages gerichtet sind, sondern auch Klagen auf andere geldwerte Gegenstände. Das von der Klägerin verfolgte Betretungsrecht dient dem Zweck, eine weitere Entnahme von Strom und Gas durch den Beklagten aus dem Leitungsnetz der Klägerin zu verhindern und das Recht der Klägerin zur Leistungseinstellung durchzusetzen; das Betretungsrecht dient daher wirtschaftlichen Interessen. Ähnlich werden mietrechtliche Unterlassungsansprüche – zum Beispiel auf Unterlassung der Hundehaltung – als vermögensrechtliche Streitigkeiten angesehen (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 59. Auflage, Grundzüge, § 1, Rn 15 „Miete”) oder ein Anspruch auf Besichtigung eines Hauses durch einen Sachverständigen zur Schadensfeststellung, wenn er aus einem vermögensrechtlichen Rechtsverhältnis hergeleitet wird (BGH, NJW 82, 1765).
Auch die zweite Voraussetzung, daß beide Parteien ihren Wohnsitz bzw. Sitz im gleichen Landgerichtsbezirk haben (Art. 2 BaySchlG), liegt vor.
Das Fehlen des außergerichtlichen Schlichtungsversuches führt dazu, daß die Klage jedenfalls im Bereich des § 495 a ZPO ohne vorherige Zustellung als unzulässig abgewiesen werden kann. Denn der Zweck, der mit der Einführung des außergerichtlichen Schlichtungsversuchs verfolgt wird, besteht gerade in einer Entlastung der Gerichte: Die Gerichte sollen mit den betreffenden Verfahren erst dann befaßt werden, wenn der Einigungsversuch gescheitert ist. Dies würde im Widerspruch zu einer vorherigen Zustellung der Klage, mit der gerade das gerichtliche Verfahren in Gang gebracht würde, stehen, und entspricht auch dem Wortlaut von Art. 1 BaySchlG („Kann … eine Klage erst erhoben werden”). Im übrigen dürfte ein Schlichtungsversuch, nachdem bereits eine Klage zugestellt ist, nur noch wenig sinnvoll sein.
Entscheidungsgründe
II.
Kostenentscheidung: § 91 ZPO.
III.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.
Fundstellen