Tenor
1. Der in der Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft 0002 … vom 29.09.2020 getroffene Beschluss zu TOP 1 wird für ungültig erklärt.
2. Der in der Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft 0002 … vom 29.09.2020 getroffene Beschluss zu TOP 3 wird für ungültig erklärt.
3. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.
4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
5. Der Streitwert wird auf 26.214,20 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Wege einer Anfechtungsklage um die Gültigkeit von Beschlüssen aus der Eigentümerversammlung vom 29.09.2020.
Die Parteien bilden eine Wohnungseigentümergemeinschaft (im Folgenden WEG), welche von der Hausverwaltung AMS …, verwaltet wird. Dieser lud mit Schreiben vom 03.09.2020 zur Eigentümerversammlung am 29.09.2020.
Unter TOP 1 „Beschlussfassung über die Verwalterabrechnung 2019 und Entlastung der Verwaltung” des Versammlungsprotokolls heißt es: „Die versammelten Wohnungseigentümer beschlossen mit Stimmmenmehrheit, ohne Gegenstimmen, bei einer Enthaltung, die Verwaltungsabrechnung 2019 als Gesamt- und Einzelabrechnung und erteilen der Verwaltung Entlastung.”
Unter TOP 3 „Beschlussfassung über die Entlastung der Verwaltungsbeiräte” des Versammlungsprotokolls heißt es: „Die versammelten Wohnungseigentümer beschlossen mit Stimmenmehrheit, ohne Gegenstimmen, bei 5 Enthaltungen, die Entlastung des Verwaltungsbeirates.
Die Klägerin erhob hiergegen Anfechtungsklage, die am 26.10.2020 bei Gericht eingegangen ist. Am 28.10.2020 erging der (vorläufige) Streitwertbeschluss, aufgrund dessen mit Schreiben vom 30.10.2020 der Gerichtskostenvorschuss angefordert worden ist. Am 12.11.2020 ist der Gerichtskostenvorschuss bei Gericht eingegangen, woraufhin am 17.11.2020 das schriftliche Vorverfahren angeordnet worden ist. Die Klage ist den Beklagten am 21.11.2020 zugestellt worden.
Die Kläger sind der Ansicht, dass die Beschlüsse nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprächen. Die Abrechnung sei unschlüssig, da sie nicht Stand und Entwicklung der Bankkonten beinhalte, und auch rechnerisch nicht schlüssig sei. Zudem sei die Instandhaltungsrücklage fehlerhaft dargestellt. Daneben weise die Abrechnung auch inhaltliche Fehler auf, da Einnahmen und Abgänge fehlten.
Die Kläger beantragen,
den unter TOP 1 gefassten Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 29.09.2020 über die Verwalterabrechnung 2019 und Entlastung der Verwaltung für ungültig zu erklären,
den unter TOP 3 gefassten Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 29.09.2020 „Beschlussfassung über die Entlastung der Verwaltunsgbeiräte” für ungültig zu erklären,
die Kosten des Rechtsstreits dem Verwalter aufzuerlegen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten sind der Ansicht, dass wegen der WEG-Reform schon kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe. Überdies sei die Abrechnung rechnerisch schlüssig und nachvollziehbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 313 Abs.2 Satz 2 ZPO auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Es besteht insbesondere ein Rechtsschutzbedürfnis. Selbst wenn nach der Novellierung des Wohnungseigentumsrechts das Rechenwerk nicht mehr Gegenstand der Jahresrechnung ist, so haben die Wohnungseigentümer dennoch weiterhin einen Anspruch auf Erstellung einer mangelfreien Jahresrechnung gegenüber dem Verwalter.
Die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung der Wohnungseigentumsgemeinschaft vom 29.09.2020 zu TOP 1 über die Jahresabrechnung für das Jahr 2019 und die Entlastung der Verwaltung für das Jahr 2019 sowie zu TOP 3 über die Entlastung der Verwaltungsbeiräte für das Jahr 2019 sind für ungültig zu erklären, weil sie den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung gemäß § 21 Abs. 3 WEG widersprechen.
I.
Der Beschluss zu TOP 1 ist aufgrund erheblicher Mängel der Jahresabrechnung materiell rechtswidrig und daher insgesamt für ungültig zu erklären.
1.
Die erstellte Abrechnung für das Wirtschaftsjahr 2019 vom 05.05.2020 erfüllt nicht diejenigen Anforderungen, die an eine ordnungsgemäße Jahresabrechnung zu stellen sind.
Der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft hat gemäß § 28 Abs. 3 WEG a.F. (vgl. zur anzuwendenden Rechtslage auf Beschlüsse vor dem 1. Dezember 2020: Hügel/Elzer, Wohnungseigentumsgesetz, 3. Auflage 2021, § 48 Rn. 18 m.w.N.) nach Ablauf des Kalenderjahres eine Abrechnung aller tatsächlich in dem abzurechnenden Jahr erzielten Einnahmen und getätigten Ausgaben zu erstellen (vgl. zuletzt: BGH, Urteil vom 27.10.2017, Az. V ZR 189/16; sowie gleichbleibend für das neue Recht: Hügel/Elzer, aaO, § 28 Rn. 125 f.).
Die Abrechnung dient der Kontrolle des Verwalters und der Feststellung der Beitragspflicht der einzelnen Wohnungseigentümer (vgl. Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 14. Auflage 2018, § 28 Rn. 99 ff.). Der Inhalt der Jahresabrechnung ist in § 28 Ab...