Nachgehend

LG Düsseldorf (Urteil vom 19.09.2022; Aktenzeichen 25 S 1/22)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

 

Tatbestand

Die Beklagte war von 2014 bis zum 30.09.2020 Verwalterin der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft. Im Jahr 2018 focht ein Miteigentümer der Klägerin erfolgreich einen Beschluss der Klägerin vor dem Amtsgericht Wuppertal an. Die Anfechtungsklage hatte Erfolg, da die im hiesigen Verfahren Beklagte als Hausverwaltung für die Erneuerungen der Balkonbrüstungen nur ein Angebot statt dreien eingeholt hatte. Die Kosten des damaligen Prozesses wurden den damals beklagten übrigen Eigentümern der Wohnungseigentümergemeinschaft auferlegt. Die Prozesskosten setzten sich zusammen aus 1.056,00 EUR Gerichtskosten sowie Anwaltskosten von 3.678,96 EUR und 4.823,55 EUR.

In der Eigentümerversammlung vom 30.09.2020 fasste die Klägerin folgenden Beschluss:

„Es wird beschlossen, gegen die Vorverwalterin wegen eines verlorenen Rechtsstreits im Hinblick auf die Beschlussfassung vom 06.09.2018 zu TOP 7 a, Aktenzeichen 95b C 98/18 AG Wuppertal, Schadensersatzansprüche geltend zu machen.

Die der Gemeinschaft entstandenen Anwalts- und Gerichtskosten sollen außergerichtlich, und falls nicht gezahlt wird, gerichtlich geltend gemacht werden.

Mit der Wahrnehmung der Interessen der Gemeinschaft werden die Rechtsanwälte C beauftragt.”

Die Klägerin hat am 22.12.2020 Klage erhoben.

Sie ist der Auffassung, sie sei durch den Vergemeinschaftungsbeschluss vom 30.09.2020 berechtigt, Schadensersatzansprüche der Eigentümer gegen die Beklagte als Verband geltend zu machen. Der Vergemeinschaftungsbeschluss sei nach altem Recht wirksam gewesen und die Wirksamkeit wirke fort.

Sie beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 9567,51 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.12.2020 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert, da ein etwaig ursprünglich wirksamer Vergemeinschaftungsbeschluss jedenfalls mit Ablauf des 30.11.2020 seine Wirksamkeit analog § 134 BGB verloren habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien sowie die Sitzungsprotokolle vom 05.07.2021 und 12.11.2021 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet. Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Schadensersatz wegen der Prozesskosten des verlorenen Rechtsstreits vor dem Amtsgericht Wuppertal, Aktenzeichen 95b C 98/18, besteht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt.

Die Klägerin ist nicht aktivlegitimiert. Beklagte Partei und Kostenschuldner der Prozesskosten aus dem Vorprozess waren die „übrigen Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft L-Straße, Y”. Entsprechend dem Wohnungseigentumsgesetz vor der Reform aus dem Jahr 2020 waren die einzelnen Wohnungseigentümer Kostenschuldner. Somit lag der Schaden aus dem verlorenen Prozess bei ihnen. Etwaige Schadensersatzansprüche gegen die hiesige Beklagte diesbezüglich waren damit Individualansprüche der einzelnen Wohnungseigentümer. Der Klägerin selbst ist insoweit kein Schaden entstanden, da sie nicht Kostenschuldnerin war.

Etwaige Schadensersatzansprüche der Wohnungseigentümer sind weder auf die Klägerin übergegangen noch ist diese anderweitig befugt, diese geltend zu machen.

Eine gesetzliche Ausübungsbefugnis liegt nicht vor. Gemäß § 9 a Abs. 2 WEG übt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechte sowie solche Rechte der Wohnungseigentümer aus, die eine einheitliche Rechtsverfolgung erfordern. Die hier geltend gemachten Schadensersatzansprüche der einzelnen Wohnungseigentümer lassen sich nicht hierunter subsumieren. Anders als in dem von der Klägerseite zitierten Urteil des Bundesgerichtshofs vom 16.07.2021, Aktenzeichen V ZR 284/19, wo es um Unterlassung wegen Verstoßes gegen die Gemeinschaftsordnung geht, geht es hier um Schadensersatzansprüche wegen Prozesskosten. Die individuellen Schadensersatzansprüche der Wohnungseigentümer ergeben sich nicht unmittelbar aus dem gemeinschaftlichen Eigentum. Sie erfordern auch keine einheitliche Rechtsverfolgung, weil eine gemeinsame Empfangszuständigkeit der geschädigten Wohnungseigentümer nicht gegeben ist. Es handelt sich hierbei um individuelle Ansprüche, die jeder Wohnungseigentümer im Hinblick auf den ihm entstandenen Schaden grundsätzlich alleine und ohne Mitwirkung der anderen Wohnungseigentümer geltend machen kann (vgl. BGH, Urteil vom 08.02.2019, V ZR 153/18; juris Rdnr. 12).

Eine Ausübungsbefugnis der Gemeinschaft bezüglich der klageweise geltend gemachten Ansprüche lässt sich nicht aus dem Beschluss in der Eigentümerversammlung vom 30.09.2020 ableiten. Der Beschluss bildet keine Rechtsgrundlage für eine Klageerhebung erst nach Inkrafttreten der Gesetzesände...

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