1.1 Anfechtung wegen Irrtums
Nach § 119 BGB kann der Vermieter seine auf den Abschluss eines Mietvertrags gerichtete Willenserklärung anfechten, wenn er bei der Abgabe der Erklärung über deren Inhalt im Irrtum war.
Kein Anfechtungsgrund
- Die Blankounterzeichnung eines Mietvertrags berechtigt nicht zur Anfechtung.
- Gleiches gilt für die Unterzeichnung eines Vertrags, ohne ihn gelesen zu haben.
- Wird ein in deutscher Sprache abgefasster Mietvertrag von einem sprachunkundigen Mieter unterzeichnet, so liegt ebenfalls kein Anfechtungsgrund vor.
In diesen Fällen fehlt es am Irrtum.
Der Vermieter kann anfechten, wenn er sich über die Person des Mieters geirrt hat. Ein solcher Fall kann gegeben sein, wenn der Vermieter einen Mietvertrag mit einem ihm persönlich nicht bekannten Interessenten in der irrigen Annahme abschließt, es handle sich um einen bestimmten (z. B. von einem Wohnungsvermittler avisierten oder auf einer Warteliste vorgemerkten) Interessenten.
Gleiches gilt, wenn der Vermieter einen bestimmten Interessenten irrtümlich für zahlungsfähig hält, während dieser in Wirklichkeit die Miete nicht aufbringen kann.
Zur Anfechtung berechtigt ist auch der gesetzliche Vertreter einer Wohnungsgenossenschaft, der mit einem Interessenten einen Mietvertrag abgeschlossen hat, von dem er irrig glaubte, dass dieser Mitglied der Genossenschaft sei.
In jedem Fall muss der Vermieter aber eine bestimmte (irrige) Vorstellung von der Person des Mietinteressenten oder von einer Eigenschaft des Mietinteressenten haben. Wer dagegen einen Mietvertrag abschließt, ohne sich eine bestimmte Vorstellung über den Mietinteressenten zu machen, befindet sich nicht im Irrtum und ist deshalb auch nicht zur Anfechtung berechtigt.
Demgemäß kann der abschlussberechtigte Vertreter eines Wohnungsunternehmens nicht anfechten, wenn er einen Mietvertrag unterschreibt, obwohl er weiß, dass er den Vertragstext nicht kennt. Anders ist es, wenn der Unterzeichner eine bestimmte (irrige) Vorstellung vom Inhalt des Mietvertrags hat.
Kein Anfechtungsgrund
Fehler bei der Vertragsgestaltung sind i. d. R. rechtlich irrelevant. Deshalb kann der Vermieter nicht anfechten, wenn er beispielsweise den Mietpreis zu niedrig kalkuliert, einen Mietvertrag ohne Betriebskostenumlagevereinbarung abgeschlossen oder einen befristeten Mietvertrag ohne Mieterhöhungsvorbehalt unterzeichnet hat.
1.2 Anfechtung wegen Täuschung oder Drohung
Ist der Vermieter durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung zum Vertragsschluss bestimmt worden, so können die Anfechtungsvoraussetzungen nach § 123 Abs. 1 BGB vorliegen.
Täuschung über verkehrswesentliche Eigenschaften
Hiervon ist insbesondere dann auszugehen, wenn der Vermieter über verkehrswesentliche Eigenschaften des Mieters getäuscht worden ist.
Im Allgemeinen gilt der Grundsatz, dass jede Partei ihre Interessen selbst wahrzunehmen hat. Deshalb muss sich der Vermieter die für die Entscheidung über den Vertragsschluss notwendigen Informationen selbst beschaffen, etwa indem er vom Mietinteressenten entsprechende Auskünfte einholt.
Datenschutz bei Mieterselbstauskunft beachten
Wird der Mieter vom Vermieter aufgefordert, eine sog. Selbstauskunft zu erteilen, dann ist zunächst zu prüfen, ob die jeweiligen Fragen zulässigerweise gestellt werden dürfen. Hierbei sind die Vorschriften über den Datenschutz zu beachten.
Die rechtlichen Anforderungen an den Datenschutz richten sich seit dem 25.5.2018 nach der Verordnung (EU) 2016/679 (Datenschutz-Grundverordnung – DSGVO) und dem Bundesdatenschutzgesetz vom 30.6.2017 (BDSG-2018). Das Gesetz gilt u. a. auch für die Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen.
Personenbezogene Mieterdaten
Hierzu zählen auch die Daten von Mietern, die vom Vermieter im Rahmen einer Mieterselbstauskunft erhoben werden.
Nach Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO dürfen nur solche Daten erhoben werden, die für die vom Vermieter verfolgten Zwecke notwendig sind (Grundsatz der Datenminimierung). Daher bedarf die Datenerhebung und Verarbeitung eines besonderen Grundes.
Für die Mieterselbstauskunft kann dabei auf Art. 6 lit. b DSGVO zurückgegriffen werden. Danach dürfen solche Daten erhoben werden, die "zur Durchführung vorvertraglicher Maßnahmen erforderlich" sind. Maßgeblich ist insoweit, welche Informationen der Vermieter zur Entscheidung über den Vertragsschluss benötigt.
Fraglich ist, ob der Vermieter daneben oder stattdessen auf den Rechtfertigungsgrund der Einwilligung des Mieters zurückgreifen kann. Nach § 51 Abs. 2 und 4 BDSG-2018 ist die Einwilligung nur wirksam,
- wenn das Ersuchen um Einwilligung in verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache gestellt ist und
- wenn die Einwilligungserklärung auf der freien Entscheidung des Mieters beruht.
An die Freiwilligkeit werden hohe Anforderungen gestellt. Daran kann es insbesondere dann fehlen, wenn der Mietinteressent damit rechnen muss, dass er...