Haftung des Nachbarschaftshelfers
Der Mitarbeiter eines mit der Durchführung von Fassadenarbeiten beauftragten Unternehmens stieß bei der Durchführung der Arbeiten auf einem Metallgerüst stehend gegen das stromführende Gehäuse einer Außenlampe im Eingangsbereich des eingerüsteten Anwesens. Die Lampe war von einem Nachbarn unentgeltlich auf Bitte der im Haus wohnenden Vermieterin des Anwesens installiert worden. Infolge des Stromschlags erlitt der Mitarbeiter einen hypoxischen Hirnschaden. Er ist zu 100 % behindert und umfassend pflegebedürftig. Mit seiner Klage nahm er neben dem Auftraggeber der Fassadenarbeiten auch den Nachbarschaftshelfer auf Schmerzensgeld (mindestens 600.000 EUR und lebenslange monatliche Schmerzensgeldrente) und Schadensersatz in Anspruch.
Nach Ansicht des OLG Koblenz hat der Beklagte bei seinen Messungen nach der Montage der Lampe fahrlässig übersehen, dass die installierte Außenleuchte Strom führe, weil ein im Hausinneren eingeschlagener Nagel den Schutzleiter des Lampenkabels durchtrennt und eine stromführende Verbindung zum Lampengehäuse hergestellt habe. Er hafte, obwohl er um Hilfe gebeten worden sei und sich unentgeltlich zur Verfügung gestellt habe. Die rechtliche Erheblichkeit der Gefälligkeit ergebe sich aus den Umständen des Einzelfalls der gegenüber ihm vor der Inanspruchnahme geäußerten Wertschätzung als berufserfahrener Elektriker, vor allem aber aus der von einer – regelmäßig zu säubernden – Außenlampe bei fehlerhafter Elektroinstallation ausgehenden erheblichen Gefahr. Auch dürfe nicht außer Betracht bleiben, ob der Leistende für die Folgen eines Fehlers haftpflichtversichert sei. Die um Hilfe bittende Leistungsempfängerin habe hiernach auf einen Rechtsbindungswillen des leistenden Nachbarn schließen dürfen, der zur Haftung führe.
Diese erfasse nicht nur das Verhältnis zwischen dem Beklagten und der Leistungsempfängerin selbst, sondern auch in den Schutzbereich einzubeziehende Dritte, hier den Kläger. Zur Einbeziehung Dritter müssten im Hinblick auf die Unentgeltlichkeit der Gefälligkeit wegen der Vermehrung des Risikos für den Hilfe Leistenden grundsätzlich strenge Maßstäbe gelten. Sie seien im vorliegenden Fall aber erfüllt, da der Beklagte mit einer Einrüstung des Hauses für Fassaden- oder Dacharbeiten habe rechnen können. Für den Beklagten sei es auch erkennbar gewesen, dass die ihn um Hilfe bittende Vermieterin auf die Sicherheit aller Personen vertraute, die mit ihrem Wissen und Wollen mit der Lampe in Berührung kommen sollten.