Alexander C. Blankenstein
8.4.1 Feststellungsklage
Der Klage eines Wohnungseigentümers auf Feststellung, dass eine von ihm vorgenommene bauliche Veränderung keinen der Wohnungseigentümer beeinträchtige und daher ein Beseitigungsverlangen rechtsmissbräuchlich sei, fehlt grundsätzlich das Rechtsschutzbedürfnis, wenn der klagende Wohnungseigentümer nicht zuvor gemäß § 20 Abs. 1 WEG einen Beschluss herbeigeführt hat. Die Vorbefassung der Eigentümerversammlung mit der baulichen Veränderung ist auch dann nicht entbehrlich, wenn sie dem Kläger ausnahmsweise unzumutbar ist, weil etwa im Einzelfall eindeutig und ohne weitere Prüfung feststeht, dass keinerlei Nachteile mit ihr verbunden sind oder weil von vornherein sicher ist, dass die übrigen Eigentümer das Einverständnis verweigern. Stets ist eine Mehrheitsentscheidung herbeizuführen, da dem Wohnungseigentümer die Möglichkeit eröffnet ist, eine Beschlussersetzungsklage nach § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG zu erheben.
8.4.2 Streitwert/Rechtsmittelbeschwer
Klagt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf Beseitigung einer baulichen Veränderung, bemisst sich der Streitwert nach dem Wertverlust des Sondereigentums aller Teil- und Wohnungseigentümer mit Ausnahme des beklagten Wohnungseigentümers. Dieser Wert stellt auch die Rechtsmittelbeschwer dar, wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer erstinstanzlich unterlegen ist.
Die Rechtsmittelbeschwer des beklagten Wohnungseigentümers richtet sich nach den Kosten, die er aufzuwenden hat, um den vorherigen Zustand wiederherzustellen. Etwas anderes gilt aber dann, wenn das Interesse des beklagten Wohnungseigentümers am Erhalt des zu beseitigenden Bauwerks die Kosten einer Ersatzvornahme des Abrisses, die ihm im Fall des Unterliegens drohen, übersteigen. Dieses Interesse bestimmt sich grundsätzlich nach den für den Bau aufgewendeten Kosten.
8.4.3 Verjährung
Beseitigungsansprüche verjähren gemäß §§ 195, 199 Abs. 1 BGB regelmäßig innerhalb von 3 Jahren. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass in die Verjährungsfrist nicht die Zeit einzuberechnen ist, während der die bauliche Veränderung durch einen später für ungültig erklärten Beschluss der Wohnungseigentümer genehmigt war.
Hemmung der Verjährung
Ein Wohnungseigentümer baut im Juni 2024 einen Balkon an seine im ersten Obergeschoss gelegene Wohnung an. Im August 2024 wird der Balkonanbau durch Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer genehmigt. Auf entsprechende Anfechtungsklage des im Erdgeschoss unterhalb der Wohnung und durch den Balkonanbau aufgrund Verschattung unbillig beeinträchtigten Wohnungseigentümers wird dieser Beschluss im September 2026 rechtskräftig für ungültig erklärt. Der Zeitraum von August 2024 bis September 2026 wird in die Verjährungsfrist nicht einberechnet, da die bauliche Veränderung in diesem Zeitraum durch Beschluss genehmigt war. Zu berücksichtigen ist insoweit, dass ein Beschluss so lange gültig ist, bis er rechtskräftig für ungültig erklärt wird.
Ist ein Rückbauanspruch verjährt, kann der Eigentümer, der die ungenehmigte bauliche Veränderung vorgenommen hat, nicht mehr selbst und auf eigene Kosten zum Rückbau verpflichtet werden. Die Wohnungseigentümer können allerdings trotz Verjährung die Beseitigung der baulichen Veränderung auf Kosten aller Wohnungseigentümer beschließen, da diese rechtswidrig bleibt und von den übrigen Wohnungseigentümern nicht geduldet werden muss. Für den Anspruch auf Duldung der Störungsbeseitigung ist auch in 2-Personen-Gemeinschaften nur die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer anspruchsberechtigt.
Ist der Rückbauanspruch verjährt, haben einzelne Wohnungseigentümer nicht das Recht, von anderen Wohnungseigentümern oder Dritten rechtswidrig herbeigeführte bauliche Veränderungen des Gemeinschaftseigentums auf eigene Kosten selbst zu beseitigen. § 1004 BGB gibt dem einzelnen Wohnungseigentümer nämlich kein Selbstbeseitigungsrecht. Zwar können die Wohnungseigentümer auf Grundlage von § 19 Abs. 2 Nr. 2 WEG beschließen, eine rechtswidrige bauliche Veränderung des gemeinschaftlichen Eigentums auf Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu beseitigen. Fehlt es an einem solchen Beschluss, bzw. ist ein solcher nicht mit Mehrheit gefasst, muss derjenige Wohnungseigentümer, der die Beseitigung durchsetzen will, eine Beschlussersetzungsklage erheben.
Entsprechend kann auch der Rechtsnachfolger zur Duldung des Rückbaus auf Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet sein, da sich durch die Verjährung an der Rechtswidrigkeit der Baumaßnahme nichts geändert hat. Ein Vertrauensschutz des Erwerbers gegenüber der Gemeinschaft scheitert jedenfalls dann, wenn kurz nach dem Erwerb bereits ein vorbereitender Grundsatzbeschluss gefasst wurde.
Änderungen an der Baumaßnahme
Ein Wohnungseigentümer, der im Hinblick auf eine von ihm vorgenommene baulich...