1 Leitsatz
Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer kann dem Verwalter für Leistungen, die über seine gesetzlichen Aufgaben hinausgehen, eine Sondervergütung gewähren.
2 Normenkette
§§ 19 Abs. 1, 26 WEG
3 Das Problem
Die Wohnungseigentümer streiten zum einen, in wessen Eigentum Abdichtungsebenen im Fußbodenbereich der Whirlpoolanlagen bzw. Duschbereiche im Bereich des Sondereigentums stehen (Frage 1). Zum anderen wird darüber gestritten, ob es ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, dem Verwalter für die organisatorischen/kommunikativen Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Erhaltung der Badabdichtungen im Fußbodenbereich der Whirlpoolanlagen bzw. Duschbereiche eine Sondervergütung zu bewilligen (Frage 2).
4 Die Entscheidung
Zu Frage 1 ist das Gericht der Ansicht, die Abdichtungsebenen im Fußbodenbereich der Whirlpoolanlagen bzw. Duschbereiche im Bereich des Sondereigentums stünden nach § 5 Abs. 2 WEG im gemeinschaftlichen Eigentum. Ihre Aufgabe sei es nämlich, Feuchtigkeitsschäden am Bauwerk durch eindringendes Wasser zu verhindern. Damit seien sie i. S. v. § 5 Abs. 2 WEG für die Sicherheit des Gebäudes erforderlich (Hinweis auf BGH, Urteil v. 25.1.2001, VII ZR 193/99; OLG Düsseldorf, Urteil v. 9.11.2018, I-22 U 91/14; BayObLG, Beschluss v. 27.4.2000, 2Z BR 7/00).
Zu Frage 2 meint die Kammer, die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sei berechtigt, mit dem Verwalter Pflichten zu vereinbaren, die über die Wahrnehmung seiner gesetzlichen Aufgaben hinausgehen (Hinweis auf OLG Hamm, Beschluss v. 19.10.2000, 15 W 133/00). Dem Verwalter könne daher eine zusätzliche Vergütung für die Überwachung von Baumaßnahmen gewährt werden, die über die Pflicht nach § 27 Abs. 1 WEG, einen Bau zu beaufsichtigen, hinausgehe (Hinweis u. a. auf BGH, Urteil v. 5.7.2019, V ZR 278/17; BGH, Urteil v. 18.2.2011, V ZR 197/10 und OLG Köln, Beschluss v. 19.3.2001, 16 Wx 35/00).
5 Hinweis
- Eine Abdichtung, die das gemeinschaftliche Eigentum vor Feuchtigkeit schützt, ist nach § 5 Abs. 2 WEG gemeinschaftliches Eigentum, auch wenn sie sich im Bereich des Sondereigentums befindet. Insoweit kann dem LG nur zugestimmt werden.
Bei Beurteilung der Zulässigkeit von Sondervergütungen ist zwischen Verträgen mit einer Pauschalvergütung und Verträgen zu unterscheiden, in denen die Vergütung des Verwalters in Preisbestandteile oder Teilentgelte aufgeteilt ist. Pauschalvergütungen werden in der Regel so auszulegen sein, dass damit alle gesetzlichen Pflichtaufgaben des Verwalters abgedeckt sind. Dann bleibt nur wenig Raum für Sondervergütungen, die deshalb im Zweifel nicht zulässig sind. Bei einem Vertrag mit Preisbestandteilen oder Teilentgelten ist es anders. Der Aufspaltung der Vergütung setzen u. a. die Grundsätze ordnungsmäßiger Verwaltung allerdings Grenzen:
- Unter dem Gesichtspunkt der ordnungsmäßigen Verwaltung erfordert eine solche Vergütungsregelung erstens eine klare und transparente Abgrenzung derjenigen – gesetzlich geschuldeten oder im Einzelfall vereinbarten – Aufgaben, die von einer vorgesehenen Grundvergütung erfasst sein sollen, von denen, die gesondert zu vergüten sind.
- Und zweitens muss bei den Aufgaben, die in jeder Wohnungseigentumsanlage laufend anfallen, der tatsächliche Gesamtumfang der Vergütung erkennbar sein.
Mit der Vereinbarung von Sondervergütungen überschreiten die Wohnungseigentümer ihr Ermessen nicht schon dann, wenn einzelne Sondervergütungen eine insoweit übliche Vergütung überschreiten, sondern erst, wenn auch das zu erwartende Gesamtentgelt deutlich über den üblichen Sätzen liegt und hierfür keine entsprechend gewichtigen Sachgründe vorliegen.
Beispiele für vom BGH aktuell gebilligte Sondervergütungen
- Eine Sondervergütung für die Tätigkeiten des Verwalters bei gerichtlichen Auseinandersetzungen entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung (BGH, Urteil v. 11.6.2021, V ZR 215/20, Rn. 22) auch dann, wenn keine Obergrenze vorgesehen ist. Bei der Tätigkeit handele es sich nicht um eine Aufgabe, die laufend zur Erledigung anstehe.
- Eine Sondervergütung für die kaufmännische Betreuung größerer Modernisierungs- und Erhaltungsmaßnahmen entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung (BGH, Urteil v. 11.6.2021, V ZR 215/20, Rn. 22) auch dann, wenn keine Obergrenze vorgesehen ist. Bei der Betreuung handele es sich nicht um eine Aufgabe, die laufend zur Erledigung anstehe.
- Unter dem Gesichtspunkt einer ordnungsmäßigen Verwaltung ist nach Ansicht des BGH auch nichts dagegen einzuwenden, wenn eine Sondervergütung für die Mahnung eines Wohnungseigentümers nicht mit einer Obergrenze versehen ist (BGH, Urteil v. 5.7.2019, V ZR 278/17). Denn die Vergütungsregelung ermächtige den Verwalter nicht dazu, einen säumigen Wohnungseigentümer nach eigenem Gutdünken und beliebig oft zu mahnen. Wie oft, sagt der BGH allerdings nicht. Ich rate zu nicht mehr als 2 Mahnungen.
- Auch eine Sondervergütung für die Abwicklung von Versicherungsschäden, wenn (auch) Sondereigentum betroffen ist, entspricht ordnungsmäßiger Verwaltung (BGH, Urteil v. 11.6.2021, V ZR 215/20, Rn. 23).
6 Entscheidung
LG Rostock, Beschluss v. 21.4.2020, 1 S 143/19