Alexander C. Blankenstein
3.1 Grundsätze
Nach § 20 Abs. 4 WEG dürfen bauliche Veränderungen, die die Wohnanlage grundlegend umgestalten oder einen Wohnungseigentümer ohne sein Einverständnis gegenüber anderen unbillig benachteiligen, nicht beschlossen und gestattet werden; sie können auch nicht verlangt werden. Der Wortlaut verdeutlicht, dass ein Beschluss über eine Maßnahme der baulichen Veränderung, die zu einer grundlegenden Umgestaltung führen oder einen Wohnungseigentümer gegenüber anderen unbillig benachteiligen würde, lediglich anfechtbar wäre, nicht aber nichtig. Dies kommt im Wort "dürfen" zum Ausdruck, wonach im Fall des Überschreitens der vom Gesetz gesetzten Grenzen ein Beschluss lediglich anfechtbar ist. "Können" die Wohnungseigentümer hingegen etwas beschließen und überschreiten sie die gesetzlich gesetzten Grenzen, führt dies zur Beschlussnichtigkeit.
3.2 Grundlegende Umgestaltung
Die Frage, ob eine bauliche Veränderung die Wohnanlage grundlegend umgestaltet, bedarf stets einer Einzelfallbetrachtung unter Berücksichtigung aller Umstände. Bezugspunkt ist zunächst die Wohnanlage in ihrem Gesamtbestand. Maßgeblich ist, dass lediglich optische Beeinträchtigungen nicht ausreichen, um von einer grundlegenden Umgestaltung ausgehen zu können. Zweifellos zu einer grundlegenden Umgestaltung würde es führen, wenn das im Villenstil errichtete Gebäude zu einem Bauhausobjekt umgestaltet oder der parkähnlich angelegte Außenbereich Kfz-Stellplätzen weichen würde. So kann ein Anspruch auf Errichtung eines Außenaufzugs, der erforderlich ist für die Nutzung durch Menschen mit Behinderungen, dann ausscheiden, wenn durch den Aufzugsbau die komplette architektonische Ausrichtung des Gebäudes gestört wäre.
Von einer grundlegenden Umgestaltung ist jedenfalls dann nicht auszugehen, wenn der optische Gesamteindruck nachteilig verändert wird oder ein uneinheitlicher Gesamteindruck entsteht. Das ist der Fall, wenn beispielsweise nur einzelne Balkone an der Front eines Hauses, nicht aber alle verglast werden oder beim Bau von Dachgauben in einer vorhandenen Dachgeschosswohnung die Symmetrie des Hauses nicht eingehalten wird. Insbesondere hinsichtlich des Anbaus von Balkonen ist nicht entscheidend, dass es zu einem uneinheitlichen Erscheinungsbild kommt. Werden also lediglich an einigen Wohnungen Balkone angebaut, liegt noch keine grundlegende Umgestaltung der Wohnanlage vor. Zweifellos führen etwa Markisen, Klimageräte oder Katzennetze niemals zu einer grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage. Entsprechendes gilt auch für die Entfernung eines Trennelements zwischen zwei Balkonen.
Eine grundlegende Umgestaltung wird also nur im Ausnahmefall und bei Vorliegen einer der in § 20 Abs. 2 WEG aufgeführten privilegierten Maßnahmen typischerweise gar nicht anzunehmen sein.
3.3 Unbillige Benachteiligung
3.3.1 Benachteiligung durch die Maßnahme selbst
Ein Verstoß gegen das Verbot der unbilligen Benachteiligung setzt zunächst voraus, dass einem Wohnungseigentümer Nachteile zugemutet werden, die bei wertender Betrachtung nicht durch die mit der baulichen Veränderung verfolgten Vorteile ausgeglichen werden. Darüber hinaus ist erforderlich, dass die bauliche Veränderung zu einer treuwidrigen Ungleichbehandlung der Wohnungseigentümer führt, indem die Nachteile einem oder mehreren Wohnungseigentümern in größerem Umfang zugemutet werden, als den übrigen Wohnungseigentümern.
Das Klimagerät
Einer der Wohnungseigentümer beabsichtigt die Montage eines Klimageräts im Bereich seines Balkons. Die beiden benachbarten Wohnungen werden entsprechenden Geräuschimmissionen ausgesetzt sein.
Zunächst ist hier zu berücksichtigen, dass die beiden benachbarten Wohnungseigentümer keinen Vorteil von dem Klimagerät haben. Die Baumaßnahme wäre auch mit einer treuwidrigen Ungleichbehandlung der Wohnungseigentümer verbunden. Zu berücksichtigen ist nämlich, dass lediglich die beiden benachbarten Wohnungseigentümer beeinträchtigt sind und keiner der übrigen Wohnungseigentümer. Zu beachten ist allerdings, dass erste Rechtsprechung lediglich in der Gestattung der Montage eines Klimageräts noch keine unbillige Benachteiligung sieht. Eine derartige könne erst beim Betrieb des Klimageräts beurteilt werden. Den Wohnungseigentümern stehe ein Unterlassungsanspruch unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 Nr. 1 WEG zu. Solange der Gestattungsbeschluss diesen ausdrücklich bestätige, würde der Beschluss über die Genehmigung der Montage eines Klimageräts nicht zu einer unbilligen Benachteiligung führen.
Der Balkonanbau
Einer der Wohnungseigentümer beabsichtigt, an seine im 1. Obergeschoss gelegene Wohnung einen Balkon anzubauen. Hierdurch würde es zu einer Verschattung des Wohnzimmers der darunter liegenden Wohnung kommen.
Zweifellos kann die Gefahr einer Verdunkelung von Räumen im Zuge der Errichtung von Balkonen zu einer unbi...