Kathrin Gerber, Andrea Nasemann
Um Energie einzusparen, dämmen inzwischen viele Hauseigentümer ihre Immobilie. Dies kann allerdings zu Konflikten mit den Nachbarn führen, wenn durch die aufgebrachten Werkstoffe das Haus über die Grenze des Nachbarn reicht. So hatte etwa das OLG Karlsruhe in der Vergangenheit entschieden, dass ein Hauseigentümer seine Außenwand nicht dämmen darf, wenn die Dämmplatten (hier: 15 cm) in den Luftraum des Nachbargrundstücks ragen. Allerdings wurde inzwischen in vielen Bundesländern das Nachbarschaftsrecht so reformiert, dass nachträglich angebrachte Dämmschichten prinzipiell geduldet werden müssen. Deshalb sind entgegenstehende Urteile wie das des OLG Karlsruhe in den Bundesländern, die solche Duldungspflichten gesetzlich normiert haben, nicht mehr einschlägig. Das gilt in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Nordrhein-Westfalen, Bremen, Brandenburg, Berlin und Niedersachsen. Danach ist ein Grundstückseigentümer unter bestimmten Voraussetzungen zur Duldung des durch eine Wärmedämmung entstandenen Überbaus verpflichtet. Das erleichtert Dämmmaßnahmen im Gebäudebestand in solchen Fällen wesentlich, in denen dies bisher ohne freiwillige Zustimmung des Nachbarn nicht zulässig war. Allerdings darf der Überbau durch die Fassadendämmung maximal 25 cm auf das Nachbargrundstück ragen.
Der Nachbar darf für die Überbauung seines Grundstücks einen finanziellen Ausgleich verlangen. Zudem darf durch die Wärmedämmung die Nutzung des Nachbargrundstücks nicht oder nur geringfügig beeinträchtigt werden. Voraussetzung ist außerdem, dass eine vergleichbare Wärmedämmung nicht auf andere Weise als durch eine Außendämmung mit vertretbarem Aufwand vorgenommen werden kann. In Einzelfällen kann – wie in folgendem Fall – dennoch das Recht des Einzelnen überwiegen.
Ein Grundstückseigentümer hat nur einen Überbau durch Bauteile zu dulden, die wegen des Anbringens einer Wärmedämmung an der Grenzwand des Nachbarn auf sein Grundstück hinüberragen. Demgegenüber muss er Veränderungen an seinem Gebäude, die infolge der Anbringung der Wärmedämmung notwendig werden, nicht dulden.
Der BGH entschied, dass ein Grundstückseigentümer nach den landesrechtlichen Vorschriften (§ 16a Abs. 1 NachbG Bln) eine die Grundstücksgrenze überschreitende Wärmedämmung einer Grenzwand nicht dulden muss, mit der der benachbarte Grundstückseigentümer erstmals die Anforderungen der bei der Errichtung des Gebäudes bereits geltenden Energieeinsparverordnung (EnEV) erfüllt.
Zwei Nachbarn im Berliner Ortsteil Köpenick stritten sich seit Jahren über eine Dämmschicht an einem Neubau, die etwa 7 cm über die Grundstücksgrenze ragte. Die Eigentümergemeinschaft des Neubaus wollte diese Dämmschicht nun verputzen und streichen lassen. Doch damit würde die Wand weitere 5 mm in den Luftraum des Nachbarn ragen. Das wollte dieser nicht dulden und wurde verklagt. Der BGH wies die Klage ab. Begründung: Schon 2005, als der Bau errichtet worden war, habe es klare Vorschriften für eine Wärmedämmung der Außenwände gegeben. Eine Dämmschicht von einigen Zentimetern Dicke inklusive Putz und Anstrich hätten die Bauherren also von vornherein mit einplanen können. Die geltenden Vorschriften zu ignorieren und später die ohnehin vorgeschriebene Dämmschicht aufzutragen, sei nicht zulässig. Der Landesgesetzgeber habe Grundstückseigentümern nicht generell gestatten wollen, eine Wärmedämmung grenzüberschreitend anzubringen. Er verfolge vielmehr das Ziel, energetische Sanierungen von Altbauten zu erleichtern. Diese Duldungspflicht der Nachbarn aber beziehe sich auf Altbauten, nicht auf neu errichtete Gebäude, bei denen man von vornherein die geltenden Vorschriften beachten muss. Für Neubauten bleibe es daher bei dem Grundsatz, sie so zu planen, dass sich die Wärmedämmung in den Grenzen des eigenen Grundstücks befindet.
Ankündigungsfrist beachten!
Damit der Nachbar nicht überrumpelt wird, gilt auch für die Dämmmaßnahme eine Ankündigungsfrist.