1 Leitsatz

Auch dann, wenn einem Bauträger vor dem 1.12.2022 eine Vollmacht erteilt wurde, die ihn ermächtigt, die Teilungserklärung so zu ändern, dass gemeinschaftliches Eigentum in Sondereigentum umgewandelt wird, ist er dennoch nicht berechtigt, Annexeigentum (§ 3 Abs. 2 WEG) zu bestimmen.

2 Normenkette

§ 3 Abs. 2 WEG

3 Das Problem

Erwerber K erteilt dem Bauträger T vor dem 1.12.2022 eine Vollmacht. Diese lautet:

Der Erwerber erteilt hiermit dem Veräußerer unter Befreiung von § 181 BGB Vollmacht, die Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung abzuändern. Die Vollmacht gilt jedoch nur so lange, wie der Veräußerer noch Eigentümer eines Wohnungs- oder Teileigentumsrechts ist. Sie ist im Außenverhältnis unbeschränkt erteilt, im Innenverhältnis jedoch dahingehend eingeschränkt, dass die Vollmacht ausschließlich vor dem Urkundsnotar, seinem Vertreter oder Amtsnachfolger ausgeübt werden darf und dem Erwerber keine zusätzlichen Verpflichtungen auferlegt werden und sein Sondereigentum und etwaige Sondernutzungsrechte unberührt bleiben. Der Bevollmächtigte darf insbesondere Sondernutzungsrechte verändern oder neu begründen sowie Räume und Flächen aus dem Gemeinschaftseigentum in Sondereigentum überführen. Dies gilt auch für bauliche Veränderungen und umfasst auch die Befugnis zur Berichtigung von Miteigentumsanteilen. Die Vollmacht berechtigt auch zur Bestellung von Dienstbarkeiten betreffend die Ver- und Entsorgung sowie von Geh- und Fahrrechten einschließlich der Regelung von Unterhaltungs- und Verkehrssicherungspflichten sowie zur Bestellung von Baulasten.

Fraglich ist, ob T danach auch berechtigt ist, Annexeigentum (§ 3 Abs. 2 WEG) zu bestimmen. K sieht das nicht so.

4 Die Entscheidung

Das LG auch nicht! Die Vertragsparteien hätten im Zeitpunkt der Vollmachtserteilung noch nicht im Blick gehabt, dass es Annexeigentum geben könne. Die rechtliche Möglichkeit dazu sei erst durch die Neuerung des WEG-Rechts eröffnet worden. T wolle sich die gesetzliche Neuregelung zunutze machen, um mehr Sondereigentum zu begründen und damit zwangsläufig die Größe des per Miteigentumsanteilen verteilten gemeinschaftlichen Eigentums zu schmälern. Diese Möglichkeit könne nicht durch eine Vollmacht, die vor der gesetzlichen Neuregelung erteilt wurde, gedeckt sein.

5 Hinweis

Problemüberblick

Das Sondereigentum kann nach § 3 Abs. 2 WEG auf einen außerhalb des Gebäudes liegenden Teil des Grundstücks erstreckt werden, es sei denn, die Wohnung oder die nicht zu Wohnzwecken dienenden Räume bleiben dadurch wirtschaftlich nicht die Hauptsache. Fraglich ist, wann diese Ausnahme vorliegt. Im Fall wird gefragt, ob die Erstreckung von einer Vollmacht erfasst wird. Das LG verneint die Frage vertretbar, da die Vollmacht vor dem 1.12.2020 erteilt wurde.

Umfang einer aktuellen Vollmacht

Für eine aktuelle Vollmacht gilt dies nicht. Sind die dort genannten wirksamen Voraussetzungen erfüllt, könnte etwas anderes gelten. Dies dürfte aber ein seltener Fall sein. Näher liegt, dass Annexeigentum gegebenenfalls sofort begründet und nicht "geparkt" werden kann.

6 Entscheidung

LG Heilbronn, Urteil v. 13.10.2022, 11 O 59/22

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