Entscheidungsstichwort (Thema)
Testamentsanfechtung
Leitsatz (amtlich)
Zur Anfechtung eines gemeinschaftlichen Testaments nach dem Tod des Erstversterbenden mit der Begründung, der Erblasser habe sich über die Bindungswirkung wechselbezüglicher Verfügungen geirrt (im Anschluss an BayObLGZ 2002, 128).
Leitsatz (redaktionell)
Zur Anfechtung eines gemeinschaftlichen Testaments nach dem Tod des Erstversterbenden mit der Begründung, der Erblasser habe sich über die Bindungswirkung wechselbezüglicher Verfügungen geirrt.
Normenkette
BGB §§ 2247, 2265, 2267, 2269 Abs. 1, § 2270 Abs. 1, § 2271 Abs. 1, § 2296 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Ingolstadt (Aktenzeichen VI 74/02) |
LG Ingolstadt (Aktenzeichen 1 T 2169/02) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 5) gegen den Beschluss des LG Ingolstadt vom 10.6.2003 wird zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 5) hat die der Beteiligten zu 1) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 32.540 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der im Alter von 69 Jahren verstorbene Erblasser war mit der Beteiligten zu 1) verheiratet. Er hatte keine Kinder. Die Beteiligten zu 2) bis 5) sind die Geschwister des Erblassers.
Mit Testament vom 15.2.1997, das vom Erblasser eigenhändig geschrieben und von beiden Eheleuten unterschrieben ist, verfügten die Eheleute, dass
"nach dem Tod eines von uns das gesamte Vermögen auf den überlebenden Ehegatten übergeht. Erst nach dem Tod des überlebenden Ehegatten soll das zum Zeitpunkt des Todes vorhandene Vermögen anteilsgemäß auf die noch lebenden Geschwister beider Verstorbener aufgeteilt werden."
Am 31.1.2001 errichtete der Erblasser ein weiteres handschriftliches Testament, in dem er bestimmte, dass seine Ehefrau (Beteiligte zu 1) die Hälfte seines Vermögens erhalten und der Rest anteilsmäßig unter den Beteiligten zu 2), 4) und 5) aufgeteilt werden soll.
Die Beteiligte zu 1) hat, gestützt auf das Testament von 1997, einen Alleinerbschein beantragt. Der Beteiligte zu 5) hat einen Erbschein gem. Testament von 2001 dahin beantragt, dass der Erblasser von der Beteiligten zu 1) zu 1/2 und von den Beteiligten zu 2), 4) und 5) zu je 1/6 beerbt worden sei.
Mit am 17.5.2002 beim Nachlassgericht eingegangenem Anwaltsschriftsatz hat der Beteiligte zu 5) das Testament von 1997 wegen Irrtums des Erblassers über die Bindungswirkungen des gemeinschaftlichen Testaments angefochten. Das Testament sei anlässlich einer unmittelbar bevorstehenden schweren Operation des Erblassers errichtet worden. Der Erblasser habe seinerzeit die Absicht der Testamentserrichtung seinem Bruder, dem Beteiligten zu 5), mitgeteilt und erläutert, dass die Verwandtschaft seiner Ehefrau nicht alles bekommen solle. Auf den Einwand, er werde die Operation schon überleben und brauche jetzt kein Testament zu machen, habe der Erblasser erwidert, dass er sein Testament immer noch abändern und durch ein anderes ersetzen könne. Nach Errichtung des gemeinschaftlichen Testaments und überstandener Operation habe der Erblasser auch in der Folgezeit bei verschiedener Gelegenheit geäußert, dass er sein Vermögen hälftig seinen Verwandten zukommen lassen wolle, wie sodann im Testament von 2001 geschehen. Seine Ehefrau habe zu solchen Ankündigungen des Erblassers bemerkt, dass er mit seinem Geld tun könne, was er wolle. Dies alles zeige, dass der Erblasser und seine Ehefrau der Meinung gewesen seien, das gemeinschaftliche Testament könne durch spätere einseitige Verfügung abgeändert werden. Ein derartiger Irrtum über die Bindungswirkung eines gemeinschaftlichen Testaments berechtige zur Anfechtung.
Für den Fall, dass die Anfechtung entgegen seiner Auffassung nicht durchgreift, macht der Beteiligte zu 5) hilfsweise geltend, dass die Beteiligte zu 1) nur als Vorerbin eingesetzt sei.
Mit Vorbescheid vom 8.10.2002 kündigte das Nachlassgericht einen Alleinerbschein zugunsten der Beteiligten zu 1) an. Hiergegen legten die Beteiligte zu 2) und der Beteiligte zu 5) je gesondert Beschwerde ein. Mit Beschluss vom 10.6.2003 wies das LG die Beschwerden der Beteiligten zu 2) und 5) zurück. Diesen Beschluss hat der Beteiligte zu 5) mit der weiteren Beschwerde angefochten.
II. Die zulässige weitere Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Das LG hat im Wesentlichen ausgeführt: Die gegenseitige Einsetzung zum Alleinerben im Testament von 1997, bei dem es sich um ein gemeinschaftliches Testament handele, sei wechselbezüglich i.S.v. § 2270 Abs. 1 BGB und habe durch das nachfolgende Testament von 2001 nicht aufgehoben werden können. Die Einsetzung der Beteiligten zu 1) zur Alleinerbin sei auch nicht durch Anfechtung unwirksam geworden. Es sei schon äußerst fraglich, ob ein Irrtum über die Bindungswirkungen eines gemeinschaftlichen Testaments zur Anfechtung berechtige. Jedenfalls sei ein solcher Irrtum nicht nachgewiesen. Das unter Beweis gestellte Vorbringen über die Umstände der Errichtung des ersten Testaments sowie über Äußerungen des Erblassers un...