Verfahrensgang

Vergabekammer Südbayern (Beschluss vom 26.11.2002; Aktenzeichen 120.3-3194.1-46-11/02)

 

Tenor

I. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerinnen zu 1 und 2 gegen den Beschluss der Vergabekammer Südbayern vom 26. November 2002 wird zurückgewiesen.

II. Von den Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragstellerinnen zu 1 und 2 je 4/9 und die Antragstellerin zu 3 1/9. Die notwendigen Aufwendungen der Beigeladenen zu 2 tragen die Antragstellerinnen zu 1 und 2 zu je 42/100 und die Antragstellerin zu 3 zu 16/100. Etwaige notwendige Aufwendungen der Antragsgegnerin tragen die Antragstellerinnen zu 1 und 2 je zur Hälfte. Im Übrigen trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 40.000 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Antragsgegnerin ist entsorgungspflichtige Körperschaft für in ihrem Gebiet anfallende Abfälle. Die Behandlung und Verwertung von Bioabfällen ließ die Antragsgegnerin seit 1987 von den drei Antragstellerinnen und einem weiteren Unternehmen (A.-GmbH) durchführen. Die mit diesen vier Unternehmen abgeschlossenen Verträge hat die Antragsgegnerin im November 2001 mit Wirkung zum Ende des Jahres 2002 gekündigt. Sie beabsichtigt die Neuvergabe dieser Dienstleistung für die Jahre 2003/2004 im Wege des offenen Verfahrens nach VOL/A. Nach europaweiter Ausschreibung im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften vom 24.8.2002 (Tag der Absendung der Bekanntmachung: 16.8.2002) forderten bis zum Ablauf der Anforderungsfrist (16.10.2002) elf Unternehmen die Verdingungsunterlagen an. Bis zum Ablauf der Angebotsfrist (17.10.2002) gaben zwei Unternehmen, die Beigeladenen zu 1 und 2, Angebote ab.

Die Antragstellerinnen haben nach dem 24.8.2002 weder die Verdingungsunterlagen angefordert noch erhalten, noch ein Angebot eingereicht. Mit ihrem Nachprüfungsantrag machen sie geltend, erst am 24.10.2002 aufgrund telefonischer Anfrage beim Abfallwirtschaftsbetrieb der Antragsgegnerin von der bereits erfolgten Ausschreibung und Angebotseröffnung erfahren zu haben. Auch ohne (nochmalige) Anforderung im Anschluss an die – ihnen unbekannte – Bekanntmachung im Amtsblatt der EG hätten ihnen die Verdingungsunterlagen ausgehändigt werden müssen, da sie schon am 9.7.2002 mündlich gegenüber einem Vertreter des Abfallwirtschaftsbetriebes ihr starkes Interesse an der Ausführung der streitgegenständlichen Leistung und ihren Willen zur Teilnahme am Ausschreibungsverfahren bekundet hätten. Nach den Erklärungen ihres Gesprächspartners seien sie davon ausgegangen, dass sie von der Vergabestelle zu gegebener Zeit über die Möglichkeit der Anforderung der Verdingungsunterlagen informiert würden; so sei dies auch von der Vergabestelle gegenüber der A.-GmbH, die ebenfalls an dem Gespräch teilgenommen habe, gehandhabt worden. Eine Veröffentlichung der Ausschreibung in Tageszeitungen oder im Bayerischen Staatsanzeiger, die ständig gesichtet würden, sei entgegen der sonst üblichen Gepflogenheiten nicht erfolgt.

Die Antragstellerinnen halten eine etwaige Vergabe des aus vier Losen bestehenden Auftrags an die zwei Beigeladenen auch deshalb für rechtswidrig, weil nach den Vorgaben in Nr. 5 der Vergabebekanntmachung und Nr. 2 des Leistungsverzeichnisses eine Vergabe der vier Lose an mindestens drei verschiedene Bieter zu erfolgen habe. Da nur zwei Angebote eingegangen seien, könne der Auftrag nicht erteilt werden; die Ausschreibung sei aufzuheben.

Ferner rügen die Antragstellerinnen, dass entgegen § 17 VgV, § 32a VOL/A in der Vergabebekanntmachung die zuständige Nachprüfungsbehörde (Vergabekammer) nicht angegeben worden sei.

Die Vergabekammer wies den Nachprüfungsantrag nach Beweisaufnahme über den Inhalt des Gesprächs vom 9.7.2002 als unbegründet zurück. Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragstellerinnen, mit der diese zunächst ihr Ziel – Aufhebung der Ausschreibung oder hilfsweise die Einräumung der Möglichkeit zur Teilnahme am Vergabeverfahren – weiterverfolgt haben. Die Antragstellerin zu 3 nahm ihre sofortige Beschwerde am 31.1.2003 zurück.

Der Zuschlag wurde in der ersten Januarhälfte an die Beigeladenen erteilt. Die Antragstellerinnen zu 1 und 2 beantragen nunmehr, festzustellen, dass sie durch das streitgegenständliche Vergabeverfahren in ihren Rechten verletzt sind.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerinnen zu 1 und 2 ist mit dem Ziel, die Feststellung einer Rechtsverletzung zu erreichen, zulässig (§ 123 Satz 4, § 114 Abs. 2 Satz 2 GWB), hat aber in der Sache keinen Erfolg. Die Antragstellerinnen hatten keinen Anspruch auf Aufhebung der Ausschreibung oder Beteiligung am Vergabeverfahren, da sie kein Angebot abgegeben haben und hieran auch nicht durch ein vergaberechtswidriges Verhalten der Antragsgegnerin gehindert worden sind.

1. Die Zulässigkeitsvoraussetzungen für die Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens liegen vor. Die Antragstellerinnen sind, obgleich sie kein Angebot abgegeben haben, jedenfal...

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