Leitsatz (amtlich)
1. Wer ein Wohnungseigentum im Weg der Zwangsversteigerung erwirbt, muss sich nicht entgegenhalten lassen, der vorherige Wohnungseigentümer habe auf Ansprüche gegen die übrigen Wohnungseigentümer auf erstmalige Herstellung eines dem Aufteilungsplan entsprechenden Zustands verzichtet oder ein entsprechendes Recht verwirkt.
2. Wer beim Erwerb von Wohnungseigentum die Abweichung der Bauausführung von der Teilungserklärung nicht (positiv) kannte, aber hätte erkennen können, handelt in der Regel nicht rechtsmissbräuchlich, wenn er gegen die übrigen Wohnungseigentümer einen Anspruch auf erstmalige Herstellung eines der Teilungserklärung entsprechenden Zustands geltend macht.
3. Die Gefahr erheblicher Bauschäden kann nach Treu und Glauben der Durchsetzung eines Anspruchs auf erstmalige Herstellung eines der Teilungserklärung entsprechenden Zustands entgegenstehen (hier: Versetzung einer tragenden Kellerinnenwand).
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 28.10.2003; Aktenzeichen 1 T 13436/03) |
AG München (Aktenzeichen 482 UR II 1349/02) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des LG München I vom 28.10.2003 in Nrn. II und III insgesamt sowie in Nr. 1 insoweit aufgehoben, als der Hauptantrag auf Versetzung der Kellerinnenwand zwischen Hobbyraum und Wasch-/Trockenraum sowie der Hilfsantrag auf Einziehung einer zusätzlichen Mauer im Wasch-/Trockenraum und Zuweisung des neu geschaffenen Raums an die Antragstellerin abgewiesen wurden.
Im Übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde zurückgewiesen.
II. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das LG zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 15.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Die Antragstellerin erwarb die ihr gehörende Wohnung Nr. 3 im Weg der Zwangsversteigerung durch Zuschlag vom 29.9.1999. Der Voreigentümer, dem ebenfalls noch Wohnungseigentum in der Anlage gehört, hatte als Bauträger die Wohnanlage errichtet. Sie war Ende 1995 bezugsfertig.
Nach dem Aufteilungsplan vom 28.11.1991, der Inhalt des Wohnungsgrundbuchs geworden ist, gehören zur Wohnung Nr. 3 im Kellergeschoss ein Abstellraum mit 3,5 m2 und ein Hobbyraum mit 53,1 m2. Tatsächlich ist der Abstellraum nicht vorhanden; der Hobbyraum soll nach den Angaben der Antragstellerin knapp 10 m2 kleiner als ausgewiesen sein.
In ihrer Versammlung vom 8.8.2002 lehnten die Wohnungseigentümer Anträge der Antragstellerin ab, den neben dem Hobbyraum befindlichen gemeinschaftlichen Wasch-/Trockenraum auf ihre Kosten durch Einziehen einer Wand zu unterteilen und den an den Hobbyraum angrenzenden neuen Raum ihr zuzuweisen.
Die Antragstellerin hat am 11.12.2002 beim Wohnungseigentumsgericht beantragt, die Antragsgegner samtverbindlich zu verpflichten, die zwischen dem zur Wohnung Nr. 3 gehörenden Hobbyraum und dem Wasch-/Trockenraum gelegene Kellerinnenwand so zu versetzen, dass der Hobbyraum die Fläche von 53,10 m2 sowie den ausgewiesenen Zuschnitt erhält, hilfsweise, sofern statische Gründe der Maßnahme entgegenstehen, den Wasch-/Trockenraum in seinem jetzigen Zustand durch eine zusätzliche Mauer zu unterteilen und den dadurch neu geschaffenen an den zur Wohnung Nr. 3 gehörenden Hobbyraum angrenzenden Raum der Antragstellerin zuzuweisen, schließlich die Antragsgegner samtverbindlich zu verpflichten, den Abstellraum Nr. 3 einzurichten. Das AG hat die Anträge am 3.7.2003 abgewiesen, das LG die sofortige Beschwerde der Antragstellerin am 28.10.2003 zurückgewiesen. Gegen den Beschluss des LG richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.
II. Das Rechtsmittel ist im Ergebnis unbegründet, soweit der Antrag auf Einrichtung des Abstellraums Nr. 3 und dessen Überweisung an die Antragstellerin abgewiesen wurde. Im Übrigen führt die sofortige weitere Beschwerde zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das LG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens.
1. Das LG hat ausgeführt:
Grundsätzlich könne jeder Wohnungseigentümer von den übrigen Wohnungseigentümern die Mitwirkung bei der Herstellung eines erstmaligen ordnungsmäßigen Zustands der Wohnanlage entsprechend dem Aufteilungsplan und den Bauplänen verlangen. Dies gelte jedoch nicht für einen Wohnungseigentümer, dessen Rechtsvorgänger, wie der der Antragstellerin, wirksam auf die Herstellung eines solchen Zustands verzichtet habe. Der Voreigentümer der Wohnung habe als Bauträger den jetzigen Zustand selbst herbeigeführt und damit zum Ausdruck gebracht, auf die Herstellung der Kellerräume gem. dem der Teilungserklärung beigefügten Plan zu verzichten. Selbst wenn er keine Kenntnis von der tatsächlichen Bauausführung besessen hätte, sei in der Duldung der Bauausführung die entsprechende Verzichtserklärung z...