Leitsatz (amtlich)
1. Gegen die Weigerung des Gerichtsvollziehers, einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss dem Drittschuldner gemäß Gläubigerantrag zuzustellen, steht dem Titelgläubiger der Rechtsbehelf der Vollstreckungserinnerung gemäß § 766 Abs. 2 ZPO offen; ein Antrag auf gerichtliche Entscheidung im Verfahren der §§ 23 ff. EGGVG ist nicht statthaft.
2. Nach einer Erledigung des Verfahrens gemäß §§ 23 ff. EGGVG durch übereinstimmende Beendigungserklärungen aller Beteiligten kommt eine Verweisung an das in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zuständige Vollstreckungsgericht allein wegen der noch offenen Kostenentscheidung nicht in Betracht.
Verfahrensgang
AG Pfaffenhofen a.d. Ilm (Aktenzeichen 2 M 1776/23) |
Tenor
1. Das Verfahren ist in der Hauptsache erledigt.
2. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers aus der Staatskasse wird nicht angeordnet.
Gründe
I. Der Antragsteller erwirkte als Gläubiger einer titulierten Forderung bei dem Amtsgericht Pfaffenhofen a. d. Ilm einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, mit dem u. a. die angeblichen Forderungen seiner Schuldnerin, der S. GmbH, gegen die Drittschuldnerin zu 1) H. S. gepfändet und dem Antragsteller zur Einziehung überwiesen wurden. Mit Zustellungsauftrag vom 15. Januar 2024 bat er, vertreten durch das Inkassounternehmen ..., die weitere Beteiligte, eine Obergerichtsvollzieherin, unter Vorlage einer Ausfertigung dieses Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses, eine Ablichtung an die Drittschuldnerin zu 1) mit der Aufforderung gemäß § 840 ZPO unter deren neuer Anschrift "..." zuzustellen. Zuvor hatte die weitere Beteiligte am 28. Dezember 2023 erfolglos versucht, den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss unter der im Beschluss genannten Adresse der Drittschuldnerin zu 1) "..." zuzustellen.
Mit Schreiben vom 23. Januar 2024 teilte die weitere Beteiligte der ... [dem Inkassounternehmen] unter Beifügung einer Kostenrechnung mit, dass sie die Zustellung eingestellt habe. Die Drittschuldneradresse müsse "per Berichtigungsbeschluss" durch das Vollstreckungsgericht berichtigt werden. Eine Zustellung sei nicht möglich. In der Rechtsbehelfsbelehrung wies die weitere Beteiligte darauf hin, dass gegen die Kostenrechnung Erinnerung eingelegt werden könne. Auf die Aufforderung des Antragstellers, die Rechtsgrundlage für die Ablehnung der Zustellung zu nennen, erklärte die weitere Beteiligte mit E-Mail vom 6. Februar 2024, dass sie entgegen ihrer zuvor geäußerten Annahme keinen Berichtigungsbeschluss des Vollstreckungsgerichts für notwendig erachte, da ihr das Vollstreckungsgericht zwischenzeitlich mitgeteilt habe, dass § 319 ZPO nicht greife. Es müsse somit ein neuer Pfändungs- und Überweisungsbeschluss beantragt und erlassen werden. Da sie nur als Zustellorgan tätig sei, werde der Antragsteller gebeten, sich an das Amtsgericht Pfaffenhofen a. d. Ilm zu wenden. Daraufhin vertrat die ... [das Inkassounternehmen] in einer weiteren an die weitere Beteiligte gerichteten E-Mail unter anderem die Rechtsauffassung, dass kein zweiter Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen denselben Drittschuldner beantragt werden müsse, nur weil dieser verzogen sei; eine Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts werde nicht gesehen und es komme nicht die Erinnerung, sondern das Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG zum Tragen. Die weitere Beteiligte antwortete dem Antragsteller, dass gegen ihre Entscheidung Erinnerung eingelegt werden könne.
Mit Schreiben vom 9. Februar 2024, eingegangen am selben Tag, hat der Antragsteller, vertreten durch die ... [das Inkassounternehmen], beim Bayerischen Obersten Landesgericht einen "Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß §§ 23 ff. EGGVG" gestellt.
Zur Begründung hat die ... [das Inkassounternehmen] ausgeführt, dass der Gerichtsvollzieher als Justizbehörde im Sinne des § 23 EGGVG handele, wenn er eine ihm angetragene Zustellung ablehne. Ein Antrag nach § 23 EGGVG sei nicht deswegen ausgeschlossen, weil es einen spezielleren Rechtsbehelf gebe. Die Erinnerung nach § 766 ZPO sei im vorliegenden Fall nicht einschlägig. Die Zustellung eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses sei keine Zwangsvollstreckungsmaßnahme, da hier der Gerichtsvollzieher gerade nicht als Vollstreckungsorgan agiere, sondern lediglich als Zustellungsorgan. Soweit die Ansicht vertreten werde, dass etwas anderes gelte, wenn der Gerichtsvollzieher die Zustellung verweigere, jedoch gleichzeitig mit Zustellung und Vollstreckung beauftragt sei, liege der Fall hier nicht so. Zudem habe sich das Oberlandesgericht Hamm im Beschluss vom 15. Oktober 2010 (Az.15 VA 10/09) ausführlich mit der Frage beschäftigt und im Ergebnis zahlreiche Abgrenzungsprobleme gesehen. Dass der Gläubiger durch die Gestaltung seines Auftrags den Rechtsbehelf bestimmen könne, könne nicht gewollt sein. Es werde davon ausgegangen, dass der Antrag nach § 23 EGGVG zulässig sei, andernfalls werde ausdrücklich um Rechtswegverweisung im Sinne des "§ 17 Abs. 2 GVG" (gemeint: § 17a Abs. 2 GVG) gebeten.
Der Antrag...