Leitsatz (amtlich)
Wird einem Wohnungseigentümer der Tagungsort der Eigentümerversammlung vorsätzlich nicht mitgeteilt, sind die in der Versammlung gefassten Beschlüsse in der Regel nichtig.
Verfahrensgang
LG Traunstein (Beschluss vom 20.09.2004; Aktenzeichen 4 T 351/04) |
AG Mühldorf a. Inn (Beschluss vom 15.12.2003; Aktenzeichen 1 UR II 0011/03) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des LG Traunstein v. 20.9.2004 mit Ausnahme der Geschäftswertfestsetzung aufgehoben. Der Beschluss des AG Mühldorf a. Inn v. 15.12.2003 wird in Nr. 2 und 3 aufgehoben.
II. Es wird festgestellt, dass die in der Eigentümerversammlung v. 23.7.2003 gefassten Beschlüsse, mit Ausnahme des Beschlusses über die Einzelabrechnung für das Jahr 2001, nichtig sind.
III. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers sämtlicher Rechtszüge tragen die Antragsgegnerinnen und der weitere Beteiligte als Gesamtschuldner.
IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 4.692 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller und die Antragsgegnerinnen waren bei Verfahrensbeginn die Wohnungseigentümer einer Anlage, die von dem weiteren Beteiligten verwaltet wird. Der Antragsteller hat einen Miteigentumsanteil von 27,13/100, die Antragsgegnerinnen hatten einen Miteigentumsanteil von 72,87/100. Die Miteigentumsanteile der Antragsgegnerinnen sind inzwischen durch Zwangsversteigerung auf einen Dritten übertragen worden. Eine Vereinbarung über ein vom Gesetz abweichendes Stimmrecht haben die Tatsacheninstanzen nicht festgestellt.
Der weitere Beteiligte lud mit Schreiben v. 8.7.2003 für den 23.7.2003 zu einer Eigentümerversammlung im Lokal des Antragstellers ein. Mit Schreiben v. 17.7.2003 widerrief die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers in dessen Namen die Bereitschaft, das Lokal als Tagungsraum zur Verfügung zu stellen. Der weitere Beteiligte teilte dem Antragsteller und seiner Verfahrensbevollmächtigten mit Schreiben v. 21.7.2003 u.a. mit, dass die Eigentümerversammlung entsprechend der Einladung stattfinden werde, "nur mit der Änderung, dass der Versammlungsort kurzfristig sich insoweit ändere". Der neue Versammlungsort wurde nicht mitgeteilt. Am 23.7.2003 trafen sich die Antragsgegnerinnen und der weitere Beteiligte vor dem Lokal des Antragstellers. Der Antragsteller war nicht anwesend. Die Antragsgegnerinnen und der weitere Beteiligte begaben sich daraufhin in die Räume der Antragsgegnerinnen und hielten dort eine Versammlung ab.
Mit den Stimmen der Antragsgegnerinnen wurden die Gesamt- und Einzelabrechnungen für die Jahre 2000, 2001 und 2002 beschlossen. Ferner wurde ein Beschluss über den Wirtschaftsplan 2003 gefasst. Außerdem wurde eine neue Hausordnung beschlossen.
Der Antragsteller hat beim AG beantragt, die Beschlüsse der Eigentümerversammlung v. 23.7.2003 für ungültig zu erklären. Neben materiellen Einwendungen beruft sich der Antragsteller darauf, dass er zur Eigentümerversammlung nicht eingeladen worden sei. Das AG hat mit Beschluss v. 15.12.2003 den Beschluss über die Einzelabrechnung für das Jahr 2001 für den Antragsteller für ungültig erklärt und den Antrag im Übrigen abgewiesen. Der Antragsteller hat gegen den Beschluss des AG sofortige Beschwerde eingelegt, soweit sein Antrag abgewiesen wurde. Das LG hat die sofortige Beschwerde mit Beschluss v. 20.9.2004 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.
II. Das zulässige Rechtsmittel ist begründet.
1. Das AG hat zutreffend den Verwalter am Verfahren beteiligt. Demgegenüber hat das LG rechtsfehlerhaft (§ 43 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4 Nr. 2 WEG) den Verwalter lediglich als Vertreter der Antragsgegnerinnen bezeichnet. Der Senat hat den weiteren Beteiligten am Verfahren beteiligt und damit den Verfahrensfehler des LG geheilt. Einer Zurückverweisung bedurfte es nicht, da die Beteiligung des Verwalters im vorliegenden Fall lediglich der Gewährung rechtlichen Gehörs dient. Eine weitere Sachaufklärung durch Beteiligung des Verwalters im Verfahren vor dem LG erscheint ausgeschlossen (BayObLGZ 2004, 1 [2]).
2. Das LG hat ausgeführt:
Dem Antragsteller habe es freigestanden, seine Einwilligung zur Abhaltung der Eigentümerversammlung in seinem Lokal zu widerrufen. Die Ladung sei fehlerhaft, weil dem Antragsteller der neue Versammlungsort nicht mitgeteilt worden sei. Unter diesen Umständen sei es dem Antragsteller von vornherein verwehrt gewesen, an der Versammlung teilzunehmen. Mangels Mitteilung des Versammlungsorts habe der Antragsteller auch nicht wissen können, wo sich die weiteren Eigentümer mit dem Verwalter treffen würden. Es habe von ihm nicht verlangt werden können, dass er sich vorsorglich am Anwesen einfinde. Der Ladungsfehler sei jedoch nicht relevant, da auszuschließen sei, dass bei ordnungsgemäßer Ladung des Antragstellers andere Beschlussergebnisse zu erwarten gewesen wären. Angesichts des Stimmenverhältnisses von 27,13 zu 72,87 sei auszuschließen, dass die Beschlüsse...