Leitsatz (amtlich)
Bei der Berechnung des Streitwerts für das Vergabenachprüfungsverfahren ist bei Dienstleistungsverträgen mit einer bestimmten Laufzeit von mehr als 4 Jahren die Bruttoauftragssumme der gesamten Vertragslaufzeit einschl. einer etwaigen vom Bieter eingeräumten Verlängerungsoption maßgebend.
Verfahrensgang
Vergabekammer Nordbayern (Beschluss vom 29.07.2003; Aktenzeichen 320.VK - 3194 - 11/03) |
Tenor
Der Beschluss des Senats vom 29.7.2003 wird in Ziff. V dahin gehend abgeändert, dass der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens auf 1.715.858,99 Euro festgesetzt wird.
Gründe
I. Der Senat war mit dem oben bezeichneten Vergabenachprüfungsverfahren befasst. Vorgesehene Vertragslaufzeit war der Zeitraum vom 1.1.2004 bis 31.12.2010 zzgl. einer von der Antragstellerin eingeräumten Option der Verlängerung um 3 Jahre. Der Senat setzte in Ziff. V seines Beschlusses vom 29.7.2003, mit dem über die von den Beteiligten eingelegten sofortigen Beschwerden nach §§ 116 ff. GWB entschieden wurde, den Beschwerdewert gem. § 12a Abs. 2 GKG auf 5 % der Bruttoauftragssumme für 4 Jahre fest; gem. dem hier maßgeblichen Angebot der Antragstellerin i.H.v. netto 2.958.377,57 Euro pro Jahr zzgl. 16 % Mehrwertsteuer belief sich der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens auf 686.343,69 Euro.
Gegen diese Geschäftswertfestsetzung erhoben der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 12.8.2003 und die Beigeladene zu 1) mit Schriftsatz vom 13.8.2003 Gegenvorstellungen mit der Begründung, für die Beschränkung des Geschäftswerts auf 5 % der Bruttoauftragssumme für 4 Jahre bestehe keine rechtliche Grundlage. Der Antragsgegner beantragt, ausgehend von einer Vertragslaufzeit von 7 Jahren, den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens auf 1.201.101,29 Euro festzusetzen. Die Beigeladene zu 1) trägt vor, neben der Vertragslaufzeit vom 1.1.2004 bis 31.12.2010 sei, da § 12a Abs. 2 GKG auf den allgemeinen Grundsatz des wirtschaftlichen Interesses an einer Entscheidung abziele, auch die Option einer Verlängerung der Vertragslaufzeit um 3 Jahre zu berücksichtigen, so dass von einer Vertragsdauer von 10 Jahren auszugehen sei; sie beantragt, den Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens sowie den des Verfahrens vor der Vergabekammer auf 1.715.858,99 Euro festzusetzen. Die Antragstellerin ist diesen Anträgen entgegengetreten.
II.1. Gemäß § 25 Abs. 2 S. 2 GKG kann der Senat, der die Festsetzung des Geschäftswerts für das Beschwerdeverfahren vorgenommen hat, diese innerhalb der Frist des § 25 Abs. 2 S. 3 GKG von Amts wegen ändern. Der Senat behandelt die von den Beteiligten erhobenen Gegenvorstellungen als Anregung zu einer solchen Änderung von Amts wegen.
Die Festsetzung des Geschäftswerts in Ziff. V des Senatsbeschlusses vom 29.7.2003 wird geändert und der Wert auf 1.715.858,99 Euro festgesetzt.
a) Mit seiner ursprünglichen Entscheidung, die darauf abstellt, dass die maßgebliche Auftragssumme i.S.d. § 12a Abs. 2 GKG bei auf Laufzeiten von mehr als 48 Monaten befristeten Dienstleistungsverträgen auf den auf 48 Monate entfallenden Wert begrenzt ist, steht der Senat in Übereinstimmung mit mehreren OLG (OLG Stuttgart NZBau 2000, 599; OLG Celle NZBau 2001, 111 [112]; OLG Jena VergabeR 2002, 202 [204]), die auch in der Kommentarliteratur (Markl/Meyer, GKG, 5. Aufl., § 12a Rz. 2) i.E. Zustimmung gefunden haben.
Die zitierte Rspr. der OLG ist im Wesentlichen darauf gestützt, dass für die Berechnung der Auftragssumme § 1 a Nr. 4 Abs. 2 VOL/A a.F. entspr. heranzuziehen sei. Hiergegen hat sich das OLG Düsseldorf (OLG Düsseldorf NZBau 2003, 175) gewandt und ausgeführt, Regelungsinhalt und -zweck des § 1a VOL/A a.F. sei es nicht gewesen, anhand der in dieser Norm zusammengefassten Vorschriften den gebührenrechtlichen Gegenstandswert für die danach in Betracht kommenden Nachprüfungsverfahren zu bestimmen. Insoweit enthalte § 12a Abs. 2 GKG eine autonome Regelung, die auch nicht – wie die §§ 97 Abs. 6, 127 GWB – die Bundesregierung ermächtige, nähere Bestimmungen über den Streitwert durch Rechtsverordnung zu treffen.
b) Die str. Frage einer entspr. Heranziehung des § 1a VOL/A a.F. bei der Berechnung der Auftragssumme nach § 12a Abs. 2 GKG kann hier jedoch auf sich beruhen. Die seinerzeit von der Rspr. der OLG entspr. herangezogene Vorschrift des § 1a Nr. 4 Abs. 2 VOL/A a.F. war bei Einleitung des Vergabeverfahrens, mit dem der Senat befasst war, bereits aufgehoben und durch § 3 Abs. 3 VgV ersetzt worden. § 3 Abs. 3 S. 3 VgV begrenzt den Auftragswert eines Dienstleistungsvertrages nur in den Fällen auf 48 Monate, in denen die Vertragslaufzeit entweder unbefristet oder nicht absehbar ist. Da es für eine entspr. Heranziehung der Bestimmungen des § 3 Abs. 3 S. 3 VgV für die Berechnung der Auftragssumme nach § 12a Abs. 2 GKG bei der hier vorliegenden Vertragslaufzeit von 7 Jahren mit der Option der Verlängerung um 3 Jahre somit bereits an einer tatsächlichen Grundlage fehlt, kann der Senat die grundsätzliche Frage, ob eine entspr. Heranziehung der Bestimmungen des § 3 Abs. 3 VGB im Rahmen...