Leitsatz (amtlich)
1. Wohngeldrückstände eines zahlungsunfähigen Wohnungseigentümers können nach dem Maßstab des § 16 Abs. 2 WEG durch Beschluss auf alle Wohnungseigentümer umgelegt werden. Die Genehmigung der Jahresabrechnung, die als Einzelposten die Umlage eines Wohngeldrückstands enthält, beinhaltet nicht zugleich einen Beschluss über die Umlage.
2. In die Jahresgesamtabrechnung sind alle tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben einzustellen ohne Rücksicht darauf, ob sie zu Recht getätigt worden sind. Soll-Positionen haben in der Jahresabrechnung grundsätzlich keinen Platz.
3. Die Ordnungsmäßigkeit von Eigentümerbeschlüssen wird im Regelfall nicht dadurch in Frage gestellt, dass sie einen einzelnen Wohnungseigentümer über dessen konkrete finanzielle Leistungsfähigkeit hinaus belasten.
Normenkette
BGB § 670; WEG § 16 Abs. 2, § 21 Abs. 3; WEG § Abs. 5 Nr. 2; WEG § 28 Abs. 1, 3
Verfahrensgang
LG Kempten (Beschluss vom 30.03.2001; Aktenzeichen 4 T 2157/00) |
AG Kempten (Aktenzeichen 5 UR II 18/00) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss des LG Kempten (Allgäu) vom 30.3.2001 dahin gehend abgeändert, dass die Eigentümerbeschlüsse vom 29.4.2000 zu Tagesordnungspunkt 5 (Genehmigung der Jahresabrechnung 1999) auch in der Position „Forderungen N.” sowie zu Tagesordnungspunkt 7 (Verwalterentlastung für das Geschäftsjahr 1999) insgesamt für ungültig erklärt werden. Im Übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller zurückgewiesen.
II. Von den Gerichtskosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens tragen die Antragsteller samtverbindlich 4/5 und die Antragsgegner samtverbindlich 1/5. Außergerichtliche Kosten sind in diesen Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Kostenentscheidung des LG wird entsprechend abgeändert. Für die erste Instanz verbleibt es bei der Kostenentscheidung des AG.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 29.928 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsteller waren und die Antragsgegner sind Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Das Wohnungseigentum der Antragsteller wurde zwangsversteigert und der Zuschlag am 13.6.2001 erteilt. Der weitere Beteiligte ist der Verwalter der Wohnanlage.
In der Eigentümerversammlung vom 29.4.2000 genehmigten die Wohnungseigentümer je mit Stimmenmehrheit u.a. die Jahresabrechnung 1999 (Tagesordnungspunkt – TOP – 5), erteilten dem Verwalter die Entlastung für das Geschäftsjahr 1999 (TOP 7) und genehmigten den Wirtschaftsplan 2000 (TOP 17). Die Jahresabrechnung 1999 enthielt auch einen Posten, nach dem rückständiges Wohngeld eines zahlungsunfähigen Wohnungseigentümers auf die Gemeinschaft umgelegt wird. Unter TOP 9.1 beschlossen die Wohnungseigentümer ohne Gegenstimme, die Kosten für die bereits 1999 beschlossene Ausforstung der Grünanlage i.H.v. rund 10.000 DM aus der Instandhaltungsrücklage zu entnehmen. TOP 9.2 betrifft einen Mehrheitsbeschluss zur Bepflanzung der inzwischen gerodeten ca. 250 m² großen Grünanlagenfläche mit Bodendeckern. TOP 9.5 enthält einen Mehrheitsbeschluss, nach dem das gesamte Blechdach neu gestrichen werden soll. Zur Diskussion stand als Alternative eine nur punktuelle Ausbesserung schadhafter Stellen mit einem Kostenaufwand von rund 6.000 DM, während eingeholte Angebote für einen Gesamtanstrich sich auf Betrage von 20.600 bis 39.000 DM belaufen. Unter TOP 10 stimmten die Wohnungseigentümer mehrheitlich dafür, die für die Beseitigung aufgetretener Schäden notwendigen Sanierungsmaßnahmen innerhalb eines „Zweijahresplans”, nämlich in den Jahren 2000 bis 2001 durchzuführen.
Die Antragsteller haben diese Eigentümerbeschlüsse angefochten und beantragt, sie für ungültig zu erklären. Das AG hat mit Beschluss vom 12.9.2000 dem nur insoweit entsprochen, als die Jahresabrechnung 1999 (TOP 5) und der Jahreswirtschaftsplan 2000 (TOP 17) Gebühren für Wasser und Kanal in Ansatz gebracht hatten. In diesem Umfang hat es auch die Verwalterentlastung (TOP 7) für ungültig erklärt. Das LG hat die sofortige Beschwerde der Antragsteller mit Beschluss vom 30.3.2001 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller.
II. Das zulässige Rechtsmittel ist teilweise begründet.
1. Das LG hat ausgeführt: Die weitergehenden Beanstandungen der Antragsteller hinsichtlich der Jahresabrechnung 1999 und des Wirtschaftsplans 2000 seien unberechtigt. Auslagen, etwa des Verwaltungsbeirats, seien in die Abrechnung auch dann einzustellen, wenn die Beträge tatsächlich nicht hätten ausbezahlt werden dürfen. Fehlende Erläuterungen zu einzelnen Posten führten nicht zur Unwirksamkeit der Abrechnung. Es entspreche auch ordnungsmäßiger Verwaltung, eine nicht beitreibungsfähige Wohngeldforderung gegen einen Wohnungseigentümer auf die übrigen Wohnungseigentümer umzulegen. Die Instandhaltungsrücklage sei neu berechnet worden und nicht zu beanstanden. Die Beschlüsse zur Ausforstung und Neubepflanzung der Grünanlage seien ordnungsgemäß; sie seien auf der Grundlage des bereits 1999 gefass...